Die Feuerkämpferin 01 - Im Bann der Wächter
antwortete er, bemüht, das Zittern in seiner Stimme zu unterdrücken.
Amhal stand auf der breiten Terrasse und beobachtete, wie sein Meister im Sattel seines Drachens mit den anderen Leibgardisten davonflog. In ihrer Mitte Learco.
San neben ihm verfolgte die Szene mit ernster Miene. Schließlich drehte er sich zu ihm um. »Nun, in der nächsten Zeit haben wir endlich mehr Gelegenheit, zusammen zu trainieren. Freust du dich?«
Amhal lächelte mit bangem Herzen.
Nur spärlich und unklar drangen Nachrichten von einer rätselhaften Krankheit, die sich in der Aufgetauchten Welt ausbreitete, bis zum Hof durch. Hin und wieder schnappte Adhara etwas davon auf: Nur von einigen Fällen an der Grenze zum Land des Meeres hörte man, dem einen oder anderen Toten auch im Land der Sonne. Dennoch herrschte eine Atmosphäre nervöser Spannung, und das Vorgefühl einer bevorstehenden Katastrophe lastete bereits auf der Stadt.
Eine Zeit lang waren Adharas Gedanken ganz von ihrem
neuen Leben eingenommen. Das Verhältnis zu Amina entwickelte sich immer besser. Das Mädchen war ruhiger geworden, verantwortungsbewusster und weniger launisch. Immer wieder ließ sie Zeichen der Zuneigung erkennen, und auch Adhara ihrerseits fühlte sich ihrem Zögling näher, als sie das jemals für möglich gehalten hätte. Sogar ihre Nachforschungen in der Bibliothek hatte sie aufgegeben; plötzlich kam es ihr nicht mehr so wichtig vor, zu erfahren, wer diese Erweckten sein mochten oder was es mit ihrer Vergangenheit auf sich hatte. Denn jetzt war sie Adhara, die Gesellschafterin der Prinzessin, und das Mädchen, das an einem wunderschönen Abend Amhal am Tor zum Park geküsst hatte.
Aber gerade der machte ihr auch Sorgen. Was ging da vor zwischen Amhal und ihr? Nach ihrer letzten abendlichen Begegnung war er wie vom Erdboden verschwunden, und sie konnte sich keinen Reim darauf machen. Im Grund hätte sie nicht sagen können, was da geschehen war, doch immer noch spürte sie seine Hände auf ihrem Busen und wie er sie gepackt hatte, und das machte ihr nicht nur Angst, sondern erregte sie auch ein wenig. Kein Zweifel, die Raserei hatte ihn überkommen, hatte sich nun auch in ihr Verhältnis gedrängt. Aber vielleicht war dies ja auch Liebe, war Gewalt, war unbändiges Verlangen.
Nun ließ sich Amhal allerdings nicht mehr blicken. Nur ein nichtssagendes Briefchen hatte er ihr zukommen lassen.
»Ich bin sehr beschäftigt. Ich komme, sobald ich kann. Bis bald.«
So blieb ihr nichts anderes übrig, als zu warten. Darauf, dass Amhal zurückkehrte, dass das Leben wie gewohnt weiterging. Denn dies war nun ihr Leben: ein friedliches Sich-Treibenlassen in der Strömung, in der Hoffnung, dass das Schicksal es gut mir ihr meinte. Bisher hatte es funktioniert.
Und dann kam er. Als sie Amhal erblickte, lief sie ihm aufgeregt entgegen. Er stand an dem breiten Tor, das Schwert auf dem Rücken und mit dem Umhang, der ihn fast ganz umhüllte.
»Ich hab nicht viel Zeit«, sagte er, fast ohne sie zu begrüßen.
Adhara blieb einige Schritte vor ihm stehen. »Ach so.«
Und dann standen sie da, schauten sich eine Weile nur schweigend an.
»Ich muss sehr viel trainieren. Aber vergessen habe ich dich nicht«, begann Amhal irgendwann mit einem gequälten Lächeln.
Drei Schritte voneinander entfernt, so als fürchteten sie, sich zu nahe zu kommen, unterhielten sie sich ein wenig. Adhara spürte, wie ihr Körper zu ihm drängte, und doch war sie gehemmt und schaffte es nicht, diese Wand zwischen ihnen zu durchbrechen. Während sie sich interessiert gab, hörte sie, was er ihr zu sagen hatte, obwohl sie ihn doch eigentlich fragen wollte, was bloß in den vergangenen Tagen geschehen war. Er war so verwirrt, das er ihr nochmals von seinem Gespräch mit der Hohepriesterin erzählte und sie an die vereinbarte Audienz erinnerte.
»Morgen Nachmittag«, sagte er und erklärte ihr, wo der Tempel lag und wie sie dort Einlass finden würde.
Adhara war sich bewusst, dass sie sich freuen, ihm dankbar hätte sein müssen. Aber es gelang ihr nicht. Die Zeit war vorüber, da sie sich als Geschenk von ihm eine Lebensgeschichte gewünscht hatte. Nun war es etwas anderes, was sie von seinen Händen und seinem Mund begehrte.
»Begleitest du mich?«, fragte sie ihn.
Er schwieg einen Augenblick.
»Das geht nicht, ich habe Wache«, antwortete er dann, und da er ihre Enttäuschung spürte, fügte er noch rasch hinzu: »Aber ich schaue abends mal vorbei, um zu hören, wie es dir
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