Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Feuerkrone: Roman (Heyne fliegt) (German Edition)

Die Feuerkrone: Roman (Heyne fliegt) (German Edition)

Titel: Die Feuerkrone: Roman (Heyne fliegt) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rae Carson
Vom Netzwerk:
kleine, angsterfüllte Stimme: » Das war ich, Euer Majestät. Mit Felipe.«
    Ich drehe mich zu der Stimme um. Sie gehört der weinenden Küchenhilfe. » Hast du sie vergiftet?«
    » Oh nein, Euer Majestät, ich würde niemals…«
    » Wo ist Felipe?«
    » Ich weiß nicht.« Sie wagt nicht, mich anzusehen, und ihre Dienerinnenhaube sitzt ihr etwas schief in der Stirn. Es macht mich nervös, dass ich ihr nicht ins Gesicht sehen und in ihren Augen lesen kann.
    Also strecke ich die Hand aus und hebe ihr Kinn mit den Fingern leicht an. » Wann hast du ihn zuletzt gesehen?«
    Sie schluckt und blinzelt mit verweinten Augen. » Ich weiß nicht mehr genau. Vielleicht… kurz bevor wir die Speisen aufgetragen haben? Er sagte, er bräuchte noch Wein, um… um die Birnen einzulegen. Aber… oh Gott.«
    » Was, oh Gott?«
    » Birnen gehörten gar nicht zum Menü. Ich habe… gar nicht nachgedacht… in dem Augenblick… ich war so in Eile. Wie hätte ich das ahnen können?« Ihr Blick ist angstvoll und unstet, aber ohne Heimtücke. Ich spüre, dass ich ihr glaube.
    Ohne sie aus meinem Blick zu entlassen, sage ich: » Belén, bitte sieh im Weinkeller nach.«
    » Sofort, Euer Majestät.«
    Dann trete ich einen Schritt zurück und balle die Hände zu Fäusten. Diese Sache kann ich nicht ungeahndet auf sich beruhen lassen. Was wird geschehen, wenn sich in der Stadt herumspricht, dass Gift bis in mein privates Speisezimmer gelangt ist? Die Leute würden mich für schwach halten, für unfähig, meine Dienerschaft im Griff zu haben, von einem Land gar nicht zu reden. Und sie hätten recht.
    Ich brauche eine Demonstration der Stärke. Des Zorns. Etwas, das man nicht vergisst.
    Wieder schreite ich auf und ab, knabbere an meinem Daumennagel. Ich könnte sie alle entlassen und aus dem Palast werfen. Das würde sicher niemand vergessen. Aber zweifelsohne sind die meisten von ihnen– vielleicht sogar alle– unschuldig. Wenn ich Beweise hätte, würde ich nicht zögern, den Giftmischer hinrichten zu lassen.
    Unwillkürlich erstarre ich. War das der Grund, weshalb General Luz-Manuel Martín den Kopf abschlagen ließ? Weil er Stärke zeigen wollte? Weil es politisch ratsam schien, irgendwem die Schuld zuzuschreiben?
    Belén erscheint in dem steinernen Durchgang, der in den Keller führt. » Er ist dort«, sagt er, und ich kann an seinem ernsten Gesicht ablesen, dass das keine gute Nachricht ist.
    » Niemand verlässt die Küche«, erkläre ich und bekomme ein mehrstimmig gerauntes » Jawohl, Euer Majestät« zur Antwort. » Hector, Tristán, kommt mit mir.«
    Gemeinsam steigen wir die Kellertreppe hinab. Sie ist steil und kühl und riecht nach feuchtem Holz und Pech. Neben der Treppe führt eine glatte Rampe nach unten, über die man die Fässer in die Lagerräume rollt.
    Belén ist vorausgeeilt und steht neben einem weiteren Toten. Einem Jungen. Er liegt auf der Seite, sein Arm ist in unnatürlicher Haltung zurückgebogen. Erbrochenes befleckt sein Hemd und sammelt sich neben dem Boden eines Weinfasses.
    Zusammengeknüllt in der Hand hält er ein Stückchen Leder.
    Hector bückt sich, um es aus den erkaltenden Fingern zu ziehen, streicht es glatt und sagt: » Eine Nachricht.«
    » Lest vor.«
    » Tod den Tyrannen.« Hector sieht auf. » Mehr steht dort nicht.«
    » Oh Gott.«
    Mit einem gequälten Schrei stürzt sich Tristán auf den Jungen und tritt ihn hart in die Seite. Der Leichnam rutscht seitlich weg, und ein Arm sackt zu Boden; deutlich hörbar brechen Knochen.
    » Tristán, beherrscht Euch!«, befehle ich schockiert.
    Der Conde wirbelt zu mir herum, und jetzt erst fällt mir der feuchte, bräunliche Fleck auf seinem Leinenhemd auf. » Aber… Iladro, mein Herold… er könnte… er wäre vielleicht…«
    » Ich weiß. Mein Leibarzt kümmert sich um ihn. Wir tun, was wir können.«
    Seine Schultern beben vor Zorn, aber er nickt. » Jawohl, Euer Majestät. Ich danke Euch.«
    » Ich bin nicht überzeugt«, sagt Belén in seiner ruhigen Art.
    » Was meint Ihr damit?«
    » Konnte dieser Felipe lesen und schreiben? Und wenn ja, ist das seine Handschrift?«
    » Belén hat recht«, stimmt Hector zu, und die beiden tauschen einen Blick der Übereinkunft. » Es ist zu einfach, dass wir ihn hier mit dieser Notiz in der Hand finden.«
    Ich massiere mir die Nasenwurzel mit Daumen und Zeigefinger. Die Notiz ist kein Beweis– jedenfalls kein richtiger. Aber vielleicht werde ich so tun müssen, als wäre er das.
    » Hector«, sage ich, » bitte

Weitere Kostenlose Bücher