Die Feuerbraut
trockeneres Holz«, sagte er, während er Fanny mit dem unverletzten Arm in den Sattel half. Sie aber winkte ab, denn sie wusste ebenso gut wie er, dass sie warten mussten, bis sie unterwegs auf ein Gasthaus oder eine Schenke trafen.
X.
Als Fabian Lexenthals Kutsche in der Ferne ausmachen konnte, schrie er vor Enttäuschung auf. Die Reisegesellschaft des Priors hatte den Inn erreicht und der Vorreiter offensichtlich schon den Brückenzoll bezahlt, denn die Kutsche und die bewaffneten Begleiter überquerten ohne anzuhalten den Fluss. So mussten die Verfolger von der Kuppe eines Hügels herabhilflos zusehen, wie die Gesuchten in die Dreiflüssestadt hineinfuhren.
Fanny schlug die Hände vors Gesicht und schluchzte auf, und Ludwig von Gibichen stieß so unflätige Flüche aus, wie Fabian sie von seinem sonst so beherrschten Freund noch nie vernommen hatte. Doch rasch beruhigte der Hauptmann sich wieder, und seine Stimme klang so gleichmütig, als spräche er von einer beliebigen Verabredung. »Nur einen Tag früher, und wir hätten dem Kerl Irmela aus den Fingern geholt.«
»Mit dem, was hätte sein können, ist uns wenig gedient. Wir müssen gut überlegen, wie wir Irmela befreien können!«, wies Fabian ihn zurecht.
Fanny sah ihn mit nassen Augen an. »Ich bin schuld, dass ihr es nicht geschafft habt. Wenn ich nicht dabei gewesen wäre, hättet ihr viel schneller reiten können.«
»Unsinn! Du hast uns nicht im Geringsten behindert«, fuhr Gibichen ihr über den Mund.
Weder er noch Fabian hatten auf Fanny Rücksicht genommen, und diese Reise hätte kaum eine andere Frau so klaglos durchgestanden. Dabei hatte die Magd zugepackt, wo es nötig gewesen war, und ihnen den Ritt sogar erleichtert. Auch Abdur hatte sich als wertvoller Begleiter erwiesen. Neben seinen Pflichten als Ersatz-Offiziersbursche war er rührend um Fanny bemüht gewesen und hatte ihr Salben und Pflaster besorgt, mit denen sie ihre wund gerittene Kehrseite pflegen konnte. Die Schmerzen, die sie im Sattel gelitten hatte, mussten fürchterlich gewesen sein, und doch hatte sie sich kaum etwas anmerken lassen.
»Du bist ein braves Mädchen. Irmela kann stolz auf eine so treue Zofe sein!«
Gibichens Lob kam bei Fanny nicht gut an. »Wie kann sie stolz auf mich sein? Ich habe es nicht geschafft, sie einzuholen und zu befreien!«
»Wir hätten viel schneller reiten müssen, aber dann wären uns die Pferde unterm Hintern zusammengebrochen, und das hätte uns auch nichts genützt. Lexenthal ist gefahren, als wäre der Teufel hinter ihm her.«
Fabian maß die Stadt, die auf der Landzunge zwischen Donau und Inn lag, mit einem hasserfüllten Blick. »Wir werden eine Gelegenheit finden, unserer Freundin zu helfen. Jetzt sollten wir erst einmal nach Passau hineinreiten und uns eine Unterkunft suchen. Aber bevor wir irgendetwas unternehmen, wirst du deine Hand von einem Arzt ansehen lassen!« Fabian zeigte dabei auf Gibichens Linke, die noch immer mit dem mittlerweile stark verfärbten Lappen verbunden war.
»Das ist doch nicht der Rede wert!« Gibichen wollte mit der verletzten Hand eine abwertende Geste machen, stöhnte aber unwillkürlich auf.
»Herr von Gibichen sollte sich wirklich verarzten lassen. Ich hatte ihm ja angeboten, seine Wunde zu versorgen, aber er wollte es nicht.« Fanny klang tadelnd, denn sie gab etwas auf ihr Können, kleinere Verletzungen so zu versorgen, dass sie sich nicht entzündeten.
»Tu es jetzt!«, forderte Fabian sie auf. »Ob wir eine halbe Stunde früher oder später nach Irmela suchen, ist nun auch gleich.«
Gibichen wollte nicht so recht, doch Fanny beugte sich aus dem Sattel und griff nach seiner Hand. Der Offizier hielt sichtlich die Luft an, als Fanny den Stofffetzen entfernte und die Wunde freilegte. Die Schnitte an Ring- und Mittelfinger hatten sich geschlossen und heilten halbwegs ab, doch beim Anblick des dick angeschwollenen, eiternden kleinen Fingers stieß Fanny einen erschreckten Ruf aus.
»Seid Ihr noch bei Sinnen? Bei Gott, das hätte längst verarztet werden müssen!«
»Das wird jetzt auch geschehen!« Fabian war näher gekommenund blickte nun kopfschüttelnd auf die entzündete Wunde. »Du bist ein Narr! Wenn du Pech hast, verlierst du die ganze Hand!«
»Um Irmela zu retten, würde ich mehr opfern als meine Linke!«, brach es aus Gibichen heraus.
»So hilfst du ihr auch nicht!« Fabian zuckte mit den Achseln und sah Fanny an. »Hast du noch ein Stück sauberen Stoff, den du um die Hand wickeln
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