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Die Feuerkrone: Roman (Heyne fliegt) (German Edition)

Die Feuerkrone: Roman (Heyne fliegt) (German Edition)

Titel: Die Feuerkrone: Roman (Heyne fliegt) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rae Carson
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mich vergeht der Vormittag damit, kurzfristige, letzte Änderungen zum Menü und zu den Gästelisten abzunicken und die Segnung auswendig zu lernen, die ich zur Eröffnung des Balles vortragen werde. Am Nachmittag komme ich dann endlich dazu, Mara und Ximena davon zu erzählen, wie ich Hector geheilt habe, obwohl ich die eigentlich entscheidende Einzelheit dabei weglasse. Ximena kann sich vor Begeisterung kaum beherrschen, dass ich einen Weg gefunden habe, die Kraft des Feuersteins anzuzapfen.
    » Gott hat dich zu großen Dingen bestimmt«, sagt sie mit leuchtenden Augen.
    Falls sie merkt, dass ich etwas zurückgehalten habe, dann lässt sie es auf sich beruhen und bohrt nicht weiter. Aber ich bin dennoch froh, als es endlich Zeit ist, die Festkleidung für die Gala anzulegen, schon allein, weil ich nun etwas anderes zu tun habe, als ihrem vor religiösem Eifer brennenden Blick auszuweichen.
    Ich kann nicht aufhören, an Hector zu denken. Und ich kann es nicht erwarten, ihn wiederzusehen, denn Doktor Enzo hat gesagt, er sei schon wieder so weit wohlauf, dass er mich heute Abend begleiten kann.
    Aufgrund der Anschläge auf mein Leben werde ich am Arm meines Leibwächters zur Gala gehen, Soldaten werden die Eingänge zum Ballsaal flankieren, und in den Nischen hoch über dem Geschehen sind überall Bogenschützen postiert. Zudem wird jeder Gast gründlich auf Waffen durchsucht. Trotzdem besteht Ximena auf eine weitere Vorsichtsmaßnahme.
    Sie hält ein Lederkorsett hoch, das fast so steif wie Rohleder ist. » Ich habe es extra anfertigen lassen«, sagt sie mit zufriedenem Gesicht. Als sie mit der Faust leicht dagegenschlägt, verziehe ich bei dem hohlen Klang das Gesicht. » Ein Dolch sollte davon einfach abgleiten; zumindest dürfte der Schaden, den er anrichten kann, nur sehr gering sein. Es ist tailliert und gerade biegsam genug, dass du es unter deinem Kleid tragen kannst.«
    Ich starre das Ding verzweifelt an und habe jetzt schon das Gefühl zu ersticken. » Na gut«, antworte ich schicksalsergeben. Als sie es mir anlegt und zuschnürt, versuche ich mir einzureden, dass es auch nicht schlimmer ist als mein normales Korsett mit seinen kräftigen Stangen.
    Mara betrachtet das Geschehen mit amüsiertem Interesse. » Es sieht aus wie Hectors leichte Rüstung«, sagt sie. » Außer dass hier Platz für Brüste ist.«
    » Wie lustig«, erwidere ich und werfe ihr einen bösen Blick zu. Aber der verflüchtigt sich, als ich mich im Spiegel sehe. Die junge Frau, die mir entgegenblickt, erkenne ich kaum wieder. Sie sieht in ihrem Panzerkorsett so stark aus. Ich nehme die Schultern zurück und hebe den Kopf.
    Mein Kleid, das aus aquamarinblauem Satin gefertigt ist, gleitet überraschend mühelos über den Lederschutz. Die Farbe ist wesentlich auffälliger, als ich sie sonst bevorzuge, aber es gefällt mir, wie der Kontrast zu meinem dunklen Teint und meinem schwarzen Haar meine Haut strahlen lässt. Das Kleid hat keine Ärmel, sondern zwei lange Bänder aus Chiffon, die im Nacken zusammengebunden werden und dann noch bis zum Boden fallen.
    Ximena nimmt mein Haar zu einem hohen Zopf zusammen und zupft ein paar Locken heraus, damit sie sich um meinen Hals ringeln. Mara umrahmt meine Augen mit Kajal und zieht den Strich ein wenig über den äußeren Augenwinkel hinaus, um ihre Form zu betonen und sie riesengroß aussehen zu lassen. Dann macht sie einen Schritt zurück, lächelt zufrieden und sagt: » Ich habe an der Waschfrau geübt.«
    Ximenas Augen füllen sich mit Tränen. » Du siehst aus wie eine Königin, mein Himmel.«
    Und Mara fügt hinzu: » Du siehst aus wie die beste Partie im ganzen Land.«
    Das Gesicht, das mir nun entgegenblickt, erscheint fremd. Stärker definiert und nicht mehr so pausbäckig wie früher. Und die Augen– so dunkel und dramatisch und groß! Es sind die Augen eines Menschen, der schon viel gesehen und viel verloren hat.
    Leise sage ich: » Ich sehe aus wie eine Witwe.«
    Meine beiden Zofen treten ein wenig näher, als wollten sie eine schützende Mauer um mich bilden, und Mara legt mir einen Arm um die Schultern. Ich bin dankbar für ihr Mitgefühl und ihr Verständnis.
    Sie drückt meine Schulter leicht. » Du wirst eine neue Liebe finden«, sagt sie.
    Mir stockt unwillkürlich der Atem. Aber das habe ich doch schon. Und ich wüsste nicht, dass das eine Rolle spielt. Bedächtig erwidere ich: » Liebe ist nichts für mich. Ich werde zum Nutzen meines Königreiches heiraten.« Aber meine Worte

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