Die Feuerkämpferin 02 - Tochter des Blutes
Mutter die Prinzessin aufgezogen hatte, waren der Grund dafür, dass nie eine engere Bindung zwischen ihnen entstanden war. Dabei war Dubhe von der Kleinen immer entzückt gewesen, sie hatte sogar immer etwas in ihr gesehen, was ihr zu denken gab. Und nun wusste sie auch, was es war.
Amina ähnelte auf verblüffende Weise dem Mädchen, das sie selbst einmal gewesen war. Beiden war ein besonderes Misstrauen der Welt gegenüber eigen, und nicht selten kam es vor, dass sie sich in ihrem Umfeld als Außenseiter empfanden. Sie, Dubhe, hatte Learco gefunden, der ihr dabei geholfen hatte, sich einen Platz im Leben zu erobern. Doch Amina war allein – und dazu auch noch in einem schwierigen Alter.
Allerdings schien sie sich nach ihrer Aussprache völlig verändert zu haben. Irgendwelche Anzeichen von Auflehnung waren bei Amina nicht mehr zu bemerken, ganz im Gegenteil schien sie einen endgültigen Entschluss, eine Art Lebensentscheidung getroffen zu haben. Und an diese hielt sie sich so unbeirrt, dass Dubhe sich mittlerweile schon fragte, ob es überhaupt ratsam wäre, sie nach Hause zu schicken. Natürlich sprach einiges dafür: Immerhin befanden sie sich hier mitten im Kriegsgebiet, und sie selbst zog auch immer wieder in die Schlacht, vor allem bei gewagten militärischen Operationen, wenn ihre Truppen einen charismatischen Anführer brauchten. Aber andererseits: Was würde Amina nach ihrer Rückkehr in Neu-Enawar erwarten? Durch Kalth, der ihr häufig schrieb, war Dubhe darüber informiert, dass Aminas Mutter Fea mittlerweile völlig verwirrt war und nicht mehr für sich selbst sorgen konnte. Wie hätte sie da mit dem störrischen Charakter ihrer Tochter fertigwerden oder auch nur für sie da sein sollen, um ihr zu helfen, diese schwierige Zeit unbeschadet zu überstehen? Kalth ging völlig in seinen höfischen Pflichten als neuer Regent auf, und man konnte nicht von ihm verlangen, dass er sich in dieser Situation
auch noch um die Schwester kümmerte. Und der Palast selbst war wie ausgestorben. Kein Wunder also, dass Amina davongelaufen war.
Hier ist es aber auf alle Fälle zu gefährlich für sie , schloss Dubhe regelmäßig diese Gedankengänge ab, was dazu führte, dass das Problem ungelöst blieb.
Noch zehn Tage dauerte es, bis Amina reisefähig war. Und nun gab es keinen Vorwand mehr, die Entscheidung aufzuschieben. So beschloss Dubhe, mit ihr zu reden, um herauszufinden, was die Enkelin im Sinn hatte.
Sie lud Amina zum Abendessen in ihr Zelt ein, obwohl sie normalerweise die Mahlzeiten im Kreis der Offiziere und Soldaten einnahm. Ihre Männer sprachen sie mittlerweile mit »General« an, und obwohl scherzhaft gemeint, verriet es doch, wie selbstverständlich sie Dubhe längst als eine der Ihren betrachteten. Doch dies war womöglich Aminas letzter Abend in dem Feldlager, und Dubhe wollte ihn mit der Enkelin verbringen, um sie noch einmal spüren zu lassen, wie sehr ihr deren Schicksal am Herzen lag.
Sie aßen mit großem Appetit und unterhielten sich angeregt. Amina war neugierig, zu erfahren, wie das ganze Feldlager organisiert war, und wollte alles über die Kriegsführung wissen. Dubhe tat ihr den Gefallen und antwortete ausführlich, mit vielen Einzelheiten, auf alle Fragen. Beiden war schon immer eine besondere Leidenschaft für Waffen und Gefechte zu eigen gewesen.
»Ich habe deine Genesung verfolgt und denke, dass du mittlerweile wieder ganz gut laufen kannst«, wechselte Dubhe irgendwann das Thema.
Amina horchte auf. Sie drückte den Rücken durch, und ihr Gesicht wurde ernst. Natürlich hatte sie sofort begriffen, worauf die Großmutter hinauswollte. Dubhe überlegte, dass sie es verdient hatte, ohne lange Vorreden die Wahrheit zu erfahren.
»Ich denke, es wird Zeit für dich, nach Hause zurückzukehren«, erklärte sie trocken und beobachtete dann, wie Amina reagierte, wobei sie auf eine Szene oder zumindest heftige Proteste gefasst war.
Doch die Enkelin sah sie weiterhin nur mit diesem ernsten Gesichtsausdruck an und fragte dann ganz ruhig: »Darf ich dir erklären, warum ich das für keine gute Idee halte?«
Dubhe nickte verwundert.
Amina schien sich ihre Worte während der Genesungszeit gut überlegt zu haben, denn sie trug sie jetzt so sicher und präzise vor wie auswendig gelernt.
»Ich weiß, du bist der Meinung, mein Platz sei bei meiner Mutter und meinem Bruder, und vielleicht hast du damit sogar Recht. Zumindest von deinem Standpunkt aus. Nach allem, was du mit mir erlebt
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