Die Feuerkämpferin 02 - Tochter des Blutes
gesehen hatte. Mit dem gleichen verlorenen Blick.
Adhara spürte, wie ihr die Knie weich wurden. Nur mit äußerster Willensanstrengung konnte sie sich auf den Beinen halten, weil der eigene Körper ihr kaum noch gehorchte.
Wochenlang hatte sie darüber nachgegrübelt, was sie zu ihm sagen würde, wenn sie ihn träfe, wie sie es anstellen könnte, ihn von seinem Weg abzubringen, und jetzt, da er ihr gegenüberstand, brachte sie kein Wort heraus. Es war ihr Herz, das nicht mitspielte, ihr Herz, das nun zum zweiten Mal fast stehenblieb.
Nicht jetzt !
Er schien sie nicht zu erkennen, starrte sie nur wie ein wildes Tier an. Um den Hals trug er ein kunstvoll gearbeitetes
Medaillon aus schwarzem Kristall mit einem Edelstein in der Mitte, der purpurrot funkelte, vielleicht ein Widerschein der Flammen, vielleicht auch aus eigener Kraft. Adhara hätte es nicht sagen können.
Bemüht, nicht dem Schmerz nachzugeben, der ihr die Brust zerriss, rief sie ihm entgegen: »Wie kannst du das nur tun? Du bist ein Mensch, und auf der Seite der Menschen müsstest du kämpfen, so wie du es früher getan hast.«
Amhal antwortete nicht, hob nur langsam sein Schwert und stellte sich zum Angriff auf. Adhara war sofort klar, dass sie, wenn es zum Kampf käme, nicht den Hauch einer Siegeschance haben würde. Und während sie noch verzweifelt überlegte, wie sie ihn aufhalten könnte, geschah es. Ein schriller Schrei, und eine weitere Gestalt tauchte aus den Flammen auf, die Adhara auf Anhieb erkannte: Amina. Sie stieß Adhara zu Boden und stürzte sich schreiend auf Amhal.
Der Krieger war so überrascht, dass er einen Moment ins Stolpern geriet, während Amina ihn mit einem Schwert, das sie irgendwo aufgelesen hatte, wild fuchtelnd attackierte.
»Verräter!«, schrie sie. »Du hast meinen Vater umgebracht!«
Sie kämpfte ohne irgendeine Technik, nur mit der Kraft der Verzweiflung, eben der Kraft, die sie auch ihren Gewaltmarsch hatte durchhalten lassen. Natürlich dauerte es nicht lange, bis Amhal sich Respekt verschafft hatte. Eine Parade, ein Angriff, dann flog Aminas Waffe in hohem Bogen fort, während sie selbst laut aufstöhnend zu Boden ging. Er schien sie verwundet zu haben,
offenbar am Bein. Amhals Gesicht verriet keinerlei Regung. Er hob das Schwert, um ihr den Gnadenstoß zu versetzen.
Da nahm Adhara alle ihre Kräfte zusammen und warf sich dazwischen. So schaffte sie es, mit ihrer Klinge den Hieb aufzuhalten, doch der Schlag war so heftig, dass sie einen Moment ihr Handgelenk nicht mehr spürte. Sie stemmte sich dagegen und schaffte es, nicht zurückzuweichen.
»Bist du wahnsinnig?!«, schrie sie. »Siehst du nicht, das ist die Prinzessin, ein halbes Kind!«
Kurz veränderte sich Amhals Blick, so als streife ihn eine Erkenntnis. Doch sie drang nicht zu ihm durch, denn im nächsten Moment zeigten seine grünen Augen wieder die gleiche erbarmungslose Kälte wie zuvor. »Weg da«, zischte er.
Adhara stieß sein Schwert fort und ging auf sicheren Abstand zurück. Sie schwankte.
Ich bin zu schwach. Das schaffe ich nicht .
Aber aufgeben durfte sie nicht. Allein schon, um Amina zu retten, die schwer atmend am Boden hinter ihr lag. Auf unsicheren Beinen versuchte sie, sich zum Kampf aufzustellen, doch die Waffe in ihren Händen zitterte. Ihre Linke war völlig taub und die Schmerzen in der Brust nicht auszuhalten. Und doch stürzte sie sich mit einem Schrei auf Amhal, der mit einer kurzen Bewegung zur Seite diesem ungeschickten Vorstoß auswich, sofort zurückschlug und sie mit dem Knauf seines Schwertes zwischen den Schulterblättern traf. Der Schlag nahm ihr den Atem, sie stürzte und fiel mit dem Gesicht in den Schlamm.
Steh auf und kämpfe!
Sie fuhr herum und stieß dabei das Schwert in die Höhe, ein viel zu schwacher Angriffsversuch, der Amhal nicht einmal streifte.
»Hör auf, Amhal. Ich bin’s doch, Adhara. Du musst mich doch erkennen!«, rief sie verzweifelt.
Wieder durchlief ein Schauer ihren Körper und ließ das Schwert in ihrer Hand erzittern.
»Du kannst doch nicht alles vergessen haben, was wir einmal geteilt haben?«
Sie spürte, wie die Kräfte sie verließen und das Schwert ihren Fingern entglitt. Ihr Arm war völlig taub, und sie kauerte sich auf dem Boden zusammen. Jetzt konnte sie nur noch beten, dass er sich vielleicht doch an sie erinnerte, dass er nicht völlig ausgelöscht hatte, was sie einmal so eng verband. Doch nichts, kein Wiederkennen, flackerte in seinen Augen auf.
Das ist das Ende
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