Die Feuerkämpferin 03 - Im Land der Elfen
Rücken zu und hob ab. Sie würden sich niemals wiedersehen.
In den Unerforschten Landen nahm San das Vagabundenleben wieder auf, das er lange in der Aufgetauchten Welt geführt hatte. Er sehnte sich nach neuen Orten,
neuen Wegen, denn es drängte ihn, sich so weit wie möglich von seiner Vergangenheit zu entfernen. Und die Unerforschten Lande kamen diesem Bedürfnis entgegen. Mit ihren üppigen, von unbekannten Pflanzen strotzenden Wäldern, mit ihren Tieren in den seltsamsten, groteskesten Farben und Formen verdeutlichten sie ihm, wie weit er sich von seiner Heimat entfernt hatte, so dass er sich vormachen konnte, auch den Abgründen seines Herzens entkommen zu sein. Doch sich selbst konnte er nicht entfliehen, und bald nahm er die blutrünstigen Gewohnheiten seiner letzten Jahre in der Aufgetauchten Welt wieder auf.
Der Tod lockte ihn, Blut war wie ein Nektar, an dem er sich labte und der ihn immer abhängiger machte. Auf grausame Weise tötete er Tiere und rechtfertigte sich damit, es geschehe, um sich zu verteidigen oder seinen Hunger zu stillen. Dabei wusste er im Grunde, dass er nicht den Hunger, sondern ein anderes Verlangen damit stillte.
Er suchte das Haus seines Großvaters Sennar auf und ließ sich dort nieder. Es war nicht viel größer als eine Hütte, die Fenster waren verrammelt, die Mauern von Unkraut überwuchert. Es dauerte, bis er es wieder bewohnbar gemacht hatte, und während er daran arbeitete, brachte er seine Gelüste zum Schweigen. Er begann sogar, einen Acker zu bestellen, und träumte davon, ein friedliches, zurückgezogenes Leben zu führen.
Gleichzeitig drängte es ihn, hinter die Geheimnisse seiner Seele zu kommen. Dazu hatte er hier ausreichend Gelegenheit, denn das Haus war voller Bücher, und von einem immensen Wissensdurst erfüllt, machte er sich
daran, sie zu studieren. Er war bereits ein guter Magier, wollte aber ein noch besserer werden.
Vor allem die Werke zur elfischen Magie interessierten ihn. Hingerissen las er Asters Lebensgeschichte und erkannte viele Parallelen zwischen sich und dem ärgsten Feind, den die Aufgetauchte Welt je gekannt hatte. Diese Tatsache gab ihm sehr zu denken. Die Gilde, die Aster als einen Propheten Thenaars verehrte, hatte gerade ihn als Kind dazu ausersehen, den Geist des Tyrannen in seinem Körper aufzunehmen, und eben um diese Gräueltat zu verhindern, hatte sich Ido seiner angenommen und dabei sein Leben verloren. Vielleicht gab es noch einen tieferen Grund für diese Wahl der Gilde, über die Tatsache hinaus, dass sowohl Aster als auch er selbst Elfenblut in den Adern hatten.
Zehn Jahre blieb er in diesem Haus wohnen. Hin und wieder hatte er Kontakt zu den Huyé, einem Mischlingsvolk aus Elfen und Gnomen, die in dieser Gegend sesshaft waren. Er tauschte die Früchte seines Gemüsegartens mit deren handwerklichen Erzeugnissen, und sie machten ihn mit ihren priesterlichen Heilkünsten vertraut.
Aber heimlich nährte San weiter das Ungeheuer, das er in sich spürte. Bald reichte es ihm nicht mehr, Tiere zu töten, und so erschlug er den ein oder anderen Huyé, der allein im Wald unterwegs war. Jedes Mal konnte er seine Spuren verwischen und den Mord wie den Angriff irgendeines wilden Tieres aussehen lassen.
Er fand sich mit seiner Natur ab und lebte sie aus. Und die Gedanken an Ido beherrschten ihn immer
stärker. Wäre der Gnom an seiner Seite geblieben, wäre sicher alles anders gekommen. Vielleicht hätte Ido ihm dabei geholfen, seine Mordlust in andere Bahnen zu lenken, und statt eines Verstoßenen, der im Verborgenen leben musste, wäre ein Held aus ihm geworden.
Schon früh, noch in der Aufgetauchten Welt, hatte er mit den Versuchen begonnen, Ido wiederauferstehen zu lassen. Schließlich war man in der Gilde überzeugt gewesen, dass so etwas möglich sei. Doch sosehr er sich auch bemüht hatte, war es ihm damals nicht gelungen, Näheres über die Art der Magie herauszufinden, mit der die Assassinen Asters Geist in seinen Körper verpflanzen wollten. Aber dann im Haus seines Großvaters änderten sich die Dinge.
Auch Sennar hatte mit der Welt der Toten zu tun gehabt. Beim Lesen seiner Tagebücher fand San heraus, dass er seine verstorbene Frau Nihal wiederzusehen versucht hatte. Tatsächlich war es ihm gelungen, deren Geist zu beschwören und sie auf halbem Weg zwischen den beiden Welten noch einmal zu treffen. Dieser Gedanke ergriff von San Besitz. Könnte er Ido noch einmal wiedersehen, und sei es auch nur für wenige
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