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Die Feuerkrone: Roman (Heyne fliegt) (German Edition)

Die Feuerkrone: Roman (Heyne fliegt) (German Edition)

Titel: Die Feuerkrone: Roman (Heyne fliegt) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rae Carson
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erwartet habe– so lang wie das erste Glied meines Zeigefingers–, und nachdem er heraus ist und ich ihn auf Deck geworfen habe, fließt ordentlich Blut aus der kleinen Wunde.
    Ich will es gerade wegwischen, da nimmt er meine Finger, hält sie fest, führt sie an seine Lippen und küsst sie. » Ich hatte gedacht, wir würden nun doch sterben«, sagt er. » In diesem Augenblick, als alles zu Ende ging.«
    Ich denke daran, wie er mich festgehalten hat, wie wir gebetet haben. Ich erinnere mich an seine Finger auf meinem Feuerstein, auf meiner Haut. Und ich erinnere mich an das, was er gesagt hat.
    Jetzt muss ich blinzeln, um die Tränen zurückzudrängen. » Vielleicht hast du mich gerettet. Uns alle. Ich weiß noch immer nicht, wie die Kraft des Feuersteins funktioniert oder wieso wir überlebt haben, aber du hast dafür gesorgt, dass ich mich konzentriert habe.«
    Sein Blick wandert zu meinen Lippen. » Ich sollte das nicht tun…«
    » Doch, das solltest du.« Und ich komme ihm so nahe, dass nichts mehr zwischen uns ist.
    Seine Lippen auf meinen sind so süß, so sanft, als ob er mich mit allen Sinnen erfahren will. Mich kennenlernen. Aber er erforscht nicht nur meine Lippen. Stattdessen küsst er meine Mundwinkel, meine Wange, meine Nasenspitze. Dann lehnt er sich wieder zurück und sieht mich an. Mit ruhigem, offenem Blick sagt er: » Ich bedaure nicht, was ich dir gesagt habe.«
    » Das ist gut, denn du hast es gesagt, und ich kann jetzt nicht so tun, als hätte ich es nicht gehört.«
    Er hebt selbstzufrieden amüsiert eine Augenbraue, und ich staune, dass jemand, der sonst so stoisch ist wie er, ganz offenbar kein Problem damit hat, etwas so Persönliches preisgegeben zu haben. » Und ich kann auch nicht so tun, als fühlte ich nicht so«, erwidert er. » Ich werde nicht zulassen, dass es meinen Posten beeinträchtigt. Obwohl ich mir vorstellen kann, dass es… schwierig werden könnte.«
    » Oh, sicher«, sage ich und nicke. » Sehr schwierig.«
    » Land!«, schreit jemand. » Direkt vor uns!«
    Wir erheben uns mit einem Ruck. Überall um uns herum setzen sich die Leute in Bewegung. Von dem Sturm ist nichts mehr zu sehen. Der Himmel ist wunderschön und klar, das Wasser tanzt ganz leicht, von einer sanften Brise bewegt. Fast könnte ich mich zu der Überzeugung durchringen, dass ich mir all das nur eingebildet habe.
    Wäre da nicht die Araceli, die übel zugerichtet ist, vor allem auf der Backbordseite, in der ein großes, ausgefranstes Loch im Rumpf klafft und einige Planken weggerissen wurden. Nur ein einziges Segel ist heil geblieben, und wir liegen viel zu tief im Wasser. In einiger Entfernung erhebt sich ein bläulicher Buckel am Horizont, und das Ziehen, das ich an meinem Feuerstein spüre, ist stärker denn je und lockt mich genau dorthin. Ich hoffe nur, dass das Schiff lange genug halten wird, damit wir bis dorthin kommen.
    » Wir sollten nach den anderen schauen«, sage ich.
    Hector nickt. » Sieh du nach Mara. Ich kümmere mich um Sturm und Belén.«
    Zögernd lassen wir einander los und treten auseinander, ich gehe zur Kapitänskajüte, Hector unter Deck.
    In der Kajüte herrscht heilloses Durcheinander. Gemälde und Bruchstücke irgendwelcher Möbel liegen auf dem Boden verstreut, Wasser rinnt von den Wänden, und eines der Bullaugen ist kaputt, die scharfen Kanten des gesplitterten Glases funkeln im Sonnenlicht.
    Mara hat sich auf ihrem Bett auf der Seite zusammengerollt und die Knie bis ans Kinn gezogen.
    Als ich hereinkomme, sieht sie auf, bewegt sich aber nicht. » Du lebst«, stößt sie hervor, und es klingt beinahe wie ein Schluchzen.
    Irgendetwas stimmt nicht mit ihr, und ich eile zum Bett. » Was ist los, Mara? Bist du verletzt?« Vorsichtig streiche ich ihr das Haar aus dem Gesicht. » Wir sind in einen Hurrikan geraten, und…«
    » Belén? Hat er es gut überstanden?«
    » Hector sieht nach ihm. Mara, sag mir, was los ist.«
    » Meine Narbe. Sie ist wieder aufgebrochen. Das Schiff hat sich so weit geneigt, dass ich über die Bettkante gerollt bin, und…«
    » Lass mich sehen.«
    » Ich habe Angst mich zu bewegen, Elisa. Ich glaube, es ist sehr schlimm.« Sie nimmt die Hand hoch, die sie auf ihren Bauch gepresst hat, und hält sie mir hin. Sie ist voller Blut.
    Mir wird ganz schwach. » Ich kann sie vielleicht nähen. Schließlich habe ich Cosmé oft genug dabei zugesehen. Oder Belén! Er hat es doch schon oft gemacht. Hast du deine Salbe dabei?«
    Sie nickt. » In dem

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