Die Feuerbraut
kannst, bis wir einen Wundarzt finden?«
Die Magd nickte eifrig. »Ich muss noch ein weiteres Stück von dem Unterrock abtrennen, den ich für meine Herrin eingepackt habe.«
»Dann tu das«, forderte Fabian sie auf.
Fanny rutschte aus dem Sattel, bevor Abdur ihr zu Hilfe kommen konnte, und begann in den Packtaschen zu kramen. Kurz darauf brachte sie einen Streifen sauberes, weißes Leinen und band es um Gibichens Hand. Der wusste ihr allerdings keinen Dank, sondern starrte so grimmig nach Passau hinüber, als wolle er dem Weg, den Lexenthals Kutsche genommen hatte, durch Mauern und Häuser hindurch folgen.
Als die Magd wieder im Sattel saß, winkte Fabian seinen Gefährten, ihm zu folgen, und führte sie hügelabwärts zum Inn. Sie überquerten den Fluss auf derselben Brücke wie Lexenthal eine halbe Stunde vor ihnen. Zwar musterten die Wachen die abgerissen wirkenden Offiziere mit ihrem seltsamen Gefolge recht neugierig, gaben sich aber mit dem Brückenzoll und der Erklärung zufrieden, die beiden Herren seien auf dem Weg zu ihrem Regiment.
Fabian deutete auf Gibichens verbundene Hand und blickte einen der Männer fragend an. »Kennst du einen guten Wundarzt in der Stadt? Mein Freund hat sich unterwegs verletzt.«
Der Angesprochene schob seinen Hut nach vorne und kratztesich im Genick. »Also, wenn ich Ihr wäre, würde ich Bertram Lohner aufsuchen. Der flucht zwar wie ein Landsknecht, aber er versteht sein Gewerbe.«
»Lohner?« Eine ferne Erinnerung tauchte in Fabians Erinnerungen auf, ohne dass er sie greifen konnte. »Wo finden wir ihn?«
Fanny runzelte nachdenklich die Stirn. Hatte so nicht der Arzt geheißen, der sie von ihrer hässlichen Narbe befreit hatte? Und der hatte ebenfalls schlimm fluchen können. Noch während sie darüber nachsann, sprach der Wachtposten weiter.
»Ihr müsst in die dritte Gasse nach rechts abbiegen. Dann ist es das fünfte Haus. Über der Tür hängt ein Schild mit einem Messer und einem gebrochenen Arm.«
»Vergelt’s Gott!« Fabian warf dem Mann eine Münze zu und ritt an. Die Wegbeschreibung war so genau, dass sie nicht noch einmal fragen mussten. Das Haus war nicht besonders groß, doch das Schild mit dem abgeknickten Arm und dem Skalpell, an dem stilisierte Blutstropfen klebten, zeugte von dem großen Selbstbewusstsein, aber auch von dem derben Wesen des Besitzers.
Fabian stieg aus dem Sattel und klopfte. Kurz darauf öffnete ihm eine nicht mehr ganz junge, aber hübsche Frau. Es dauerte einen Augenblick, bis Fabian die ehemalige Offiziershure Gerda erkannte. »Das ist aber eine Überraschung!«
»Birkenfels?« Die Frau war nicht gerade erfreut, einen ihrer früheren Liebhaber zu sehen, und machte eine Bewegung, als wolle sie ihm die Tür vor der Nase zuschlagen. Da entdeckte sie den Verband um Gibichens Hand und trat ganz vor die Tür. Für einen Augenblick dachte sie daran, die Männer zu einem anderen Wundarzt zu schicken, doch damit würde sie dem Gerede erst recht Nahrung geben. Wenn sie den beiden half, konnte sie eher auf deren Verschwiegenheit hoffen.
»Ich sehe, Euer Freund benötigt Hilfe. Kommt doch herein. Mein Mann wird sich gleich um ihn kümmern.« Ihre Stimme zitterte ein wenig, und Fabian las in ihren Augen die Bitte, ihre Vergangenheit zu vergessen.
Mit einem amüsierten Lächeln auf den Lippen deutete er eine Verbeugung an. »Habt Dank! Könntet Ihr mir auch sagen, wo wir unterdessen unsere Pferde abstellen können?«
Gerda wies die Gasse hinab. »Dort drüben befindet sich der Gasthof zum Löwen. Euer Mohr könnte die Gäule hinbringen und Eure Ankunft melden. Die Betten dort sind ordentlich, und das Essen ist besser als in den meisten anderen Herbergen dieser Stadt.«
Fabian wechselte einen Blick mit Abdur, der die Zügel der anderen Pferde entgegennahm und Richtung Herberge stapfte, sah dann seinen Freund auffordernd an und deutete mit dem Kopf auf die Tür, die Gerda aufhielt. Die verletzte Hand an die Brust gepresst, folgte Gibichen der Aufforderung. Seiner Miene nach zu urteilen schien er begriffen zu haben, dass er mit dieser Verletzung weniger für Irmela tun konnte als nach einer erfolgreichen Behandlung durch den Arzt. Fanny schwankte, ob sie Abdur in den Löwen folgen oder sich den beiden Offizieren anschließen sollte, und entschied sich, ebenfalls einzutreten.
Während Gerda den Patienten und seine Begleiter durch das Haus führte, musterte sie Fanny verstohlen und fragte sich, ob dieses Mädchen die neue Bettgefährtin der
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