Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Die Feuerbraut

Titel: Die Feuerbraut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iny Lorentz
Vom Netzwerk:
nahm das Gefäß entgegen und stürzte seinen Inhalt in einem Zug hinunter.
    »Mehr!« Er hielt Gerda fordernd den Becher hin. Diese füllte ihn erneut, und als Gibichen diesmal ausgetrunken hatte, spürte er, dass sein Kopf sich auf einmal wie in Watte gepackt anfühlte. Das Einzige, was er noch empfand, war der Schmerz in seiner Linken.
    Während der Chirurg sich um Gibichen kümmerte, strich Fanny sich nachdenklich über ihre Wange, die durch die Kunst des Arztes nun wieder so glatt war, dass sie kaum mehr die Stelle merkte, an der die dicke Brandnarbe gesessen hatte. Sie war Lohner dankbar und hätte ihn gerne darauf angesprochen. Gerdas Gegenwart schüchterte sie jedoch ein, zudem erinnerte sie sich an den Lohn, den sie für diese Operation hatte zahlen müssen. Die Scham darüber brachte sie dazu, sich immer mehr in den Hintergrund zu schieben und unauffällig zuzusehen, wie der Chirurg mit dem Skalpell hantierte.
    Lohner war wirklich ein guter Wundarzt, das wurde auch Fabian schnell klar, der schon einiges auf den Kriegszügen erlebt hatte. Geschickt amputierte der ehemalige Feldscher den kleinen Finger, zog ein Stück Haut über die Stelle und vernähte sie mit kleinen Stichen. Dann wusch er die Hand mit einem Sud aus verschiedenen Kräutern, unter denen sich seiner Auskunft nachKamille, Kapuzinerkresse und Ringelblume befanden, und hieß Gerda, dem Offizier einen Tee aus Kräutern zu kochen, die für die Wundheilung und die Blutreinigung gut sein sollten.
    Während er einen Verband anlegte, wandte er sich Fabian zu. »Gewiss erinnert Ihr Euch noch an meinem Kollegen Portius. Der arme Kerl sucht Euch verzweifelt. Derzeit hält er sich ein Stück weiter donauaufwärts in Vilshofen auf und mischt Salben und Tinkturen an, die er an Apotheken und Ärzte verkauft. Selbst praktiziert er nicht mehr, aber aus welchem Grund, will er nicht verraten. Er muss schreckliche Dinge erlebt haben! Irgendwie scheint Ihr auch in seine Angelegenheiten verwickelt zu sein, denn er fragt alle möglichen Leute nach Euch und bittet sie, Euch zu ihm zu schicken.«
    Fabian schüttelte unwillig den Kopf. »Was soll ich mit dem Burschen?«
    Unterdessen hatte Gibichen sich einen weiteren Becher Branntwein eingeschenkt, hielt aber mitten im Trinken inne und sah seinen Freund mit einem wässrigen, aber noch klaren Blick an. »Wie weit ist dieses Vilshofen von hier weg?«
    »Etwa drei deutsche Meilen«, antwortete Lohner an Fabians Stelle.
    »Dann solltest du zu diesem Portius reiten. Ein andermal kommst du wohl kaum mehr dazu.«
    »Aber dazu ist keine Zeit! Wir müssen …« Fabian brach ab, denn ihr eigentliches Vorhaben ging weder Lohner noch dessen Ehefrau etwas an.
    Gibichen starrte ihn an, als müsse sein Blick ihn einfangen. »Heute bin ich zu nichts mehr fähig, und bis morgen Mittag bist du wieder zurück. Tu es! Sonst wirst du es später vielleicht bereuen.«
    Da Gibichen bis jetzt am meisten gedrängt hatte, Irmela so rasch wie möglich zu befreien, wunderte Fabian sich über dessen Rat.Aber er würde sich wohl um die Sache kümmern müssen, sonst stieg sein Freund selbst in den Sattel, und das dürfte der Heilung nicht gerade zuträglich sein. Gibichen würde sich glücklich schätzen müssen, wenn die Wunde sich schloss und er nicht die ganze Hand verlor.
    Während Fabian seinen Gedanken nachhing und spürte, wie die Sorge um Irmela und Gibichen, aber ganz besonders auch um Stephanie und sein Kind immer stärker auf ihm lastete, hob Lohner lächelnd die Hand. »Ihr braucht nicht nach Vilshofen zu reiten, Herr von Birkenfels. Ich werde einen Boten hinschicken, der Portius herbringen soll. Erholt Ihr Euch lieber von der Reise. Ihr seht erschöpft aus.«
    Es war weniger die Erschöpfung, die ihre Spuren in Fabians Gesicht hinterlassen hatte, als die lange Haft auf Burg Harlau. Bislang war er so angespannt gewesen, dass er seine körperliche Schwäche mit dem in ihm lodernden Zorn überspielt hatte. Nun aber begann die Enttäuschung über die misslungene Verfolgung ihn aller Kraft zu berauben. Ein oder zwei Tage Ruhe würden ihm wohl helfen, notdürftig wieder auf die Beine zu kommen. Aber er durfte die Zeit nicht nutzlos verstreichen lassen und nahm sich vor, sich notfalls allein auf die Suche nach Irmela zu machen. Zwar konnte er nicht hoffen, sie ohne Gibichens Unterstützung zu befreien, aber er wollte wenigstens wissen, wohin man sie gebracht hatte. Mit einem Mal wurde er ganz mutlos und sah sich schon in einer johlenden Menge

Weitere Kostenlose Bücher