Die Feuerkämpferin 03 - Im Land der Elfen
weiter aus, während die Feinde zurückwichen. Doch plötzlich verharrte sie, vibrierte in der Luft. Amhal zögerte, und die Kugel schrumpfte sogar. Als San sie endlich losschickte, war sie weniger stark als geplant. Drei Feinde streckte sie nieder, die anderen betäubte sie nur.
San fluchte und warf sich rasend vor Wut auf die
Überlebenden. Er musste töten, töten, töten, denn nur wenn auch dieses Gebiet in Kryss’ Hand war, würde Ido endlich zu ihm heimkehren können.
Kaum waren sie im Lager zurück, an der Grenze zwischen dem Großen Land und dem Land des Windes, fuhr San seinen Mitstreiter an.
»Bist du wahnsinnig geworden? Was war denn los mit dir?«
Amhal sank auf seine Pritsche und schüttelte den Kopf, so dass sein schweißnasses Haar vor der Stirn hin und her flog.
»Solch ein Zaudern kannst du dir nicht mehr erlauben. Du bist ein Marvash, vergiss das nicht!«, setzte San ihm weiter zu.
Amhal hob den Kopf und sah ihn aus verzweifelten Augen an. San kannte diesen Blick aus der Zeit, als sie sich gerade kennengelernt hatten.
Er packte ihn am Kragen. »So einen Zwischenfall wie heute will ich nicht mehr erleben. Verstanden? Wir dürfen uns mit diesem Nest nicht so lange aufhalten. Das sind doch keine Feinde, die meiner Klinge würdig wären.«
»Auch du hast gezögert«, murmelte Amhal.
San lief tiefrot an.
»Erlaube dir so etwas noch ein einziges Mal, und ich töte dich. Das schwöre ich dir«, rief er, wobei er ihm den ausgestreckten Zeigefinger in die Brust rammte.
Von einem unbändigen Zorn gepackt, stürmte San in sein eigenes Zelt und riss sich dort die Rüstung vom Leib, ohne dass sein Diener ihm dabei zur Hand gehen konnte.
Als er allein war, schleuderte er sein Schwert in eine Ecke und griff sich eine Flasche Wein. Die setzte er an die Lippen und trank in gierigen Schlücken, ließ es geschehen, dass ihm das Gesöff links und rechts in Strömen über die Wangen lief. Er wollte vergessen, sich bis zur Bewusstlosigkeit verlieren. Denn seit er Ido gesehen hatte, bekam er das Bild nicht mehr aus dem Kopf. Seinen Blick, seine Stimme, wie er ihn angesprochen hatte. Er brauchte ihn, dringender als je zuvor.
Mit der Flasche an den Lippen warf er sich auf die Pritsche, und während er trank, murmelte er leise seinen Namen, immer wieder, wie einen endlosen Singsang.
Als der junge San an jenem Tag, an dem Ido gestorben war, Oarf bestiegen hatte und davongeflogen war, hatte er keine Ahnung gehabt, wohin er sich wenden sollte. Er wollte nur fort. Fliehen. Er hatte niemanden mehr in der Aufgetauchten Welt, und das Bild der Zerstörung, an der er die Schuld trug, verfolgte ihn. Im kindlichen Übermut hatte er sich damals freiwillig in die Hände der Feinde begeben, überzeugt, stark genug zu sein, um sie mit seinen magischen Kräften besiegen zu können. Doch er hatte sich getäuscht. Umgehend war er von den Assassinen überwältigt worden, und bei Idos Versuch, ihn aus deren Fängen zu retten und das Schicksal abzuwenden, das der Aufgetauchten Welt drohte, hatte der Gnom sein Leben verloren.
Die ersten Monate danach brachte San in den Wäldern des Landes der Sonne zu. Dort konnte er sich
leicht verstecken. Vielleicht hätte ihm damals schon bewusst werden müssen, dass er anders war. Es bereitete ihm eine tiefe Freude, auf die Jagd zu gehen. Dabei befriedigten ihn nicht so sehr das Aufspüren der Beute oder die anderen Arten der Nahrungsbeschaffung, die ihm sonst noch einfielen und ihn an die Zeit erinnerten, als er noch Vater und Mutter besessen hatte und ein ganz gewöhnlicher kleiner Junge gewesen war, sondern es war das Töten, das ihm großen Spaß machte. Es war das Gefühl, das Leben dieser Geschöpfe in der Hand zu haben und es mit einem Schlag auslöschen zu können. Die Wärme des Blutes, das ihm über die Finger lief, hatte etwas Tröstliches für ihn. Aber damals machte er sich noch keine Gedanken darüber. Damals war sein ganzes Denken allein von Ido eingenommen.
Einmal im Monat besuchte er sein Grab und behielt diese Gewohnheit die ganzen zehn Jahre über bei, die er ziellos durch die Aufgetauchte Welt vagabundierte. Mit der Zeit lernte er, niemandem aufzufallen. In einem friedlichen Land achtete niemand auf einen Drachen, der am Himmel seine Bahnen zog, und er fühlte sich frei genug, um all die Orte zu besuchen, von denen er hatte schwärmen hören. Und überall pflückte er eine Blume und legte sie auf Idos Grab nieder.
Dennoch flog er am liebsten in der Dunkelheit. Er
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