Die Feuerkämpferin 01 - Im Bann der Wächter
Geschmack«, fügte Amina kokett zwinkernd hinzu.
In diesem Moment rannte Amhal plötzlich ohne Vorwarnung los. Überrascht blieben die beiden Mädchen wie erstarrt stehen, doch nur kurz, dann wusste Adhara, was zu tun war.
Sie ergriff Aminas Handgelenk, presste sie schützend an sich und legte eine Hand auf ihren Dolch. Sie war auf alles vorbereitet.
Vor ihnen teilte sich die Menge, während aus einer Gasse nicht weit entfernt Kampfeslärm zu ihnen drang.
Amina wand sich in ihrer Umklammerung. »Lass mich, ich will zusehen!«, rief sie und machte sich los.
Wie der Blitz setzte Adhara, den Dolch in der Hand, ihr nach, schnappte sie sich wieder an der nächsten Ecke und zog sie an sich. Ein Stück die Gasse hinein sahen sie eine Klinge funkeln.
Amhal focht elegant und kraftvoll, wie Adhara es von ihm kannte. Sein Schwert kreiste vor dem Körper und zeichnete ein Muster aus Schlangenlinien in die Luft. Der Gegner, ein kleiner Halunke mit einem verrosteten Schwert, war ihm nicht lange gewachsen: einige wenige Paraden, dann flog seine Waffe davon und schlidderte über das Pflaster bis zur nächsten Hauswand.
In diesem Moment geschah es. Die Welt schien stillzustehen, die Luft zu erstarren. Da war sie wieder. Die Tobsucht. Jene Tobsucht, gegen die Amhal so lange schon ankämpfte und die er tagtäglich im Zaum zu halten sich mühte, indem er sich Schmerzen zufügte und körperlich völlig verausgabte. Adhara sah sie in seinen Augen aufblitzen. Das gierige Verlangen, diesen weit ausholenden Schwung ganz zu vollenden, den Hieb erst an der Kehle seines Gegners enden, sein Blut hervorschießen zu lassen. Aber er tat es nicht. Er brach ab, ließ das Schwert in einer Kreisbewegung kurz sinken und setzte dann dem Gauner die Spitze auf die Brust. Einen Augenblick lang schien er noch gegen seinen schier übermächtigen, urzeitlichen Trieb ankämpfen zu müssen. »Du bist festgenommen«, murmelte er dann endlich mit kehliger Stimme.
Adhara stieß die Luft aus und versuchte, ihren Atem ganz zu beruhigen.
»Aua! Du tust mir weh«, beschwerte sich Amina.
Ohne es zu bemerken, hatte sie ihre Finger auf der Schulter des Mädchens immer fester zusammengepresst. »Verzeih, ich wollte nicht …«, murmelte sie, wobei sie Amina losließ. Amhal war mittlerweile damit beschäftigt, dem Festgenommenen die Handgelenke zu fesseln.
Amina drehte sich zu ihr um. »Hast du das gesehen? Fantastisch, oder? So schnell war sein Schwert, dass man es fast nicht sehen konnte. Und wie er ihn dann entwaffnet hat!«
Adhara nickte, doch mit den Gedanken war sie ganz woanders. Sie beobachtete Amhal, und als dieser endlich den Blick zu ihr hob, schenkte sie ihm einen Blick, der von Bewunderung voll war. Er hatte seine Wut besiegt.
Amina hatte keine Lust, nach Hause zurückzukehren, und sträubte sich lange, doch als sie ihren Vater dann am Tor auf sie warten sah, wurde sie endlich einsichtig.
»Erzähl deiner Mutter lieber nichts von dem Dieb, verstanden?«, riet Adhara ihr leicht besorgt.
Amina zwinkerte ihr zu, schlang ihr dann die Arme um den Hals und küsste sie auf eine Wange. »Danke«, flüsterte sie und rannte dann zu ihrem Vater.
So hatte Adhara nun frei und damit Gelegenheit, sich zusammen mit Amhal von den Mühen des Tages zu erholen. Den Abend verbrachten sie in der Akademie. »Das hast du sehr gut gemacht«, lobte sie ihn.
»Tja, das hätte ich auch nicht gedacht. Ich habe ja keine Erfahrung mit Brüdern oder Schwestern, und es hat mich selbst gewundert, wie gut ich mit der kleinen Prinzessin zurechtgekommen bin …«
»Das meine ich gar nicht …« Adhara legte ihre Hand auf die seine. »Ich rede von dem Gauner.«
Amhals Miene schien sich zu verfinstern. »Das war nur ein Sieg heute«, murmelte er kurz angebunden.
»Aber auch der zählt. Du solltest an ihn denken, wenn du dich wieder einmal für einen Fehler bestrafen willst.«
Amhal bemühte sich, das Thema zu wechseln. »Übrigens fechte ich häufig mit San. Er kann mir viel beibringen.«
Adhara lächelte. »Hilft dir das?«
»Ja, ich glaube schon.«
Über ihren Kuss an jenem Abend hatten sie seitdem nie mehr gesprochen, und Adhara fragte sich, ob es sich nur um eine Verrücktheit des Augenblicks gehandelt hatte: wunderschön, aber eben doch nur eine Verrücktheit. Am Tag darauf hatten sie sich so benommen, als wenn nichts vorgefallen wäre, und später waren sie dann ganz mit den Vorbereitungen für den Tag, den sie gerade zusammen erlebt hatten, beschäftigt
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