Die Feuerbraut
war der Arzt auf Ehrentraud zugetreten und reichte ihr ein gesiegeltes Schreiben. Kaum hielt sie es in der Hand, steckte auch Portius ihr ein zusammengefaltetes Blatt Papier zu. »Mit den besten Empfehlungen das hochwürdigsten Herrn Priors. Er hat mich und leider auch diesen Metzger da in seine Dienste genommen, damit wir Euch beistehen können. Ich kann es gewiss, denn …«
»Papperlapapp«, unterbrach ihn sein Kollege. »Auf dich hätte der Prior wirklich verzichten können, denn mit deinen Pulvern und Säften wirst du hier nichts ausrichten können.« Er wandte dem kleineren Mann den Rücken zu und fasste nach Ehrentrauds Gesicht. »Lohner ist mein Name. Ich genieße den Ruf, Kriegswunden behandeln zu können, und habe schon so manchem Soldaten ein halbwegs passables Aussehen zurückgegeben. Auch habe ich einer Marketenderin, die bei einem Überfall auf unser Heerlager eine Kugel abbekam, die Narbe so beseitigt, dass man danach zweimal hinsehen musste, um sie zu erkennen.«
Der Blick, mit dem er Helene bei seinen Worten streifte, ließ Irmela vermuten, dass ihre Stiefgroßmutter bei jener Gelegenheit Zeugin seiner Heilkunst geworden war und er Zustimmung von ihr erwartete. Daher nahm sie sich vor, ihn auszufragen, um mehr über Helene zu erfahren. Vielleicht fand sie mit seiner Hilfe einen Weg, deren Herrschaft über sich in einem günstigen Augenblick abzuschütteln.
Ehrentraud blickte von einem der Ärzte zum anderen und schien nicht so recht zu wissen, was sie von beiden halten sollte. »Weshalb hat mein Oheim euch beide geschickt und nicht seinen eigenen Leibarzt, der gewiss ein großer Heiler ist?«
»Soviel ich weiß, ist dieser Herr beim Angriff der Schweden abhanden gekommen. Mir vertraut Seine Hochwürdigkeit, da erbereits von meiner Geschicklichkeit mit dem Skalpell gehört hat. Aber warum er Portius geschickt hat, müsst Ihr diesen schon selbst fragen.« Lohner klang gereizt, als wünschte er seinen Kollegen auf den Mond.
Da Portius ihm nicht das Feld überlassen wollte, trat er mit gezierten Schritten auf Ehrentraud zu und verbeugte sich. »Ist es erlaubt, Euch meine Aufwartung zu machen? Ich bin Wendelin Portius von Hohenkammer, Arzt und Gelehrter, und von Eurem höchstehrwürdigen Oheim Xaver von Lexenthal ausersehen worden, Euch Eure Schönheit wiederzugeben. Der da ist nur als Notnagel mitgeschickt worden für den unwahrscheinlichen Fall, dass meine Kunst versagen könnte.«
»Glaubt Ihr, ich könnte wirklich wieder so aussehen wir früher?« Ehrentraud, die auf einem bequemen Lehnstuhl Platz genommen hatte, blickte hoffnungsvoll zu Portius auf.
Lohner flößte ihr mit seiner direkten Art Unbehagen ein und hatte zudem nur von einem halbwegs passablen Aussehen gesprochen, nicht von ihrer früheren Schönheit, die sie weitaus stärker herbeisehnte als die ewige Seligkeit.
Portius spürte, dass er seinen Konkurrenten auch bei dieser Frau würde ausstechen können, und breitete sein Können und seine Erfolge mit großer Eloquenz vor Ehrentraud aus.
Lohner, der aufmerksam zuhörte, schnaubte ein paarmal und brummte: »Unsinn!«
Aber er war seinem redegewandten Rivalen nicht gewachsen, und anders als ihm gelang es Portius, Ehrentraud dazu zu bringen, ihren Schleier abzunehmen.
Beide Ärzte sogen erschrocken die Luft ein, als sie das entstellte Gesicht der jungen Frau sahen. Portius fasste sich als Erster. »Diese Narben benötigen eine lange und sehr intensive Behandlung!«
Schnell rechnete er sich aus, wie gut er bei einem gewissen Erfolgverdienen konnte. Xaver von Lexenthal war ein Kirchenmann und eigentlich seinem Kloster verpflichtet. Doch er hatte anklingen lassen, er sei bereit, eine bedeutende Summe zu opfern, wenn sie das Aussehen seiner Nichte so weit wiederherstellten, dass das Mädchen eine halbwegs passende Ehe eingehen konnte.
Lohner strich mit den Fingerspitzen über die Knoten und Wülste, die hochrote Narben bildeten, und wiegte zweifelnd den Kopf. »Dem Chirurgen, der diese Verletzungen behandelt hat, gehört heute noch in den Arsch getreten«, erklärte er derb. »Ich hätte schon damals einiges tun können, um das Schlimmste zu verhindern.«
»Also reicht deine Kunst nicht aus, die Narben zu beseitigen«, trumpfte Portius auf.
Lohner drehte sich in einer verächtlichen Geste zu ihm um. »Kannst du die zerbrochene Schale eines Eis wieder ganzmachen? Diese Narben vermag keine Macht der Welt je wieder vollständig zu entfernen.« Anders als sein Kollege wollte der hoch
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