Die Feuerkämpferin 02 - Tochter des Blutes
der Schutzbarriere hatten all seine Kräfte beansprucht. Er beugte sich über das
Mädchen, das reglos auf dem Felsboden lag, rüttelte sie, um sie aufzuwecken, doch sie rührte sich nicht.
»Adhara, wach auf! Es ist überstanden. Es ist alles gut …«
Die Schutzhülle, die das Mädchen umgab, hatte auf dem Rücken des Untiers zuletzt nicht mehr ganz standgehalten: Adharas Kleider waren angesengt, ihre Haut war hier und dort verbrannt und mit Blutspuren des Monsters verschmiert.
Adrass nahm ihr Gesicht in beide Hände und hob ihren Kopf ein wenig an.
»Adhara! Wach doch auf! Adhara…«
Da blinzelte sie und schlug die Augen auf. Kaum hatte er ihre Pupillen erblickt, erfasste Adrass eine unermessliche Freude, und er umarmte sie und drückte sie fest an sich.
»Da hast du mir aber einen Mordsschrecken eingejagt«, stammelte er, während er an ihrem Hals ein leises Schluchzen unterdrückte. Unter dem Brand- und Schweißgeruch duftete es gut, sein Geschöpf, seine Tochter. Er spürte den sanften Druck ihrer Hand auf seiner Hüfte, und der Kloß in seinem Hals löste sich.
»Du mir auch«, murmelte Adhara.
Der Saal war beeindruckend groß. An den Wänden prangten überall lavaglühende Symbole, und auch der Fußboden war über und über mit ineinander verschlungenen Mustern verziert. Es sah so aus, als habe man hier einen Verrückten gefangen gehalten und sich nach Herzenslust austoben lassen. Die Decke war mindestens zehn Ellen hoch und wurde von Pfeilern getragen, die
wie gigantische Tierknochen wirkten. Adhara hätte nicht sagen können, von welchen Tieren sie stammen mochten. Sie sahen aus wie gewaltige Rippen, riesig lange Schienbeine, kolossale Oberschenkelknochen.
»Weißt du, von welchem Tier die sein könnten?«
Adrass schüttelte den Kopf. »Vielleicht auch von solch einem Urwurm oder irgendeinem Tier, das im Zeitalter der Elfen gelebt hat und irgendwann ausgestorben ist.«
An den Wänden reihte sich Regal an Regal, und in der Mitte standen Tische mit langen Platten. Um die Bücher zu schützen, waren vor den Regalen Türen angebracht, deren schwere metallene Beschläge auf dem schwarzen Ebenholz, in das sie eingelassen waren, gespenstisch funkelten. Auch die Gestelle dahinter bestanden aus Tierknochen, die geheimnisvolle, unheimliche Muster bildeten.
Unverzüglich machten sie sich an die Arbeit.
Um sich einen Überblick zu verschaffen, zeichneten sie anhand der unzähligen Beschriftungen an den Regalen eine Art Lageplan der Halle. Schon allein das nahm mehrere Stunden in Anspruch. An diesem Ort war alles zusammengetragen, was in Sachen Schwarze Magie je erdacht und entwickelt worden war, all jene zerstörerischen Eingriffe in die Natur, die sich die Elfen während ihrer Herrschaft über die Aufgetauchte Welt hatten einfallen lassen.
Es war nicht allzu schwierig, die Türen aufzubrechen, denn ihre Festigkeit hatte in den Jahrhunderten gelitten. Bald stieß Adrass auf einige Werke, die ihm bekannt vorkamen.
»Von dem hier besaß ich eine Abschrift in meinem Labor. Und von dem Buch dort war auch immer wieder die Rede. Ich habe es aber nie zu Gesicht zu bekommen.«
Ehrfürchtig fuhr er mit den Fingern über die Buchrücken, streichelte sie wie einen geliebten Menschen. Auch wenn sich nichts daran geändert hatte, dass er ein Mann war, der die Schwarze Magie ausübte und entsetzliche Leichenschändungen vorgenommen hatte, so sah Adhara ihn jetzt doch mit ganz anderen Augen. Nach dem, was sie zusammen durchgemacht hatten, war ihr früheres Bild von ihm zusammengebrochen.
Das erste aufgeregte Umherschauen war bald beendet, denn Adrass vertiefte sich nun in die Lektüre. Er schien ein außerordentliches Gedächtnis zu besitzen. Rasch glitt sein Blick über die Seiten und hielt nur dort inne, wo ihm etwas interessant erschien. Das notierte er auf einem Blatt, das er immer neben sich liegen hatte. Danach stellte er das geprüfte Buch zurück und griff zu einem neuen.
Adhara hatte das Gefühl, ihn bremsen zu müssen.
»Was denn?«, wehrte er sich. »Hier an diesem Ort ist ein unfassbarer Wissensschatz angesammelt. Schon in diesen wenigen Stunden habe ich mehr gelernt als in Jahren des Studiums zuvor.«
»Aber das sind Verbotene Bücher, Adrass.«
Fast erstaunt hob er den Blick und errötete dann. »Ich weiß … Aber auch das Böse kann uns etwas lehren. Oder glaubst du nicht?«
Das war eine Aussage, die irgendwie auch auf ihr Verhältnis zutraf. In der ersten Zeit ihrer gemeinsamen
Reise
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