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Die Feuerbraut

Titel: Die Feuerbraut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iny Lorentz
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genützt, den ihm Helenes Ärger über seinen Rivalen verschafft hatte, und sich und seine Heilkunst in das hellste Licht gesetzt. Er kannte die weibliche Psyche gut genug, um an seinen Erfolg zu glauben. Lohner war trotz seines Doktortitels ein Feldchirurg geblieben und würde der Verletzten vorschlagen, die schlimmsten Narben operativ entfernen zu lassen. Da dies mit Schmerzen verbunden war, würde die junge Dame wohl kaum mehr als einen Versuch wagen und sich dann vertrauensvoll in seine Hände geben. Mit zufriedener Stimme zählte Portius die Zaubermittel auf, die seinen Ausführungen zufolge jede Narbe spurlos verschwinden lassen würden. Und er wusste sich Helenes Wohlwollen auch noch auf andere Weise zu sichern.
    »Meine Mittel wirken nicht nur gegen Wundnarben, sondern verhindern auch Falten und die Anzeichen des Alters, die das Antlitz einer schönen Frau bedrohen könnten.«
    Wie er es erwartet hatte, biss Helene sofort an. Nach außen gabsie sich jünger, als sie war, und wenn man von ihren Behauptungen ausging, hätte sie Johanna im zarten Alter von zehn Jahren gebären müssen. Irmela kicherte, als ihr dies auffiel, und zog sich damit einen strafenden Blick von Doktor Portius zu, der sich in seinen Ausführungen gestört fühlte.
    Lohner langweilte das Geschwätz seines Kollegen, und er klopfte schließlich mit der Spitze seines Schuhs auf den Boden. »Ich würde gern die Patientin sehen, zu der mich der ehrwürdige Herr Prior geschickt hat.«
    Helene nickte. »Da die Herren unserer lieben Ehrentraud zuliebe gekommen sind, sollten sie sich so bald wie möglich um sie kümmern. Johanna, melde uns bei ihr an!«
    Ihre Tochter erhob sich, knickste geziert vor den Ärzten und verließ das Zimmer. Kurz darauf kehrte sie zurück und meldete, dass Ehrentraud bereit sei, die beiden Herren zu empfangen.
    Während Frau von Teglenburg sitzen blieb und weiter an den Hemdchen für ihren Sohn stickte, folgte Irmela der Gruppe und betrat hinter Helene das Zimmer. Es interessierte sie zu erfahren, wie die Ärzte Ehrentrauds Narben beseitigen wollten. Vielleicht konnten sie auch der armen Fanny helfen. Die Magd würde sich gewiss freuen, wenn einer der Ärzte sie von dem hässlichen Wulst auf ihrer Wange erlöste.

IV.
    Ehrentraud empfing ihre Besucher in der Kammer, die Helene ihr als Wohnraum überlassen hatte. Da dunkle Vorhänge vor den Fenstern hingen und keine Lampe brannte, herrschte mattes Dämmerlicht, in dem die Bewohnerin nur als schattenhafter Umriss zu erkennen war. Während Portius an der Tür stehenblieb und sich beinahe bis zum Boden verbeugte, durchquerte Lohner die Kammer und schob die Vorhänge beiseite.
    »Ich muss etwas sehen können!«, erklärte er, als er sich der Patientin zuwandte. Die junge Dame aber hatte ihr Gesicht rasch mit einem Schleier bedeckt. »Was fällt dir ein, Kerl?«
    »Ohne Licht kann ich nicht beurteilen, wie schlimm die Narben sind und was ich dagegen unternehmen kann«, antwortete Lohner ungerührt.
    »Lohner ist ein unmöglicher Mensch«, flüsterte sein Rivale Helene zu.
    Diese antwortete mit einem verärgerten Auflachen, wagte aber nichts zu sagen, weil sie den Chirurgen nicht reizen wollte. Besorgt fragte sie sich, was Lohner tatsächlich über sie wusste. An die Mär von der Verwechslung glaubte der Mann nicht, dessen war sie sich sicher. Sie war nun einmal eine schöne Frau und bisher stolz darauf gewesen, bei den Männern einen bleibenden Eindruck zu hinterlassen. Doch zu einer Zeit, in der sich ihr endlich die Gelegenheit bot, in jene Kreise zurückzukehren, nach denen sie sich sehnte, war ein Mann, der sie als Liebchen eines Offiziers kennengelernt hatte und wusste, dass dieser sie freigebig mit seinen Freunden geteilt hatte, ihr so willkommen wie die Seuche oder ein schwedisches Heer.
    Während Helene sich den Kopf zerbrach, wie sie dieser Gefahr begegnen konnte, musterte sie den ehemaligen Feldscher durchdringend. Seiner abgetragenen Kleidung nach zu urteilen, hatte er bereits bessere Tage gesehen, und sie vermutete, dass sie sich sein Schweigen mit Gold erkaufen musste. Wenn es hart auf hart kam, würde sie sich an Rudolf Steglinger wenden oder Lohner notfalls auch mit einem schnell wirkenden Gift unter die Erde bringen. Zwar war sie selbst eine passable Giftmischerin, aber sie würde sich ein Mittel, das auch ein Arzt nicht in seinem Wein erkennen konnte, erst bei jenerPerson verschaffen müssen, die ihr schon mehrfach nützliche Tränke gebraut hatte.
    Unterdessen

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