Die Feuerinseln: Das Geheimnis von Askir 5 (German Edition)
der kühlen Vernunft, sind wir ein abergläubisches Volk«, antwortete er betreten. »Ihr wisst, wie es ist, wenn viele Menschen an einem Fleck sind. Irgendwie wird der Geist auf das verringert, was der Niedrigste der Menge zu bieten hat.«
Ungeachtet aller Prophezeiungen war das wohl unbestritten wahr.
»Es gibt bereits Gerüchte, dass der Engel des Todes mit einem geheimnisvollen Bey in Verbindung steht, eben jenem, der dem Priester das Garn reichte, mit dem die Hoffnung Gasalabads vor dem sicheren Tod bewahrt wurde.« Die Hoffnung Gasalabads, das war ein weiterer Beiname Faihlyds. Wieder rang er die Hände und schaute fast schon verzweifelt drein. »Esseri, meine Löwin befürchtet, dass es nicht lange dauern wird, bis jemand mit dem Finger auf Euch zeigt.«
»Ich bin nicht der Engel des Todes.«
»Das mag sein. Aber es war Euer Garn. Das ist nahe genug«, sagte Armin und wich zugleich meinem Blick aus. Zumindest die Essera Falah war davon überzeugt, dass ich dieser Engel des Todes war, insgeheim glaubten er und Faihlyd das wohl auch. »Wie dem auch sei, die Emira befürchtet, dass es zu Unruhen kommen könnte, wenn Ihr noch länger in der Stadt verweilt.«
Zokora seufzte. »Wie ich vermutet habe. Wir werden gebeten zu gehen.« Sie sah zu mir herüber. »Ist dein Kafje schlecht?«
Ich schaute etwas überrascht auf die Tasse herab, die ich in den Händen hielt, schüttelte den Kopf und nippte daran. Er war nur noch lauwarm. Ich tauschte einen Blick mit Leandra. Sie nickte bestätigend.
»Gut, Armin«, teilte ich meinem ehemaligen Diener mit. »Entrichte deiner Löwin unsere Abschiedsgrüße. Wir werden ihrem Wunsch Folge leisten und schnellstmöglich aufbrechen.«
Er verbeugte sich tief. »Esserin, die Häuser des Löwen und des Adlers stehen zutiefst in euer aller Schuld. Mit der Gnade der Götter wird meine Löwin Kalifa sein, wenn wir uns in Askir wiedersehen.« Er schaute von mir zu Leandra. »Sie wird ihre Stimme für Eure Sache erheben, Essera«, versprach er.
Insgeheim war ich erleichtert, nicht Soltars Haus betreten zu müssen. Ich hatte meinen Abschied von Natalyia bereits genommen und sah nicht ein, welchen Unterschied ein Ritual machen sollte. Nur eins missfiel mir noch.
»Ich sah sie dort liegen, Armin«, beharrte ich. »Sie ist aus Fleisch und Blut, nicht aus Stein.«
»Aber jetzt ist sie es«, sagte Zokora. »Ich habe sie gesehen.«
»Aber …«
»Sie hat sich schon einmal in Stein verwandelt, als sie das letzte Mal dem Tode nahe war.« Sie setzte ihre Tasse ab. »Vielleicht tat sie es wieder, nachdem du gegangen bist.« Sie wandte sich an Leandra. »Ist es in Askir auch so hell und heiß wie hier?«
»Ich glaube nicht«, antwortete Leandra, überrascht von dem Themenwechsel.
»Gut«, meinte Zokora. »Ich bin die Sonne leid.«
»Ich nehme an, ich habe noch etwas Zeit, Abschied zu nehmen?«, fragte Serafine mit Blick auf Armin.
»Ja, natürlich«, entgegnete ich. »Ihr hättet nicht zu fragen brauchen.«
»Es sah fast so aus, als hättet Ihr die Absicht gehabt, auf der Stelle aufzubrechen.«
So sehr hatte sie sich darin allerdings nicht getäuscht.
»Für einen Abschied wird Zeit sein.« Ich musterte Armin, der traurig dreinsah, dann reichte ich ihm die Hand. »Es ist mir eine Ehre, dich Freund zu nennen.«
Er ergriff meine Hand und drückte sie fester, als ich es ihm zugetraut hätte. Tränen standen plötzlich in seinen Augen.
»Ich werde Euch nie vergessen, Esseri«, hauchte er und ließ meine Hand los, um mich plötzlich zu umarmen. »Niemals!«
»Armin«, begann ich und tätschelte ihm unbeholfen die Schulter. »Ich …«
Genauso plötzlich ließ er mich wieder los und wandte sich hastig ab und Serafine zu, die ihn mit einem zarten Lächeln bedachte. Afala schaute verlegen drein und beeilte sich, den Tisch abzuräumen. Seit Darsans Tod hatte sie wenig gesagt und war eher noch stiller geworden. Aber auch ihre Augen glänzten.
»Gut«, sagte ich und räusperte mich. »Ich zumindest muss noch packen. Wir … wir sehen uns dann am Schiff.«
3. Ein schneller Abschied
Als wir vom Gasthof Zum Hammerkopf aufgebrochen waren, hatte noch alles, was ich besaß, in einen Rucksack gepasst. Jetzt füllten allein meine Kleider einen großen Schrank. Ich öffnete die Türen desselben, warf einen letzten Blick auf die prächtigen Gewänder, die mir Armin ausgesucht hatte, und schloss die Türen wieder. Mein Packen lag auf dem Bett, Seelenreißer stand daneben. Ich griff beides und
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