Die Feuerkämpferin 02 - Tochter des Blutes
zumindest. Adrass war für sie zunächst die Personifizierung allen Übels gewesen, und doch war er es auch, der ihr die Möglichkeit geboten hatte, sich ihrer eigenen Menschlichkeit zu versichern.
»Außerdem suche ich nach etwas ganz Bestimmten. Das weißt du doch. Und nur darauf konzentriere ich mich«, fuhr er mit ernster Miene fort.
»Danke …«, murmelte sie ein wenig verlegen.
»Ich denke, das bin ich dir schuldig.«
Die Antwort auf all ihre Fragen erhielten sie am nächsten Tag. Adhara war gerade dabei, noch einmal zu überprüfen, wie lange ihr Proviant noch reichen würde – zwei Tage noch, schätzte sie, vielleicht auch drei oder vier, wenn sie sich nur mit dem Allernötigsten kräftigten, und zum Glück war das Trinken kein Problem, Wasser gab es hier unten mehr als genug. Als sie den Blick hob und Adrass sah, erschrak sie fast, denn mit bleicher Miene, ein Buch in den Händen, saß er wie entgeistert da.
»Ich hab’s gefunden«, murmelte er.
Ein Schwindel überkam sie, und ihr Herz setzte einen Schlag aus. Vielleicht war das ihre Rettung.
»Sieht so aus, als hätten wir einen großen Fehler gemacht, als wir dich schufen. Es ist uns nicht gelungen, Körper und Geist aufeinander abzustimmen.«
»Und das bedeutet …?«
»Es ist nicht so, dass es dein Fleisch ins Grab zurückdrängt, sondern dein Körper nimmt deinen Geist und deine Seele als etwas Fremdes wahr.«
Adhara lächelte fast spöttisch. »Das heißt also, ich
besitze tatsächlich eine Seele und bin mehr als ein bloßer Gegenstand, das Ergebnis eines Experiments?«
Als sie den Ernst in Adrass’ Miene sah, die Andeutung von Trauer in seinen Augen las, bedauerte sie diesen höhnischen Unterton in ihrer Stimme.
»Mir ist sehr viel klargeworden in den Tagen, die ich hier unten mit dir verbracht habe. Ich habe Dinge erkannt, die ich zuvor nicht wahrhaben wollte. Wünschst du dir, dass ich bereue, was ich getan habe? Ja, das tue ich. Ich bereue all das Leid, das ich dir zugefügt habe. Ich bereue, was ich in dir gesehen und wie ich dich behandelt habe, seit ich dich schuf. Was ich aber nicht bereue, ist die Tatsache, dich ins Leben zurückgeführt zu haben. Dass du lebst, nur das werde ich niemals bereuen.«
»Sprich weiter«, flüsterte Adhara.
»Es gibt da einen Ritus, der deinem Leid ein Ende machen kann. Doch ist er nur auf jemanden anwendbar, der wie du eine Sheireen ist.«
»Warum?«
»Weil es sich darum dreht, Shevrars Siegel herabzuflehen.«
Adhara schaute ihn nur fragend an.
Und Adrass versuchte, es ihr genauer zu erklären. »Es geht darum, eine Art göttlichen Segen für dich zu erbitten, und zwar an einem Ort, wo Shevrars oder Thenaars Gegenwart besonders stark ist. Nun habe ich mich, als ich dich schuf, eines Sakrilegs schuldig gemacht. Daran lässt sich nicht mehr rütteln. Und damit bist du ein Ausfluss Schwarzer Magie. Aus diesem Grund könnte dir der Gott den Segen auch verweigern.«
Adrass schwieg, und Adhara sah, dass seine Hände zitterten.
»Aber …?«, drängte sie ihn, weiterzusprechen.
»Aber andererseits bist du tatsächlich Sheireen, die Geweihte. Du gehörst Thenaar, du bist sein Geschöpf. Aus diesem Grund glaube ich nicht, dass er dich zurückweisen wird.«
»Und wenn doch?«
Adrass seufzte und ballte krampfhaft die Fäuste.
»Dann werden wir beide sterben«, antwortete er geradeheraus.
Adhara blickte auf den Stumpf ihres Armes. Leider geschah es in ihrer Geschichte zu häufig, dass sie keine andere Wahl hatte.
»Dies oder der sichere Tod, nicht wahr?«
Adrass beließ es bei einem Nicken.
Adhara schaute ihn nachdenklich an. »Einverstanden. Wo müssen wir hin?«
»Es ist nicht weit«, antwortete er mit einem Lächeln und einem seltsamen Strahlen in den Augen.
26
Die Geweihte
W ir müssen zu einem elfischen Tempel, einem Shevrar geweihten Tempel genauer gesagt«, erklärte Adrass.
»Und du meinst, der liegt nicht weit entfernt?«
»Doch, sehr weit entfernt, aber es ist kein langer Weg für uns, und wir werden auch nicht lange brauchen.«
Adhara verstand immer noch nicht, worauf er hinauswollte, aber es schien im geradezu Spaß zu machen, sie ein wenig auf die Folter zu spannen.
»Der Tempel, den ich im Sinn habe, liegt nicht in der Aufgetauchten Welt. Eigentlich liegt er an keinem sichtbaren Ort, denn es handelt sich um eine Art magischen Raum, in den die Elfen den Tempel versetzt haben, als sie aus der Aufgetauchten Welt vertrieben wurden.«
»Aber die acht Heiligtümer, in
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