Die Feuerkämpferin 02 - Tochter des Blutes
lange an. »Ich gehe da nicht mehr hinein«, erklärte sie dann entschlossen. »Selbst wenn dadurch meine Hand zu retten wäre.«
»Dann gehe ich eben allein.«
»Du hast ja keine Ahnung … Diese Ungeheuer stürzen sich sofort auf alles, was sich bewegt.«
»Dann musst du mir eben den Rücken freihalten. Du beherrschst alle Zauber, die dazu nötig sind«, erklärte er und lächelte.
So bezog Adhara am Eingang der Halle Stellung und ließ zunächst einmal zwischen den Händen eine Leuchtkugel entstehen, um die Finsternis zu vertreiben, während sich Adrass hineinwagte. Es war alles so wie vor einigen Tagen: Das Wasser plätscherte zwischen den Regalen und ließ nichts von den Gefahren erahnen, die sich dort verbargen.
Doch kurz darauf glitzerte es unheimlich im Höhleninnern, und Adhara zuckte zusammen. Ohne auch nur einen Moment zu überlegen, handelte sie: Ein Wort, und auf magische Weise angelockt, tauchte eine Seeschlange aus dem Wasser auf, während gleichzeitig ein Zaubernetz hervorschoss und das Tier umwickelte, so dass Adhara es nur noch aufs Trockene zu ziehen brauchte. Im Schein der magischen Kugel sah es noch furchterregender aus, als sie diese Ungeheuer in Erinnerung hatte.
Bald lagen drei Seeschlangen beim Eingang des Saales und zappelten im Todeskampf.
Irgendwann tauchte auch Adrass keuchend, mit einer Steintafel in den Händen, wieder bei ihr auf. »Sieh mal, das hier werden wir sicher noch brauchen können!«, rief er.
Adhara spürte einen Kloß im Hals, und sie fragte sich ängstlich, ob diese Platte ihre Hand retten oder deren Verlust besiegeln würde.
Als sie weiterliefen, merkten sie bald, dass der Gang immer schmaler wurde. Näher und näher rückten die gegenüberliegenden Bögen der Spirale, in der die Bibliothek erbaut war, ein Zeichen, dass sich die Schneckenlinie, der sie folgten, in immer kürzeren Abständen um sich selbst drehte.
»Die ganze Bibliothek ist ein einziger Trichter«, bemerkte Adrass irgendwann. »Je tiefer wir kommen, desto enger wird es.«
»Glaubst du, dass die Abteilung, die wir suchen, ganz unten liegt?«, fragte Adhara, während sie sich bei einem Bogen vorlehnte und hinunterschaute.
»Ich hoffe nicht«, antwortete Adrass, während er sich den Schweiß von der Stirn wischte. Es war heiß geworden, und ein durchdringender Schwefelgeruch lag in der Luft.
Sie hatten keine Vorstellung, wie viel Zeit seit dem Betreten der Bibliothek vergangen war. Jedenfalls kam es ihnen so vor, als hielten sie sich schon eine Ewigkeit dort unten in der Finsternis auf, und es beschlich sie die Befürchtung, der Weg hinunter werde niemals enden.
Wieder durchquerten sie eine andere Abteilung der Bibliothek. Auf der Tafel über dem Eingang stand: ZAUBERTRÄNKE.
»Hier kommen wir der Sache schon näher«, bemerkte Adrass mit einem spöttischen Lächeln. Die Regale aus massivem Ebenholz waren ganz mit Spinnenweben, so
dicht wie schwere Vorhänge, überzogen. Auch am Boden hatten sie sich ausgebreitet und behinderten das Weiterkommen. Einige Male strauchelte Adhara und wäre fast gestürzt.
»Halt dich an mir fest«, bot Adrass ihr an und führte sie durch dieses Labyrinth, während sie im Griff seiner Hand eine Art väterliche Wärme spürte. Umsichtig wies er ihr den Weg und ertastete mit dem Fuß, wo es sich am leichtesten lief.
Eine Fürsorglichkeit, die nur seiner bedingungslosen Hingabe an seine Mission geschuldet ist, weiter nichts , sagte sich Adhara immer wieder, konnte aber nicht so recht daran glauben.
Als sie rasteten, um etwas zu essen, blickte Adrass sie anders an, als sie es von ihm gewohnt war. Fast mit Zuneigung. »Was geschah eigentlich mit dir, nachdem San den Versammlungsort der Erweckten zerstört hatte? Ich weiß gar nichts darüber …«, fragte er sie.
Adhara erzählte ihm von ihrem Erwachen auf der Wiese, von den Empfindungen, die jene Tage geprägt hatten. Und dann von Amhal. Längst versuchte sie, nicht mehr daran zu denken, welche Gefühle er in ihr wachgerufen und wie viel er ihr bedeutet hatte. Immer wenn er ihr in den Sinn kam, rief sie sich schnell sein Gesicht in Erinnerung, als er kurz davor gewesen war, Amina zu töten. Das ermöglichte ihr besser als alles andere, jedes Verständnis für ihn zu ersticken und die Liebe zu ihm tief in ihrem Herzen zu begraben.
»Er … er hat mir einen Namen gegeben«, erklärte sie schließlich. »Und das war für mich, als würde ich erst in diesem Augenblick geboren. Ich war nicht mehr das
unbekannte
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