Die Feuerbraut
eingekeilt, während Irmela sich in den Flammen des Scheiterhaufens wand.
Das darf niemals geschehen!, schrie es in ihm auf. Er hob den Kopf und sah Lohner an. »Was weiß Er über den Prior Lexenthal?«
Der Arzt wunderte sich über den abrupten Themenwechsel, wies aber in die Richtung, in der er die fürstbischöfliche Residenz wusste. »Der hohe Herr lebt seit Jahren als geehrter Gast unsereserlauchtesten Herrn Bischof Leopold von Habsburg in Passau. Derzeit sucht Ihr ihn hier jedoch vergebens, denn er hat sich schon vor mehreren Wochen auf eine weite Reise begeben. Wie es heißt, soll er eine gefährliche Hexe suchen, die am Tod seiner Nichte schuld sein soll. Mehr weiß ich nicht.«
»Ehrentraud ist tot?« Fabian dachte an das einst lebensfrohe, von vielen jungen Männern umschwärmte Mädchen, dem das Schicksal so übel mitgespielt hatte, und glaubte noch einmal die Wärme ihres Leibes zu spüren. Vor dem Überfall der Schweden hatte auch er zu ihren Anbetern gehört, und später, in den Monaten auf Irmelas Gutshof, hatte er Zuneigung zu ihr empfunden, aus der Liebe hätte werden können, wenn auch kein so himmelstürmendes und inniges Gefühl wie bei Stephanie. Ehrentraud nun tot zu wissen, schmerzte ihn, und ihm rannen Tränen über die Wange.
Derweil verarbeitete Gibichen die Nachricht trotz des Rausches, den er sich angetrunken hatte, auf eine kühlere Weise. Wenn Lexenthal Irmela die Schuld am Tod seiner Nichte gab, hatte sie keine Gnade von dem Mann zu erwarten. Damit war ihr Schicksal genauso besiegelt, als hätte ein Tribunal sie bereits verurteilt. Also würden sie sie, wie er es von Anfang an befürchtet hatte, mit Gewalt befreien müssen.
Mit schwerer Zunge bedankte er sich bei Lohner für dessen Hilfe und setzte hinzu: »Es würde uns freuen, wenn Er diesen Portius oder wie er heißt hierher rufen könnte. Wir sind in Geschäften hier, die wir nicht vernachlässigen dürfen.«
»Wollt Ihr mit Steglinger über neue Heereslieferungen verhandeln? Dann könntet Ihr Euch direkt bei ihm einquartieren. Er hat letztens Frau von Hochberg geheiratet und ist jetzt hochgeachteter, einflussreicher Mitbürger dieser Stadt.« Ein Hauch von Verachtung lag in Lohners Stimme, der sowohl dem Heereslieferanten wie auch der ehemaligen Offiziershure galt, vor der nun Edelleute und hohe Kirchenleute das Haupt neigten.
Fabian hatte schon vermutet, Lexenthal wäre nicht allein auf den Gedanken gekommen, Irmela sei an Ehrentrauds Tod schuld. Auch früher, schon vor dem Überfall der Schweden, hatte Johanna immer wieder behauptet, Irmela sei eine Hexe, genau wie ihre Mutter, und nun hatte sie ihr wohl Ehrentrauds Tod in die Schuhe geschoben.
Mit einem Mal sah er Lohners fragenden Blick auf sich gerichtet und schüttelte den Kopf. »Nein, danke! Wir nehmen mit dem Löwen vorlieb.« Dann sah er auf Gibichen herab. »Nun, was ist? Kannst du noch auf deinen Beinen stehen, oder bist du schon so betrunken, dass Fanny und ich dich tragen müssen?«
Sein Freund versuchte aufzustehen, doch die Beine wollten ihm nicht mehr so recht gehorchen, und er ließ sich von Fabian und Fanny stützen. »Auf zum Löwen! Hoffentlich sind die Betten genauso weich wie damals in Pilsen, Gerda!«
Gibichen zwinkerte Lohners Frau anzüglich zu und kicherte, als sie rot wurde.
Fabian lotste ihn in Richtung Tür und musste dort aufpassen, dass sein Freund nicht mit dem Kopf gegen den niedrigen Balken stieß. Wäre Fanny ihm nicht zu Hilfe geeilt, hätte er sich schwergetan, Gibichen in die Herberge zu schaffen. Unten auf der Straße fiel ihm auf, dass sie dem Arzt für seine Bemühungen noch nichts bezahlt hatten, doch als er sich umdrehte, hatte Gerda die Haustür bereits geschlossen.
XI.
Das Geratter der eisenbereiften Wagen auf dem harten Kopfsteinpflaster hallte wie Trommelwirbel in Irmelas Kopf. Ihr war übel, obwohl nichts in ihrem Magen war, das er hätte auswürgen können. Ihre Zunge und ihr Gaumen waren wund gescheuertund so angeschwollen, dass sie gegen den Knebel drückten, der ihr an diesem Tag noch kein einziges Mal aus dem Mund genommen worden war. Dazu rann ihr ein dünner Blutfaden in den Rachen und verstärkte den Brechreiz.
Einen klaren Gedanken konnte sie schon lange nicht mehr fassen. Sie bestand nur noch aus Schmerz und Verzweiflung. In den kruden Bildern, die ihr ihre Phantasie vorgaukelte, sah sie sich auf dem Scheiterhaufen brennen und Lexenthal zusammen mit Helene, Johanna und Ehrentraud darum herumtanzen, und in den
Weitere Kostenlose Bücher