Die Feuerkämpferin 03 - Im Land der Elfen
Laodamea, wo der Gemeinsame Rat tagen sollte, überfallen.
Es war mitten in der Nacht. Plötzlich hatte sie Schreie von Lindwürmern am Himmel gehört, Fackeln flammten auf und erhellten die Dunkelheit. Und schon fielen die Elfen, die in dieser Gegend patrouillierten,
lautlos wie Schatten, über sie her. Im Schein der Fackeln hatte Theana mit ansehen müssen, wie sie, Furien ähnlich, über die beiden Soldaten herfielen, die sie beschützen sollten, und ihnen die Kehle durchschnitten. Noch bevor Theana reagieren und einen Verteidigungszauber sprechen konnte, traf sie ein Lanzenhieb, der sie aber nicht tötete, sondern nur bewusstlos werden ließ. Offenbar hatte der Anführer der Patrouille in ihr die Hohepriesterin erkannt und es für ratsam gehalten, sie zu verschonen und als Gefangene in Kryss’ Lager zu verschleppen.
Dort war ihnen San über den Weg gelaufen, der ihre Bewacher gezwungen hatte, ihm die Frau zu überlassen und nicht dem König auszuliefern.
Nun war Theana ganz in seiner Macht. Hätte sie über ihre magischen Fähigkeiten verfügen können, hätte sie vielleicht eine Chance gegen ihn gehabt, selbst wenn sie um die überaus große Macht Sans wusste. Doch das Seil, mit dem er sie gefesselt hatte, war mit einem Zauber getränkt, der jeden anderen Zauber unmöglich machte.
»Warum bringst du es nicht hinter dich und tötest mich einfach?«, zischte sie.
»Was hätte ich davon? Würde ich dich hier umbringen und deine Leiche den wilden Tieren zum Fraß vorwerfen, erführe niemand etwas davon. Aber du bist wie Dubhe, ein Symbol für dein Volk. Und du weißt ja, was der Elfenkönig mit ihrer Leiche angestellt hat.«
Allein schon bei der Erinnerung daran überkam ein unbändiger Zorn Theana.
»Und zu Kryss werde ich dich auch bringen«, fuhr
San fort. »Er wird entscheiden, was mit dir geschehen soll. Aber zuvor gönne ich mir noch das Schauspiel, die letzte große Persönlichkeit der Aufgetauchten Welt zu beleidigen und zu erniedrigen.«
Theana wurde vom Zorn überwältigt. Sans Gesicht hatte immer noch viel von dem Jungen, der er einmal gewesen war. In seinen Zügen, seinem Blick erkannte sie das verängstigte, aber auch zähe Kind wieder, das sie viele Jahre zuvor kennengelernt und sogar beschützt hatte, obwohl sie damals schon etwas Finsteres von ihm ausgehen spürte.
»Wie konntest nur?«, flüsterte sie. »Dubhe, Learco … Sie haben dir das Leben gerettet. Ohne sie wärest du jetzt nicht hier. Ganz zu schweigen von deiner Großmutter, deiner Familie, für die Ido alles gegeben hat.«
San fuhr herum. »Wag es nicht noch einmal, seinen Namen in den Mund zu nehmen!«
»Und ob ich das tue. Du bist es, der noch nicht einmal würdig ist, an ihn zu denken. Du hast ihn verraten, und das auf die schlimmste Weise, die man sich überhaupt vorstellen kann.«
Da riss San sein Schwert aus der Scheide und hielt ihr die Spitze an die Kehle. Schon rann ein Blutstropfen über die Klinge. »Du weißt überhaupt nicht, wovon du redest. Du weißt nicht, was ich in all den Jahren durchgemacht habe, wie öde und leer mein Leben war. Vor allem aber weißt du nichts über Ido. Du kannst noch nicht mal erahnen, was er mir bedeutet hat.«
Theana ließ sich nicht erschrecken. Was sie im Land des Windes mit ansehen musste, hatte sie jede Angst verlieren lassen. Eigentlich war sie damals schon gestorben,
an dem Tag, an dem sie nichts tun konnte, um dieses Volk zu retten.
»So viel wird es nicht gewesen sein, wenn es dir so leichtgefallen ist, ihn und sein Andenken zu verhökern. Wie hoch war dein Preis? Was hast du dafür bekommen? Macht? Ruhm?«
San lächelte höhnisch und steckte ruhig sein Schwert zurück. »Du tust mir leid. Sehr verändert hast du dich übrigens nicht. Du bist immer noch das einfältige junge Mädchen von damals. Deshalb kannst du auch nicht verstehen, warum ich all das nur für Ido tue. Bald wird jeder meiner Schritte einen Sinn bekommen. Bald wird er wieder bei mir sein.«
Theana blickte ihn fragend an, bis ihr plötzlich etwas dämmerte, etwas Unheimliches. Sie begann zu stammeln.
»Nein, nein … das kann er dir nicht versprochen haben …«
San lächelte. »In den Grenzen deiner billigen Magie ist so etwas natürlich nicht vorgesehen, nicht wahr? Diese verdammten Regeln, die ihr euch gegeben habt und denen ihr stumpfsinnig folgt – die natürliche Ordnung nicht verletzen, die Gesetze des Universums nicht in ihr Gegenteil verkehren – sind sinnlose Fesseln, die die wahre Macht
Weitere Kostenlose Bücher