Die Feuerkämpferin 02 - Tochter des Blutes
Tagen saßen sie gefangen, und mittlerweile war auch bei ihr die Wirkung des Zaubertranks verflogen. Zunächst war sie mit Adhara eingesperrt worden, aber als dann ihr wahres Gesicht zum Vorschein kam, hatte ein Soldat sie erkannt. Schnell ließ man sie frei und behandelte sie mit allen Ehren, doch unbeeindruckt davon, war sie bei erstbester Gelegenheit davongelaufen. Sie kam nicht weit, und so sperrte man sie wieder ein und wartete nun darauf, dass man sie abholen und zur Königin bringen würde.
Die Mädchen hockten in einer Art Holzkäfig. Adhara warf wieder einmal einen Blick auf ihre Handgelenke, die mit einem einfachen Hanfseil gefesselt waren. Mit ein wenig Anstrengung hätte sie sich vielleicht befreien
können, doch im Moment hatte sie weder Kraft noch überhaupt Lust zu fliehen.
Nach einem weiteren Anfall fühlte sie sich einfach nur matt und ausgelaugt; diese mittlerweile rundum tiefrote Hand ließ ihr keine Ruhe mehr.
»Was hast du dir nur dabei gedacht? Darf man das vielleicht mal erfahren? Wenn du unbedingt sterben willst, ist das deine Sache, aber warum hast du mich da mit hineingezogen? Du hättest mir auf alle Fälle die Möglichkeit geben müssen, rechtzeitig abzuhauen und meiner Wege zu gehen!«
Tja, was hatte sie sich nur dabei gedacht? Welch verrückte Idee war ihr da gekommen. Sie konnte es sich selbst nicht mehr erklären. Sie hätte doch wissen müssen, dass niemand sie anerkennen und sie den Leuten nur eine wahnsinnige Angst einjagen würde. Denn Elyna, das Mädchen, das sie einmal gewesen war und das diese Menschen geliebt hatten, gab es nicht mehr, war für alle längst zu Grabe getragen worden.
Jetzt packte Amina sie am Hemdkragen und fuhr sie an: »Tu nicht so unschuldig! Antworte mir endlich!«
Adhara hob den Blick und schaute die andere aus leeren Augen an. Ja, eine Erklärung schulde ich ihr schon, überlegte sie.
»Willst du die Wahrheit wissen?«, fragte sie, während ihr ein gequältes Lächeln über das Gesicht huschte. Amina blickte sie verständnislos an. »Dann setz dich, es ist eine lange Geschichte und keine besonders schöne.«
Sie erzählte alles, brutal und ungeschönt, ließ keine Einzelheit aus, begann mit den Verliesen der Erweckten,
wo das, was sie heute war – was auch immer es sein mochte – aus totem Fleisch geschaffen wurde. Sie erklärte Amina, was es mit der Sekte auf sich hatte, setzte ihr auseinander, wozu sie imstande war. Und schließlich erzählte sie von Kairin und versuchte dabei, mehr noch für sich selbst als für die andere zu klären, was da in sie gefahren war und was sie bezweckt hatte.
»Plötzlich sah ich eine Chance und wollte sie nicht ungenutzt verstreichen lassen«, gestand sie. »Ich habe mich nach einem ganz normalen Leben gesehnt, und als mir Kairin von seiner unvergänglichen Liebe zu Elyna erzählte und ich entdeckte, was das mit mir zu tun hatte, dachte ich, das könnte für mich der Beginn eines neuen Lebens sein. Um noch mal ganz von vorn anzufangen oder an einer Stelle weiterzumachen, wo dieses Leben so jäh unterbrochen worden war.«
Sie schwieg, und Stille hüllte sie beide ein. Nur das Rauschen der Baumkronen über ihnen war zu hören.
Amina saß reglos in einer Ecke des Käfigs und stierte vor sich hin. »Wann gedachtest du mir deine Geschichte denn zu erzählen?«, fragte sie und blickte zu Adhara auf.
»Ich weiß nicht. Bis jetzt hatte es sich nie ergeben. Ich habe das alles ja selbst erst kurz nach dem Tod deines Vaters erfahren. Und danach hatten wir immer nur unsere Flucht im Kopf.«
Amina lächelte höhnisch. »Erzähl mir doch nichts. In Wahrheit hattest du von Anfang an nie vor, mich einzuweihen.«
»Dann versetz dich doch mal in meine Lage. Wie hättest du dich denn verhalten? Kannst du nicht verstehen,
dass ich lieber vergessen wollte, auf welche Weise ich zur Welt gekommen bin? Wahrscheinlich habe ich deshalb nicht mit dir darüber geredet.«
»Nein, du hast mir nie getraut! Das ist es. Seit wir zusammen unterwegs sind, grübelst du darüber nach, wie und wo du mich am besten wieder loswirst. Du hättest mich irgendwo zurückgelassen«, erwiderte die Prinzessin giftig.
»Das ist nicht wahr. Aber du hattest eigentlich gar nichts damit zu tun…«
»Und doch hättest du es mir sagen müssen. Was hast du denn befürchtet? Dass ich dich verrate? Jedenfalls hast du deine Geheimnisse alle schön für dich behalten, während ich mich für dich in Gefahr gebracht und dich aus Theanas Fängen befreit habe. Und
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