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Die Feuerbraut

Titel: Die Feuerbraut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iny Lorentz
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Boden, klammerte sich der ihm nachfolgende Lexenthal an den Unebenheiten der Wände fest, um nicht auszurutschen und in die Tiefe zu stürzen.
    Die feuchte Kühle des engen Treppengangs weckte Irmelas Sinne, und sie öffnete mühsam die verklebten Augen. Zunächst sah sie nur das lederne Wams des riesenhaften Mannes vor sich, der sie über der Schulter trug, und als sie den Kopf wandte, erkannte sie grob behauene Steine, die von flackerndemLicht erhellt wurden. Aus den Augenwinkeln nahm sie dann ihren Feind, den Prior, wahr, dessen Blick selbstzufrieden auf ihr ruhte.
    »Gleich sind wir da, Euer Ehren«, erklärte der hünenhafte Mann eben in einem beinahe unverständlichen Dialekt.
    »Ist die Zelle, in die du die Hexe bringst, auch sicher?«
    Der Kerkermeister nickte. »Das ist sie sehr wohl, Euer Eminenz. Ich hab da ein ganz spezielles Kämmerchen für solch verworfene Geschöpfe. Wenn sie erst einmal ein, zwei Tage da drinnen sind, reden sie wie ein Wasserfall.«
    Es klang so, als bereite es dem Mann Freude, seine Opfer schon im Vorfeld der eigentlichen Verhandlung und der vom Gericht angeordneten Folterungen zu quälen. Dabei war, wie Irmela verzweifelt dachte, das alles unnötig. Sie war bereit, zu gestehen, damit die Quälerei ein Ende nahm. Selbst der Tod im Feuer erschien ihr nun gnädiger, als noch länger die Gefangene des rachsüchtigen Priors zu sein. Wenn sie all die Verbrechen, die man ihr vorwarf, zugab und gleichzeitig Reue zeigte, würde man sie vielleicht gar nicht oder nur leicht foltern und sie vor dem Anstecken des Scheiterhaufens gnädigerweise erdrosseln. Doch dann sagte ihr ein Blick auf Lexenthals Gesicht, dass dieser sie den Kelch der Qualen bis zur Neige leeren lassen würde.
    Nun blieb der Kerkermeister vor einer Tür aus schweren Eichenbohlen stehen, stellte seine Laterne auf den Boden und zog die drei eisernen Riegel zurück, mit der die Tür gesichert war. Als er öffnete, sah Irmela eine dunkle, nicht gerade kleine Zelle vor sich, zwar ohne Fenster, aber mit einem Luftloch hoch unter der Gewölbedecke. An der Wand waren mehrere Ringe befestigt, daneben lagen Ketten bereit, um Gefangene in Eisen zu schließen. Obwohl es Irmela graute, wie ein Stück Vieh an die Kette gelegt zu werden, erschien ihr dies doch um vieles erstrebenswerter alsdie straff gezogenen Fesseln, mit denen sie derzeit gebunden war.
    Der Prior schien ähnlich zu denken wie sie, denn er ließ ein unwirsches Schnauben hören. »Ich will die Hexe sicher verwahrt sehen. Ketten können sie nicht halten. Sie verwandelt sich in einen Vogel und fliegt durch den Luftschacht dort oben davon.«
    »Das würde ihr nichts helfen, denn das Luftloch ist mit einem feinen Gitter gesichert. Aber ich habe da noch eine ganz besondere Stelle, an der sie zu Eurer Zufriedenheit untergebracht sein wird.« Der Kerkermeister grinste und trug Irmela zum hinteren Teil der Zelle. Dort befand sich eine Tür in der Wand, die in der Dunkelheit kaum zu erkennen war. Der Kerkermeister öffnete sie und bat Lexenthal, der die Laterne hochgehoben hatte, hineinzuleuchten.
    Dieser tat es, und Irmela sah eine winzige Kammer vor sich, in der ein Mensch nur stehend verweilen konnte. Sich zu setzen oder gar zu legen war unmöglich. Sie würde sich nicht einmal gegen die Wände oder die Tür lehnen können, denn diese waren mit spitzen Stacheln versehen, und Luft gab es nur durch ein paar in die Tür gebohrte Löcher.
    Der Kerkermeister stopfte Irmela wie einen Sack in das Gelass und grinste, als sie dabei von einigen Dornen gestochen wurde. »Das ist nur ein Vorgeschmack. Wenn ich mich erst einmal richtig mit dir befasse, wirst du wissen, was Schmerz bedeutet.« Dann schlug er die Tür zu, ohne ihr die Fesseln zu lösen oder ihr auch nur den Knebel aus dem Mund zu nehmen.
    Dunkelheit umfing Irmela, und gleichzeitig gaben ihre Beine nach. Die Dornen, die in ihre Knie stachen, brachten sie jedoch dazu, sich mit all ihrer Kraft aufrecht zu halten, was durch die zusammengebundenen Füße kaum möglich war. Immer wieder kippte sie gegen eine der Stachelwände, so dass sich die Spitzen in ihr Fleisch bohrten. Da sie nicht schreien konnte, formten ihreGedanken Verwünschungen und Flüche für Lexenthal und seinen Handlanger. Gleichzeitig dachte sie an ihre auf Burg Rain zurückgelassenen Freunde, die sie nie mehr wiedersehen würde, und spürte, wie ihr die Tränen über die Wangen liefen.

XII.
    Wendelin Portius musste sofort aufgebrochen sein, nachdem ihn die

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