Die Feuerbraut
wie du mich. Es fällt Jungfern wie uns ja nicht immer leicht, sich von schmucken Dienern oder gar stattlichen Kavalieren fernzuhalten, doch da uns nur die unversehrte Jungfernschaft eine standesgemäße Heirat ermöglicht, müssen wir festbleiben.«
Ehrentraud nickte in der Erinnerung an den jungen Lakaien, bei dem sie zu Torheiten bereit gewesen wäre, und dachte daran, dass die schlimmen Geschehnisse während der Flucht nach Neuburg ihre Aussicht auf eine gute Partie stärker zerstört hatten, als dies ein Fehltritt mit einem Diener vermocht hätte.
Johanna ließ sie nicht ins Grübeln geraten, sondern bat sie, ihr beim Ankleiden zu helfen, und leistete ihr denselben Dienst. Danach verabschiedete sie sich zärtlich und verließ beschwingt die Kammer. Kurz darauf erreichte sie die Gemächer ihrerMutter und trat ein. Helene hatte ihre eigenen Möbel und die besten, die es in dem Anwesen gegeben hatte, in ihren Wohnraum stellen lassen und es dabei ein wenig übertrieben. Bevor Johanna den thronähnlichen Lehnstuhl erreichte, auf dem ihre Mutter in hoheitsvoller Pose saß, musste sie sich zwischen etlichen Stühlen, Tischen und reich verzierten Truhen hindurchschlängeln.
»Wie nimmt Ehrentraud die Ankunft der Ärzte auf?«, fragte Helene quer durch den Raum.
In Johanna schwang noch der Widerhall des eben Erlebten, und sie lächelte versonnen. »Gut! Sie setzt große Hoffnungen in Doktor Portius’ Kunst. Dem anderen Arzt gebühren jedoch Schläge für die Art, wie er sie behandelt hat.«
Als ihre Tochter Lohner erwähnte, biss Helene sich unwillkürlich auf die Lippen. Das entging Johanna nicht, und ihre Stimme nahm einen lauernden Unterton an. »Der Mann scheint dich zu kennen?«
»Nein! Woher denn auch? Er hat mich verwechselt und dumm dahergeredet!« Helenes Antwort kam zu hastig, um glaubhaft zu sein.
Johanna zwang sich zu einer gleichmütigen Miene. »Er klang aber sehr überzeugt.«
Helene konnte sich des Schweigens des Arztes nicht sicher sein und sah ein weiteres Problem auf sich zukommen. Ihre Tochter war so neugierig, dass sie schon zur Plage wurde. Gleichzeitig war sie stolz auf das Mädchen, welches alles von ihr und nichts von ihrem hochmütigen, starrsinnigen Vater geerbt zu haben schien. Daher sagte sie sich, es sei besser, Johanna das eine oder andere aus ihrem Leben mitzuteilen, ehe diese es aus fremdem Mund erfuhr und sich ein falsches Bild von ihr machte.
Daher tippte sie ihrer Tochter mit dem Zeigefinger auf die Nase und sah sie mahnend an. »Also gut, ich werde es dir erzählen.Aber was ich dir nun berichte, bleibt unter uns beiden, verstanden? Auch Ehrentraud darf nichts davon erfahren.«
Johanna kniete neben der Armlehne des Sitzes nieder und fasste die Hände ihrer Mutter. »Von mir erfährt niemand ein Wort.«
»Schuld an der ganzen Sache war Irmelas Vater. Er hat mir nach dem Tod meines Mannes das Leben so zur Hölle gemacht, dass mir nichts anderes übriggeblieben ist, als zu fliehen. Zum Glück gab es da einen attraktiven jungen Offizier, der mir in meiner Not beistand, und dessen Regiment hat Lohner als Feldscher und Chirurg begleitet.«
Helene gab eine kurze und sehr geschönte Version der tatsächlichen Ereignisse von sich, doch anders als Irmela war es Johanna gelungen, durch geschicktes Befragen von Bediensteten mehr über ihre Mutter zu erfahren, und so konnte sie zumindest deren erste Aussage in den Bereich der Fabel verweisen. »Soviel ich gehört habe, lebte mein Vater noch, als du sein Haus verlassen hast.«
Helene fuhr verärgert auf und wollte ihre Tochter tadeln, weil diese zu glauben schien, sie sei ihr Rede und Antwort schuldig. Doch als sie in Johannas Augen blickte, schluckte sie die geharnischten Worte wieder hinunter. Das Mädchen hatte seinen Lebensweg nicht als einfache Magd begonnen, sondern als Tochter eines geachteten Edelmanns, und war sich ihrer hohen Abkunft bewusst.
»Gab es da nicht auch den Sohn eines Nachbarn, der zu später Stunde bei dir angetroffen wurde?«, bohrte Johanna weiter. Trotz ihrer leidenschaftlichen Art wusste sie im Gegensatz zu ihrer Mutter, wo ihre Grenzen lagen, und Helene begriff, dass doch ein starker Schuss Hochberg-Erbe in ihrer Tochter steckte.
»Er soll nicht der einzige Mann gewesen sein, mit dem du denalten Grafen betrogen hast. War Johann Antonius von Hochberg überhaupt mein Vater?«
»Er war es!« Helene hatte in jener Zeit nicht gerade wie eine Nonne gelebt, wollte jedoch keine Zweifel in Johanna säen. Daher
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