Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Feuerkrone: Roman (Heyne fliegt) (German Edition)

Die Feuerkrone: Roman (Heyne fliegt) (German Edition)

Titel: Die Feuerkrone: Roman (Heyne fliegt) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rae Carson
Vom Netzwerk:
vorüber ist. Mit steifen Gliedern erhebe ich mich und danke allen für ihr Kommen, dann zieht Hector den Riegel zurück und öffnet die Tür. Ich genieße die frische Luft, die mein Gesicht umspielt.
    Sofort umringen mich meine Zofen. Ich ziehe mir die Krone vom Kopf und werfe sie Ximena zu. Mara tupft mir den Schweiß am Haaransatz mit einem Tuch ab und bauscht meine Röcke auf.
    » Ich muss ein paar Schritte gehen.« Vor allem muss ich denken, abseits wachsamer Augen und gewichtiger Probleme.
    Sie machen mir den Weg frei, und Hector tritt an meine Seite, um mich zu begleiten.
    Ich schüttele den Kopf. » Ich muss allein gehen.«
    » Mir wäre es lieber, Ihr tätet das nicht.«
    » Ich brauche nur ein paar Minuten«, versichere ich ihm. » Ich möchte in den Katakomben beten. Aber ich werde mich nur dort aufhalten, wo unsere eigenen Wächter patrouillieren. Wenn ich nicht zurück bin, wenn die Klosterglocke zur vollen Stunde schlägt, sucht nach mir.«
    Er hebt die Hand, als wollte er meinen Arm berühren, lässt sie dann jedoch wieder sinken. » Seid vorsichtig, meine Königin.«
    Ich lächle zuversichtlich, und dann bin ich verschwunden, lasse die Menge hinter mir.
    Die Pflastersteine unter meinen Füßen sind von der langen Abnutzung rundgeschliffen, denn Brisadulce wurde vor fast zweitausend Jahren erbaut, nachdem Gott unsere Vorfahren von der sterbenden Welt mit seiner rechtschaffenen rechten Hand rettete und sie auf diese Welt beförderte.
    Im Gehen lasse ich die Finger über die raue Steinmauer gleiten und genieße es zu fühlen, wie fest sie dasteht. Ich stelle mir den Palast und die alte Hauptstadt vor, wie sie sich über die Kalkstein-Halbinsel erstreckt, auf drei Seiten vom Meer umgeben, auf einer Seite von der Wüste begrenzt. Mein neues Zuhause ist ein so fest umrissener Ort, unverändert, obwohl von allen Seiten tödliche Sandstürme und Hurrikane daran reißen und die übrige Zeit vor ihren Toren unbeständige, gewaltige Kräfte herrschen.
    Dass die Stadt all das aushält, liegt an ihrem Fundament. Mein alter Tutor sagte mir, dass unsere große Sandwüste vor langer Zeit, bevor unser Volk hier ankam, ein großes Inlandmeer war. Dann geschah eine große Katastrophe, bei der alles Wasser tief unter die Erde gedrückt wurde. Jetzt sprudelt es hervor, um sich in den Höhlen zu meinen Füßen mit dem Meer zu vereinigen und reichlich Frischwasser für die herrliche Oase zu spenden, die jetzt meine Hauptstadt ist.
    Die Katakomben, einst gebaut, um die natürlichen, vom Wasser ausgewaschenen Höhlen zu nutzen, sind mein Lieblingsort, wenn es mich nach Einsamkeit verlangt.
    Der Wächter am Eingang ist nicht überrascht über mein Erscheinen. Er begrüßt mich mit einer Verbeugung und einem Lächeln. » Ich freue mich, Euch sicher wieder hier zu sehen, Euer Majestät«, sagt er. » Ich habe erfahren, was geschehen ist.«
    » Danke, Martín.« Aber ich will nicht über diese Ereignisse sprechen. » Wie geht es Eurer Frau?«
    Er zählt zu den Jüngsten in der Königlichen Leibgarde, und es ist schwer zu glauben, dass jemand, der kaum älter ist als ich, schon verheiratet ist und mit seiner Frau ein Kind erwartet. » Sie ist schon bald im neunten Monat ihrer Schwangerschaft. Und verflucht jeden Tag die Hitze der Wüste.« Er nimmt eine Fackel aus einer Wandhalterung und reicht sie mir. Martíns Lächeln wird ein wenig verlegen. » Wenn es ein Mädchen wird, will sie das Kind Elisa nennen.«
    Fast lasse ich die Fackel fallen. » Oh. Nun… ja, da wäre ich natürlich sehr geehrt. Ihr müsst mir jedenfalls versprechen, dass Ihr mir das Kind vorstellt, wenn es geboren ist.«
    Er schlägt sich mit der Faust an die Brust– jene Geste, die einen Schwur begleitet. » Ich schwöre, Euer Majestät.«
    Es ist seltsam, Königin zu sein, sodass jedem Wort, das man sagt, so eine Bedeutung zugemessen wird. Mir ist ein bisschen mulmig, als ich die Fackel hochhalte und die kühle, enge Treppe hinuntersteige. Mein Gewand schleift auf den Stufen hinter mir her, aber das ist mir egal. Ich bete auf dem Weg, erbitte Gottes Segen für Martíns Kind, das vielleicht Elisa heißen wird, und darum, dass sie zu einem bezaubernden, schlanken, schönen Mädchen heranwächst.
    Ein orangerotes Glühen flammt vor mir auf. Ich ducke mich unter einem niedrigen Torbogen hindurch und betrete den großen Schädelsaal.
    Es ist eine Kathedrale aus Skeletten. Schädel türmen sich auf wie Ziegelsteine, hinauf zu einem Dachgewölbe, das sich so hoch

Weitere Kostenlose Bücher