Die Feuerkämpferin 01 - Im Bann der Wächter
beiden Tage hatte er damit zugebracht, die verfluchte Stadt nach dieser Frau abzuklappern, dieser Gherle, doch ohne den geringsten Erfolg. Kein Wunder, denn im Grund fehlte ihm jede Spur. Und selbst die Visionen waren in jüngster Zeit ausgeblieben.
Und so hatte er dann beschlossen, diese Hürde zu umgehen und sich gleich ihm zuzuwenden, Marvash. Dem Jüngling. Der einen Drachen ritt. Einen besonderen Drachen zudem.
Der Mann, auf den er wartete, betrat den Schankraum und baute sich vor ihm auf. »Bist du Mayar?«, fragte er und musterte ihn eingehend.
Der Mann in Schwarz nickte, ohne auch nur aufzusehen. Mayar, das war der Name, den er sich für einen ungestörten Aufenthalt an diesem Ort gegeben hatte. Bis er sich sicher genug fühlen würde, seinen wahren Namen zu benutzen.
Der andere nahm Platz und rief die Bedienung herbei. »Einen Obstwein und einen Teller Fleisch«, bestellte er.
Mayar beobachtete sein Gegenüber, einen dürren Kerl in einem verdreckten Hemd und zerschlissenen Hosen. Er
hatte sich überlegt, dass es günstiger sei, sich an jemanden von niederem Stand zu wenden: So einer würde keine überflüssigen Fragen stellen zu seiner Herkunft und wozu ihm diese Auskünfte dienen sollten, und zudem ließ sich sein Schweigen erkaufen. Sich eines Informanten zu bedienen, erlaubte es ihm darüber hinaus, sich vom Heerespalast fernzuhalten, wo er sich besser nicht sehen ließ.
Schweigend saßen sie sich gegenüber, bis der Obstwein und das Fleisch gebracht wurden. Gierig machte sich der Mann darüber her.
»Du erwartest wohl, dass ich dich freihalte?«, brummte Mayar.
Der andere hob kaum den Blick vom Teller. »So war es ausgemacht.«
Ungeduldig blickte der Mann in Schwarz sich um. »Dann fang endlich an, dir dein Mahl zu verdienen!«
»Ich kann aber nicht reden, wenn ich esse.«
So blieb Mayar nichts anderes übrig, als mit anzusehen, wie sich der andere blutig rote Fleischstücke in den Mund steckte und sie träge und genüsslich kaute. Am liebsten hätte er ihm das Gesicht in den Teller gestoßen und nicht mehr losgelassen, bis er seinen letzten Atemzug getan hatte.
Endlich war er fertig und wischte sich mit dem Hemdsärmel über den Mund.
»Nun?«
»Du sollst im Heerespalast arbeiten …«
Der Kerl nickte. »Ja, in der Küche.«
Mayar fragte sich, ob er sich da nicht mit einem Mann abgab, der im Rang zu weit unten stand, um über gewisse Dinge eingeweiht zu sein. »Was weißt du über die Drachenritter?«
»Was man so mitkriegt, wenn man sie im Speisesaal bedient. Sie fressen wie die Schweine und würdigen mich keines Blickes.«
»Was ich wissen will, ist, ob du die Soldaten kennst, die
dort fest stationiert sind, die Drachenritter, die in dem Gebäude ihren Dienst tun. Kennst du die?«
Der Mann tauchte die Nase tief ins Glas. »Ich bring ihnen zu essen, aber ich führ doch keine Zählung durch. Offenbar hast du keine Ahnung, wie das dort drinnen läuft.«
Innerlich bebend, kreuzte Mayar die Arme über der Brust. »So? Wie läuft es denn?«
»Nun, man muss wissen, dass es das Vereinte Heer eigentlich gar nicht gibt. Was es gibt, ist ein Haufen einzelner Drachenritter, die im Krieg gemeinsam in die Schlacht ziehen, aber nicht hier in Neu-Enawar leben. Hier halten sie sich nur eine gewisse Zeit im Jahr auf, und zwar immer dann, wenn der Gemeinsame Rat zusammentritt. Und nur in dieser Zeit wimmelt es im Heerespalast von Rittern und Soldaten von überallher, die im Gefolge ihrer Regenten reisen. Deswegen kann man auch kaum sagen, wer hier seinen Dienst tut.«
Mayar betrachtete das einfältige Gesicht des Mannes, seine Schweinsaugen und die zu einem dümmlichen Lächeln verzogenen Lippen, und spürte dabei, wie sein Verlangen wuchs, jemandem Gewalt anzutun. Er verschränkte die Hände auf der Tischplatte. »Schau, ich will’s dir ganz leichtmachen: Ich suche einen Jüngling, dessen Namen ich nicht kenne. Er ist ein Drachenritter oder will mal einer werden und reitet einen Drachen mit schwarzen Flügeln.«
Der Mann steckte sich einen Finger in den Mund und stocherte mit dem Nagel in einem Zahnspalt herum, um ein paar Fleischfasern herauszupulen, fuhr dann mit der Zunge über die Stelle und schwieg.
Da verlor Mayar die Geduld. Blitzschnell und lautlos geschah es. Er zog seinen Dolch, packte sein Gegenüber am Hemdkragen und berührte ihn mit der Klingenspitze leicht am Oberschenkel. Dann zerrte er ihn über die Tischplatte ganz nah zu sich heran.
»Treib es nicht zu weit. Meine
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