Die Feuerkrone: Roman (Heyne fliegt) (German Edition)
Blut vorsichtig mit Maras verschmutztem Hemd ab. » Aber wenigstens sauber und gerade. Das lässt sich gut nähen.«
» Dieses Mal?«, wiederhole ich. » Das passiert also öfter?«
» Ich habe vergessen«, keucht Mara, » die Salbe aufzutragen.«
» Was für eine Salbe? Wo ist sie?«, frage ich drängend.
» Auf dem Regal an ihrem Bett steht ein kleines Töpfchen«, sagt Ximena, die weiter Blut wegtupft.
» Ich bin sofort wieder da.« Schnell laufe ich durchs Atrium ins Zimmer meiner Zofen.
Es ist viel kleiner als mein eigenes Gemach und hat ein hohes Fenster, vier Alkovenbetten und neben jedem Bett ein Regal zur Aufbewahrung der persönlichen Sachen. Einige schlichte Roben hängen an den Haken neben dem Fenster, und daneben steht ein Schreibpult mit einigen halb heruntergebrannten Kerzen. Es ist ein so winziger Raum, dass ich mir gar nicht vorstellen will, wie eng es hier wäre, würde ich endlich dem Drängen meines Haushofmeisters nachgeben und mehr Bedienstete einstellen.
Auf dem Regal neben Maras Bett entdecke ich einen runden Tontopf und nehme ihn an mich. Auch bei geschlossenem Deckel riecht er stark nach Eukalyptus.
Gerade will ich durchs Atrium zurückeilen, als ich auf etwas Scharfkantiges trete. Beinahe lasse ich den Topf fallen, als ich mich unwillkürlich zur Seite lehne, um das Gewicht von meinem Fuß zu verlagern. Die Bewegung zieht an meiner Bauchverletzung, aber ich kann einen Sturz vermeiden. Dann blicke ich auf den Fußboden, um herauszufinden, was mich so aus dem Gleichgewicht gebracht hat.
Es ist einer der alten Feuersteine, schon lange losgelöst von seinem verstorbenen Träger. Nachdem ich ihn benutzt habe, um die Macht meines eigenen, lebenden Feuersteins zu verstärken und die Animagi mit der geballten Kraft zu schlagen, habe ich ihn mit seinen gleichfalls verbrauchten Brüdern in ein Schmuckkästchen auf der Ankleide gelegt. Wahrscheinlich hat Mara es umgestoßen.
Ich halte den Stein zwischen Zeigefinger und Daumen. Er ist blauschwarz wie eine Prellung und von seiner letzten, zerstörerischen Anstrengung abgesplittert und zerschrammt. Aber in dem hellen Licht, das im Atrium herrscht, entdecke ich ein schwaches Funkeln, ein winziges Stück unberührter Perfektion in dem ruinierten Edelstein.
Ich gebe Ximena den Topf, lege den Feuerstein auf die Frisierkommode und beuge mich zu meiner Zofe hinunter.
» Es tut nicht sehr weh«, versichert mir Mara. » Es hat mich nur so überrascht.«
» Sie gibt sich tapfer«, sagt Ximena. » Der Riss ist tief, und sie sollte sich nicht bewegen, bis Doktor Enzo kommt. Die Salbe wird die Haut feucht halten.«
Ausgerechnet jetzt klopft es an meine Tür. Ich entschuldige mich bei Ximena und Mara mit einer wortlosen Geste und eile wieder in mein Gemach. Ein Wächter blickt mich durch das Guckloch an. » Es ist der Haushofmeister, in einer dringenden Angelegenheit«, sagt er.
Er hätte sich keine ungünstigere Zeit aussuchen können. » Führt ihn herein.« Ich ziehe meine zerknitterte Hose glatt und wünsche, ich hätte heute Zeit gehabt zu baden und mich umzuziehen.
Der Haushofmeister hat sich redlich um ein elegantes Erscheinungsbild bemüht und trägt eine Samtweste über einem Hemd mit ausgestellten Rüschenärmeln. Aber wie immer sind seine Kleider ein wenig zu klein, und sein Bauch spannt die Knöpfe so sehr, dass sie jeden Augenblick abzuplatzen scheinen. Er verneigt sich.
» Erhebt Euch.«
» Vergebt mir die Störung, Euer Majestät.« Sein Blick gleitet über die Manuskripte, die auf meinem ungemachten Bett verstreut liegen. » Ich weiß, dass Ihr keine Termine wahrnehmen wollt, aber eine Delegation Königin Cosmés von Basajuan ist soeben eingetroffen. Ich habe sie in der Suite der Würdenträger untergebracht. Die Gesandten haben den Wunsch geäußert, Euch so schnell wie möglich sehen zu dürfen.«
Eine Delegation von Cosmé! Ich hoffe, sie hat Freunde geschickt, liebe Menschen, die ich seit meiner Zeit in der Wüste nicht mehr gesehen habe. » Ihr habt recht gehandelt, mich sofort davon in Kenntnis zu setzen. Bitte kümmert Euch darum, ob sie etwas zu essen oder zu trinken benötigen. Ich komme, sobald ich kann.«
Ximena erscheint im Durchgang zum Atrium, den Topf mit Maras Salbe noch immer in der Hand.
Der Haushofmeister verneigt sich erneut. » Jawohl, Euer Majestät. Wenn Ihr bereit seid, Gäste zu empfangen, können wir dann auch über weitere Termine sprechen? Einige Edelfrauen haben sich um die freien Stellen in Euren
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