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Die Feuerbraut

Titel: Die Feuerbraut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iny Lorentz
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legte sie ihrer Tochter den Arm um die Schultern und beugte sich zu ihr.
    »Gib nichts auf das, was Lohner herumschwätzt! Er war schon damals ein Lügner und ein Aufschneider, wie er im Buche steht.«
    Noch während sie es sagte, bereute Helene ihre Worte, denn Johanna sah so aus, als würde sie nicht eher aufgeben, bis der Arzt ihr auch noch die letzte für sie unangenehme Begebenheit aus dieser Episode ihres Lebens berichtet hatte. Zum ersten Mal, seit sie sich zu Irmelas Vormund und Betreuerin aufgeschwungen hatte, fühlte Helene sich verunsichert und fürchtete, die Zügel nicht so fest in der Hand halten zu können, wie es für ihre Pläne notwendig war.

VI.
    Der Spaziergang war wunderschön gewesen, und Irmela fragte sich, weshalb sie nicht schon vorher daran gedacht hatte, bei gutem Wetter das Haus zu verlassen, um den ewigen Sticheleien und Beleidigungen wenigstens für ein paar Stunden zu entgehen. Auch Fanny hatte den Spaziergang als angenehm empfunden. Als Landkind war sie gewohnt, weit zu laufen, und es gefiel ihr, Irmela zu begleiten und diese mit lustigem Geplapper unterhalten zu dürfen. Das war besser, als Asche zu kehren und Holz in die Küche zu tragen.
    Bei ihrer Rückkehr verließ die Köchin ihr Reich und stürzte sich wie ein Raubvogel auf Fanny, ohne Irmela mehr als einen flüchtigenBlick zu schenken. »Wo hast du pflichtvergessenes Ding dich herumgetrieben? Du hättest längst neues Holz für den Ofen holen müssen.«
    »Die Asche hat sie auch nicht hinausgebracht. Das musste ich tun!«, schimpfte eine andere Magd.
    Während Fanny sich erschrocken duckte, um einer Ohrfeige zu entgehen, klopfte Irmela verärgert mit dem Fuß auf den Boden. »Was soll dieser Aufruhr? Ich habe Fanny befohlen, mich auf meinem Spaziergang zu begleiten, und jetzt muss sie mir beim Umkleiden helfen!«
    Die Köchin und ihre Helferin glotzten Irmela an, als fragten sie sich, mit welchem Recht das Mädchen sich einmischte. Aber langjährige Gewohnheit oder die Furcht vor Strafe ließ die beiden unbeholfen knicksen, und die Köchin fuhr Fanny an: »Du hast gehört, was die Dame gesagt hat. Also wasch dir die Hände und lass mir ja keine Beschwerden zu Ohren kommen!«
    Mit diesen Worten schob sie die andere Magd in die Küche, blieb selbst aber unter dem Türstock stehen. Als sie und die Magd sahen, dass Irmela tatsächlich mit Fanny die Treppe hinaufging, blickten sie sich kopfschüttelnd an.
    »Frau Helenes Enkelin hätte sich auch eine bessere Leibmagd aussuchen können als diesen hässlichen Bauerntrampel.« Aus der Stimme der Magd sprach Neid, denn sie hielt sich für weitaus geeigneter, eine junge Dame zu bedienen.
    Die Köchin nickte widerwillig, dabei bedauerte sie, eine so fleißige Untergebene verloren zu haben. Ihre jetzige Helferin war bei weitem nicht so dienstbeflissen wie Fanny, auch wenn sie mit ihr besser plaudern konnte. Letzteres tröstete nicht über die Tatsache hinweg, dass das Essen an diesem Tag mindestens eine Stunde später fertig werden und Frau Helene deswegen zornig sein würde.
    Unterdessen hatte Irmela mit Fanny ihr Zimmer erreicht undwartete, bis diese sich die Hände und das Gesicht im kalt gewordenen Waschwasser gesäubert hatte. Dann ließ sie sich von ihr beim Umziehen helfen und überlegte, mit welcher Aufgabe sie die Magd noch betrauen konnte, denn sie wollte das Mädchen nicht sofort wieder dem Geschrei der Köchin ausliefern. Ihr Blick fiel auf die Truhe, in der ihre Kleidung verstaut war. Nichts von dem, was sich darin befand, stammte noch aus ihrem Schrank auf Hochberg, doch außer den beiden Kleidern, die sie von den Nonnen in Neuburg erhalten und im Haus über dem Strom geändert hatte, besaß sie noch einige Gewänder, welche ihre Stiefgroßmutter in Passau erworben hatte. Da Irmela Helenes gönnerische Art zuwider war, hatte sie die Sachen nur flüchtig angesehen und sich bisher mit den beiden alten Kleidern begnügt. Nun deutete sie auf die Truhe.
    »Du kannst meine Kleidung und die anderen Sachen auspacken und sortieren. Wenn du sie wieder einräumst, legst du Kräuterkissen dazwischen, damit sich kein Ungeziefer einnistet. Das hätte schon längst gemacht werden müssen.«
    Fanny begann sofort, Kleider, Umhänge, Schultertücher und Unterwäsche auf Irmelas Bett, dem Stuhl und dem kleinen Tisch auszubreiten. Beim Anblick einiger Sachen, die ihr etwas eigenartig erschienen, kicherte sie, strich aber beinahe ehrfürchtig über die feinen Spitzen, mit denen die Kleider am

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