Die Feuerkämpferin 03 - Im Land der Elfen
Morgen.
Als sie jetzt Shyras Zelt betrat, hätte sie die Elfe fast nicht wiedererkannt. Sie trug die Rüstung ihrer Heimat, einen leichten Brustpanzer, der mit breiten Schulterriemen befestigt war, zwei Armschienen, die bis zu den Ellbogen reichten, sowie lange Lederstiefel bis über die Knie. Der Brustpanzer aber war bemalt, mit einem Kreis, der acht kleinere Ringe von unterschiedlicher Farbe umschloss: blau, schwarz, grau, braun, weiß, himmelblau, rot und Gold. Es waren die Farben der Elfensteine des Talismans der Macht und das Zeichen, unter dem die Soldaten der Aufgetauchten Welt in diese Schlacht ziehen würden. Auf dem Kopf trug Shyra einen Helm, der mit einem anderen Symbol – sich verflechtenden Blitzen – verziert war. Sehr imposant sah sie aus, furchterregend und wunderschön. Wie für den Kampf geboren.
»Bist du fertig?«, fragte sie.
Adhara spürte ihr Herz in der Brust schneller schlagen. Sie nickte. »Ja, es wird Zeit.«
Von einer kleinen Anhöhe hinter der Stadt aus überblickte Kryss das Schlachtfeld. Der Himmel war bleiern, und die kalte Luft schnitt ins Gesicht. Es sah nach Schnee aus. Vor dem Hintergrund der schweren Wolken, kreuzten feuerspeiende Lindwürmer und Drachen am Himmel. Am Boden ein Gewimmel von Lebewesen, die aufeinander einstürmten. Von seinem Standpunkt aus betrachtete, wirkte die Szene seltsam still. Es hatte etwas Fabelhaftes, dieses Schauspiel, die äußerste Vollkommenheit des Todes.
Meinetwegen kämpfen sie, nur meinetwegen, sagte sich der König und tiefe Ergriffenheit weitete ihm die Brust.
Am Morgen hatte ihn ein weiterer Hustenanfall niedergeworfen, und diesmal war es ihm wie eine Ewigkeit vorgekommen, bis er wieder Luft bekam. Den großen Bedenken des Priesters zum Trotz hatte er die Kräuter, die dieser ihm verschrieben hatte, alle auf einmal eingenommen. Heute war sein großer Tag, heute musste alles perfekt sein. Er war nur noch eine Handbreit vom Ziel entfernt. Noch einige wenige Pinselstriche, und sein grandioses Gemälde wäre fertig, sein Ruhm ewig. Und es war unwichtig, dass sein Körper ihn im Stich ließ, es war ohne Bedeutung, was in Orva möglicherweise geschah. Die Zukunft war hier, lag direkt vor ihm. Nichts anderes interessierte ihn.
Da erregte eine Bewegung auf der rechten Seite seine Aufmerksamkeit. Er sah einen Trupp Soldaten auf die seinen zusprengen, sie von hinten in die Zange nehmen. An der Spitze vier gigantische Drachen. Schon schienen die Reihen seiner Soldaten überrumpelt und
lösten sich auf. Der König beobachtete, wie die Feinde ihnen mit neuen Kräften nachsetzten. Dabei lächelte er. Er konnte sich vorstellen, was in den Köpfen dieser Narren vor sich ging. Mit Sicherheit glaubten sie, die Überraschung sei gelungen und das Heer der Elfen ihnen hoffnungslos ausgeliefert.
Aber er wusste es besser. Auf diesem Zug hatte er seinen ganzen Schlachtplan aufgebaut. Er wollte, dass die Truppen der Aufgetauchten Welt die seinen von hinten angriffen, wollte, dass diese Fantasten glaubten, den Sieg schon mit Händen greifen zu können, wollte, dass dort alle zusammenströmten, damit alle dort starben, so wie zuvor schon die Menschen im Land des Windes. Ein weiterer reinigender Völkermord. Doch während Ersterer mehr eine Demonstration seiner Stärke war, würde dieser hier das Kriegsgeschick ein für alle Mal entscheiden.
In Kürze wird von euch allen nichts als Staub übrig sein , dachte er.
San und Amhal nahmen links und rechts von ihm Aufstellung. Kryss betrachtete sie. Beide wirkten mitgenommen, aufgezehrt von dem Dämon, der in jedem von ihnen hauste. Aber auch das konnte ihm gleich sein. Es genügte, wenn sie bis zum Ende dieses Krieges überlebten. Dann würde er einen Weg finden, sie loszuwerden.
»Es sind alle versammelt, Herr«, sagte der Magier. Kryss lächelte. Er zog die Kapuze seines Umhangs tief in die Stirn, und die anderen taten es ihm nach. Eine Gruppe von ungefähr dreißig Leuten mit Umhängen hatte mit ihm diesen blutigen Tagesanbruch erwartet.
»Also los«, befahl er.
Sie gaben ihren Pferden die Sporen und sprengten auf die Stadt zu.
Tod und Blut, Blut und Tod. Und Schnee. Sachte begann er niederzuschweben, in winzigen Flocken, die am Boden in den Morast fielen und schmolzen.
Es dauerte nicht lange, da hatte Adhara bereits ihr Zeitgefühl verloren. Alle Sinne waren auf ihre Klinge konzentriert, die die Luft durchschnitt und auf Glieder traf, so dass das Blut hoch aufspritzte. Der Gestank war
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