Die Feuerkämpferin 03 - Im Land der Elfen
allen misstrauen sollte, die sich vom Schicksal zu einer göttlichen Mission ausersehen glaubten, weil solche Geschichten meistens in einem Blutbad endeten. Und als er mir dann vorwarf, ich hätte den leidenschaftlichen Geist früherer Tage verloren und sei alt und resigniert, da vergaß ich mich: Ich warf ihm vor, ein Stümper zu sein, nicht in der Lage, mit dem eigenen Kopf zu denken.«
Meriph schwieg lange, und Adhara fühlte sich seltsam berührt von dieser langen Geschichte, die er ihr da erzählte. Ihr war, als nehme durch die Worte des Gnomen Adrass selbst langsam wieder Gestalt vor ihr an, so als habe sie ihn wiedergefunden und sei erneut bei ihr, solange die Erzählung andauerte.
»Adrass erwiderte nichts«, hob Meriph plötzlich wieder an, »er ging in sein Zimmer, und wir sprachen nicht mehr darüber. Doch von dieser Zeit an war er häufig außer Haus, manchmal tagelang, ohne dass ich wusste, wo er sich aufhielt. Er wirkte zerstreut und geistesabwesend. Eines Tages folgte ich ihm und fand heraus, dass er den Erweckten beigetreten war, die, wie du selbst genau weißt, junge Mädchen raubten und alles daransetzten, sie zu Sheireens zu formen.«
Adhara schloss die Augen. Da sah sie ihn wieder, ihren Vater. Hätte Adrass nicht teilgenommen an diesen nächtlichen Beutezügen und den blutigen Ritualen, die sich daran anschlossen, würde es sie nicht geben.
»Wieder stritten wir heftig. Ich schleuderte ihm meine ganze Verachtung entgegen, drohte ihm, ihn aus
meinem Haus zu verjagen, wenn er nicht mit der Sekte breche. Und er traf eine Entscheidung.«
Ein bedrückendes Schweigen machte sich in der Höhle breit.
»Ich bemühte mich, ihn zu vergessen«, fügte Meriph leise hinzu. »Immer wenn ich etwas von den ständig abscheulicher werdenden Taten der Erweckten hörte, spuckte ich in Gedanken an ihn vor mir aus. So versuchte ich, ihn aus meinem Herzen zu verbannen und mir vorzumachen, dass es ihn nie gegeben habe. Ich verschloss mich in der Einsamkeit früherer Tage und zog mich hierher zurück.«
Der Gnom schaute Adhara aufmerksam an.
»Und plötzlich tauchst du hier auf und erinnerst mich an eine Geschichte, die ich eigentlich vergessen wollte. Erzählst mir, dass Adrass gestorben sei bei dem Versuch, wiedergutzumachen, was er angerichtet hat. Was erwartest du von mir? Dass ich ihm verzeihe, dass ich seinen Verrat vergesse?«
»Er hat Euch nicht verraten. Er hat mir das Leben geschenkt.«
Meriph blickte an die Decke und lachte leise.
»Er hat mir von Euch erzählt«, fuhr Adhara fort, »er hat mich Euch anvertraut, bevor er starb, und für ihn war ich das Kostbarste auf der Welt.«
Meriph beugte sich zu ihr vor. »Du sagst, du seiest hier, um zu erfahren, wie du den Marvash von dem Amulett befreien kannst, unter dessen Bann er steht, und dass du nicht vorhast, ihn zu töten. Warum willst du ihn retten?«
Adhara versuchte, seinem Blick standzuhalten. »Weil
ich ihn liebe«, antwortete sie mit kaum vernehmbarer Stimme.
Meriph lächelte spöttisch. »Weißt du, was ich in all den Jahren immer wieder gedacht habe? Dass ich gut dran tue, mich von allem fernzuhalten. Ein Leben ohne Bindungen ist doch besser. Adrass hat mir nichts als Schmerz und Einsamkeit beschert. Gefühle sind trügerisch, Sheireen: Es ist besser, man hat nichts zu verlieren, als zu erleben, wie einem entrissen wird, was man liebt.«
»Ohne solche Gefühle, die Ihr so sehr verachtet, gäbe es mich überhaupt nicht«, erwiderte Adhara, bemüht, das Zittern ihrer Stimme zu unterdrücken. »Es war der Marvash, der mir meinen Namen gab, es war Adrass, der mir Leben einhauchte. Dass ich einen Vater habe, erfuhr ich wenige Tage, bevor ich ihn für immer verlor. Er starb in meinen Armen, Euer Schüler ist gestorben, um mich zu retten.«
Trauer flackerte in Meriphs Blick auf, zum ersten Mal, seit sie ihm von Adrass’ Tod erzählt hatte.
»Aber ich bin dankbar für diese wenigen Tage, die wir zusammen verbringen konnten, ich bin dankbar, dass ich ihn lieben durfte, bevor er mir entrissen wurde. Und obwohl es höllisch schmerzt, bin ich auch dankbar für das Gefühl, das mich daran hindert, den Marvash zu töten. Liebe und Schmerz, Hass und Zuneigung, ja selbst Verzweiflung, all das begrüße ich, denn sonst wäre ich nicht.«
Meriph lächelte nicht mehr. Unfähig, etwas zu erwidern, schaute er sie nur stumm an.
»Werdet Ihr mir helfen, meinen Weg bis zu Ende zu gehen?«, fragte Adhara schließlich.
Meriph beließ es dabei, sie lange
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