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Die Feuerkämpferin 02 - Tochter des Blutes

Titel: Die Feuerkämpferin 02 - Tochter des Blutes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Licia Troisi
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nicht nahegegangen, all die Toten auf den Straßen, sie hätten mich kaltgelassen, all die Verzweifelten und Notleidenden, von denen ich umgeben war?«, fuhr er fort, wobei er sie schwach anlächelte. »Du hast ja keine Vorstellung, wie ich mich gefühlt habe, als ich die Substanzen zusammengetragen habe, die ich für deinen Ritus brauchte. Die Nymphe zum Beispiel war auf offener Straße von Leuten massakriert worden, die hinter ihrem Blut her waren. Ein entsetzliches Schauspiel.«

    Adhara bemerkte, dass seine Hände leicht zitterten. Sie senkte den Blick. »Du verstehst es gut, solche Gefühle nicht durchblicken zu lassen«, bemerkte sie, fast so, als wolle sie sich entschuldigen.
    Er sah ihr fest in die Augen. »Es war das Erste, was man uns Erweckten beibrachte. Jedes Mitleid mit euch zu unterdrücken. Man lehrte uns, nur Objekte in euch zu sehen, Ansammlungen einzelner Glieder, ohne Seele und ohne freien Willen. Wem diese einfache Übung nicht gelang, der hatte in unserem Kreis nichts zu suchen. Du kannst dir nicht vorstellen, wie viele schlaflose Nächte ich anfangs verbracht habe. Wie es mir zusetzte, solch ein Mädchen leiden zu sehen, während ich versuchte, Sheireen zu erschaffen.«
    »Warum bist du überhaupt zu den Erweckten gestoßen? Wie kamst du dazu, dich mit solchen Leuten zusammenzutun?«, fragte Adhara.
    Adrass schüttelte den Kopf. »Es ging mir um die Aufgabe. Um die Aufgabe und ein Ziel. Ich war der Letztgeborene einer Familie von Kriegern. Mein Vater und meine älteren Brüder hatten es zu Drachenrittern gebracht, meine Schwester zu einer tüchtigen Magierin. Ich aber zeigte auf keinem dieser Felder ein besonderes Talent. Die Erfolge meiner Familienmitglieder hemmten mich, und ich spürte, dass es in meinem Leben nicht vorwärtsging. In den Augen von Dakara aber, dem Gründer der Erweckten, erkannte ich eine solche Leidenschaft, etwas so Starkes und Faszinierendes, dass ich mich ihm anschloss. Als ich ihm das erste Mal begegnete, sagte er zu mir: ›Thenaar hat eine Aufgabe für dich. Thenaar hat für alle Gläubigen eine Aufgabe. Du
sollst uns bei der Verwirklichung des kühnsten Planes helfen, den die Aufgetauchte Welt jemals gesehen hat.‹ Er wollte mich in seinen Reihen wissen, weil ich mich besser als andere in der Kräuterkunde auskannte. Zuvor hatte ich mit dieser Gabe nichts anzufangen gewusst, aber bei diesem Priester war sie nun gefragt und geschätzt. Ich verstand mich darauf, zu heilen, und mir gelangen Dinge, die anderen verschlossen blieben. Der Eintritt in die Schar der Erweckten war der Wendepunkt in meinem Leben: Der Glaube schenkte mir die Überzeugung, dass mein Leben einen Sinn hatte, dass auch ich zu etwas Höherem befähigt war. Und dieses Gefühl war mir bis zu diesem Zeitpunkt völlig unbekannt gewesen. Es war aufregend, mich als Teil eines großen Planes fühlen zu dürfen, als ein Rädchen in einem mächtigen Getriebe, das Geschichte schreiben sollte. Es war fantastisch. Die Erweckten konnten mir sagen, wozu ich auf der Welt war, woran ich glauben, wem ich mich unterwerfen sollte. Für Zweifel war kein Platz mehr in meinem Leben. Alles war wunderbar klar und festgefügt, eindeutig und vorherbestimmt.«
    Adhara, die nur allzu gut wusste, wie quälend es war, hin und her gerissen zu werden, verstand, was Adrass ihr da erklärte. »Aber als du dann gesehen hast, wozu man dich zwingen würde, hättest du auch austreten können. Warum hast du es nicht getan?«
    Adrass lächelte betrübt. »Das war eben der Preis, den ich für dieses herrliche Gefühl der Sicherheit bezahlen musste. Und außerdem würdest du dich wundern, wie leicht es gelingt, jedes Gefühl auszulöschen und im anderen nur noch ein Werkzeug zu sehen, vor allem
dann, wenn man überzeugt ist, auf der richtigen Seite zu stehen.«
    »Das heißt, es ist dir leichtgefallen, kein Mitleid mit mir zu haben?«, fragte sie mit zitternder Stimme.
    Adrass blickte sie lange, fast verlegen an. »Es war doch für ein höheres Ziel«, murmelte er dann.
    »Und wenn du mich ansahst, während du diese abscheulichen Dinge mit mir anstelltest, war ich da wirklich nichts anderes als der Gegenstand eines Experiments für dich?«
    Sie sah, dass etwas in seinen Augen aufflackerte, ein Hauch von Zweifel, etwas, das er lange Zeit nicht mehr empfunden hatte.
    »Du bist meine Schöpfung und damit für mich das Wichtigste auf der Welt«, erklärte er ausweichend.
    Adhara seufzte leise und gab sich mit der Antwort zufrieden.
    Sie kamen

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