Die Feuerinseln: Das Geheimnis von Askir 5 (German Edition)
mir einen Stein, setzte mich und betrachtete das, was vor mir lag.
Die Architekten des Alten Reichs hatten sich auf die Bucht konzentriert, hier, zwischen den massiven Schloten der Vulkane, fand sich das meiste ebene Land, und sie hatten zusätzlich Terrassen errichtet, auf denen sich eng auf eng quadratische und schmucklose Gebäude an die Hänge zwängten. In der Bucht reichten steinerne Molen wie dürre Finger weit ins Wasser hinein, selbst dort, wo es durch die Tiefe dunkler wurde, erkannte ich noch das Schimmern der mächtigen Fundamente. Wie konnte man nur so tief unter Wasser bauen?
Der Hafen bot reichlich Platz, doch er war nur zum Teil belegt. Hier und da sah ich sogar Schiffe, die vor ihrem Liegeplatz versunken waren oder tief im Wasser lagen. Doch gut drei Dutzend Schiffe lagen dort auch noch intakt, zumeist kleiner, als unsere Lanze es war. Ich bemerkte noch zwei weitere dieser gefährlichen Schwertschiffe, doch alle verblassten neben den drei Riesen, die nahe der kleinen Stadt vertäut lagen.
Ich zählte nicht weniger als vier Masten an ihnen, und sie ragten so hoch aus dem Wasser, dass ihr Deck höher lag als manche Masten der kleineren Schiffe, die neben ihnen dümpelten.
Alles an diesen Riesen war schwarz, vom Rumpf bis zum Deck, der Takelage und den Segeln. Selbst still im Hafen liegend wirkten sie bedrohlich. An beiden Seiten dieser Schiffe ragten jeweils zwei Plattformen drohend über das Wasser, dort waren schwere Ballisten angebracht, sodass diese Gefährte eher schwimmenden Festungen glichen als allem anderen.
Am Heck waren Banner ausgebracht, groß genug, dass ich das Wappen selbst auf die Entfernung sehen konnte: eine schwarze, gepanzerte Faust auf grünem Feld, die einen Ring oder Reif, vielleicht eine Krone, ergriff und hochhielt.
Unter diesem Banner waren die Truppen von Thalak in unsere Heimat eingefallen. Ich selbst hatte es nie zuvor gesehen – in diesem Krieg hatte ich die Front gemieden –, aber Leandra hatte mir das Wappen gut beschrieben.
Es hier zu sehen, war eine üble Überraschung.
Es bestätigte aber auch, was Leandra und ich schon längst vermuteten: Der Kampf um unsere Heimat war für Kolaron nur ein Teil des Wegs, sein Augenmerk galt Askir. Die alte Reichsstadt musste sein eigentliches Ziel darstellen, nichts anderes ergab einen Sinn.
Jedes dieser Schiffe konnte gut und gern zweihundert Soldaten zusätzlich zur Besatzung aufnehmen, vielleicht auch das Doppelte. Die Küstenlinie von Janas hoch nach Askir gehörte zum Alten Reich, also hatte Thalak hier einen Stützpunkt gefunden, von dem aus es direkt angreifen konnte.
Ich dachte an von Gering, den Botschafter der Reichsstadt in Bessarein, der mir deutlich genug zu verstehen gegeben hatte, dass ein so weit entfernter Krieg wie der unsere schwerlich die Aufmerksamkeit der sieben Reiche verdiente.
Ich fragte mich, ob ihn dieser Anblick wohl zum Umdenken bewegen würde.
Schwerfällig erhob ich mich von meinem Stein, streckte die schmerzenden Glieder, schaute hoch zu dem verfallenen Turm und überlegte, ob es lohnen würde, weiterzugehen. Vielleicht nicht, aber das wusste ich ja erst, wenn ich dort war.
Der Rest des Wegs hoch zu diesem Bauwerk erschien mir doppelt beschwerlich, vor allem aber plagte mich der Durst, eine Erfahrung, die ich so noch nicht gemacht hatte und auf die ich gern verzichtet hätte. Dennoch, ich erreichte bald darauf den Turm. Im Norden zogen noch immer die Wolken auf und versprachen bald kühlendes Nass, aber hier oben auf der Klippe brannte die Sonne noch unvermindert herab.
Der Turm war quadratisch gebaut und stand in einem Hof aus einer gut doppelt mannshohen Mauer. Durch das zerfallene Tor sah ich die Reste anderer Gebäude, vielleicht war das eine ein Stall gewesen, das andere eine Messe oder eine Unterkunft für die Mannschaften. Über dem Tor prangte noch das eingemeißelte Wappen Askirs, doch ein Riss zog sich senkrecht hindurch.
Das Alte Reich mochte für die Ewigkeit gebaut haben, doch nichts widerstand den Kräften der Natur. Hier hatte die Erde gebebt, und Teile des Bauwerks waren geborsten, vielleicht war es sogar derselbe Ausbruch gewesen, der die Basaltzunge geschaffen hatte, an deren Fuß ich mich wiedergefunden hatte.
Ein Stück der Klippe war weggebrochen und hatte eine Ecke des Hofs und auch des Turms seines Fundaments beraubt. Dass der Turm nicht zur Gänze in sich zusammenfiel, besaß einen Grund … Zugleich erklärten die geborstenen Steine auch das Geheimnis der
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