Die Feuerbraut
diente, lachten verhalten, und jene, die Heimsburg kannten, stießen einander an.
Ludwig von Gibichen, der nur ein Jahr älter war als Fabian, aber bereits den Rang eines Leutnants innehatte, brachte es auf den Punkt. »Er ist nur einer der Gimpel, denen Heimsburg das Fell über die Ohren zieht. Man hätte ihn warnen sollen.«
Gibichen klang auch nicht mehr ganz nüchtern, doch er kannte seine Grenzen und beendete jedes Spiel, bevor es für ihn brenzlig wurde. Das war nicht ganz einfach, denn die Langeweile, die sich wie Mehltau über das kaiserliche Heer gelegt hatte, ließ sich nur mit Wein und Würfeln vertreiben. Die Herren Gallas und Pappenheim, die nach Tillys Tod die Truppen führten, bis ein anderer Generalfeldmarschall ernannt wurde, wagten es nicht, den Löwen aus Mitternacht herauszufordern. Stattdessen überließen sie Gustav Adolf und seinen Schweden die Initiative und warteten schier erstarrt vor Angst ab, ob es Kaiser Ferdinand gelingen würde, Albrecht von Wallensteins Unmut zu besänftigen. Dieser war, wie es hieß, über seine Absetzung vor zwei Jahren immer noch erzürnt und weigerte sich, erneut das Kommando über die kaiserliche Streitmacht zu übernehmen.
Für die Offiziere, die nach Ruhm und Beute gierten, waren harte Tage angebrochen, und Gibichen fand es bedauerlich, dass der junge Birkenfels ausgerechnet in dieser Zeit zu ihnen gestoßen war. So hatte er zwangsläufig das Opfer eines Mannes wie Heimsburg werden müssen, der im Ruf stand, alle jungen Laffenim Spiel um ihr Geld zu bringen. Gibichen hatte schon etliche Münzen dem Spielteufel geopfert, doch war es dabei um weitaus geringere Summen gegangen. Der Leutnant richtete seine Gedanken wieder auf die beiden Kontrahenten und auf die Würfel, die nun rollen mussten.
Fabian brauchte eine Weile, bis er die drei Würfel eingesammelt hatte, und als er sie in den Becher werfen wollte, hielt Gibichen lachend seine Hand fest. »Du brauchst die Würfel nicht vorher zu taufen!«
Jetzt erst bemerkte Fabian, dass er die Würfel in seinen Weinbecher hatte werfen wollen. Er kicherte nervös, langte mit der Linken nach dem richtigen Gefäß und ließ die Würfel einen nach dem anderen hineinfallen.
»Jetzt gilt es!« Er schüttelte den Becher und knallte ihn auf den Tisch. Als er ihn wieder hob, beugten sich die Zuschauer neugierig vor.
»Eine Zwei, eine Vier und eine Fünf! Das reicht nun einmal nicht, mein Guter.« Heimsburg schnurrte wie ein zufriedener Kater, denn er sah sich durch den erhofften Gewinn auf längere Zeit aller finanziellen Sorgen ledig. Den Gerüchten nach sollte Fabian von Birkenfels ein Protegé des Herzogs Wolfgang Wilhelm von Pfalz-Neuburg sein. Zwar kannte niemand seine genauen Verhältnisse, doch da er um verhältnismäßig hohe Summen würfelte, nahmen Heimsburg und die anderen an, er könne es sich leisten, so hoch zu verlieren.
Fabian stierte auf die Würfel, als wolle er ihre Augenzahl kraft seines Blicks in ein ihm genehmes Ergebnis verwandeln.
»Ihr schuldet mir einhundertundfünfzig Gulden, Birkenfels. Wollt Ihr sie mir gleich geben oder kann ich mich auf Euer Ehrenwort verlassen?« Heimsburg gab sich keine Mühe, seinen Triumph zu verbergen.
Fabians Börse war bis auf ein paar kleinere Silberstücke so leerwie eine Kirche um Mitternacht und sein Ehrenwort noch weniger wert, denn er würde weder an diesem Tag noch in absehbarer Zeit über einhundertfünfzig Gulden verfügen. Die Welt um ihn herum schwankte, und mit einem Mal begriff er, dass er kurz davor stand, sein Ansehen und seine Glaubwürdigkeit bei den Offizieren und Reitern des Regiments zu verlieren. Er hätte sich nicht auf das Würfelspiel mit Heimsburg einlassen dürfen. Doch ein paar Becher Wein zu viel hatten ihn ebenso unvorsichtig werden lassen wie die kleinen Summen, die er zu Beginn gewonnen hatte. Statt jedoch auf eine Glückssträhne gestoßen zu sein, stand er nun vor dem Nichts.
Heimsburg sah, wie es in Fabians Gesicht arbeitete, und dachte sich seinen Teil. Ihm ging es nicht nur um den Gewinn, auch wenn hundertfünfzig Gulden eine hübsche Summe darstellten, sondern auch um das Gefühl, diesen kleinen Gockel bloßgestellt zu haben. Aber wenn er Birkenfels’ Ehrenwort entgegennahm, wollte er auch die Gewissheit, das Geld zu erhalten. Als er das verzweifelt umherschauende Bürschchen genauer musterte, wurde ihm klar, dass dieser halbe Knabe höchstwahrscheinlich nicht in der Lage war, die Summe von seinem Gönner einzufordern. Heimsburg
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