Die Feuerkrone: Roman (Heyne fliegt) (German Edition)
ist keine Gabe eingefallen, die für jemanden, der mir so viel bedeutet, persönlich genug gewesen wäre. Nun, da ich das Kästchen in seiner Hand betrachte, wünsche ich mir, mehr darüber nachgedacht zu haben.
» Es ist von uns allen«, sagt er. » Von der Königlichen Leibgarde, Ximena und Mara.«
Ich sehe schnell zu meinen Zofen hinüber. Mara strahlt wie ein Kind, das gleich den Namenstagskuchen probieren darf. » Nun mach schon«, sagt Ximena, » öffne es.«
Hector überreicht mir das Kästchen, und unsere Finger berühren sich dabei ganz leicht. Ich ziehe an dem Band, das um die Verpackung geschlungen ist, bis es sich löst und unter der dekorativen Umhüllung ein poliertes Mahagoni-Schmuckkästchen zum Aufklappen freigibt. Das Wappen der Familie de Vega ist auf dem Deckel eingebrannt. Mein Herz schlägt mir bis zum Hals, als ich es öffne.
Darin liegt auf blauem Samt eine Krone aus Weißgold, so zart und verschlungen wie geklöppelte Spitze. Sie ist so zierlich, dass sie auf meinem Kopf sicherlich ganz leicht sitzen wird, aber dennoch viel mächtiger als die Diademe, die ich als Prinzessin getragen habe. Ein Kopfschmuck, der einer Königin würdig ist.
Aber da ist noch etwas, das mich beinahe die Luft anhalten und mir die Tränen in die Augen steigen lässt: Die zerstörten Feuersteine sind in das fein verschlungene Gold eingearbeitet. Ihre Farbe reicht von dunkelblau bis schwarz, und einige sind nur noch bloße Splitter. In der Mitte sitzt der größte von ihnen, der einzige Feuerstein, der seinen Einsatz fast unbeschadet überstanden hat, obwohl sich auch auf seiner linken Seite ein Spinnennetz aus kleinen Rissen und Sprüngen über die Oberfläche zieht.
Wer auch immer diese Krone entworfen hat, er hat sich von den geborstenen Juwelen inspirieren lassen und ihr Thema in den goldenen Wirbeln und Windungen weitergeführt. So filigran diese Krone ist, sie vermittelt den Eindruck von Kühnheit, Stärke und geborstenem Glanz.
Es ist die Krone einer Kriegerin. Eines Menschen, der schon der Zerstörung ins Auge gesehen hat.
Weil ich wie erstarrt dastehe, nimmt Ximena die Krone aus der Schatulle und setzt sie mir auf. Sie fühlt sich perfekt an. Ich gehe hinüber ins Atrium und betrachte mich in meinem Ankleidespiegel. Winzige saphirfarbene Funken blitzen unter dem Oberlicht.
» Niemand in der Geschichte der Welt«, hauche ich, » hat je eine solche Krone getragen.«
» Das könnte auch niemand«, sagt Hector über meine Schulter. Unsere Augen begegnen sich im Spiegel. Ich wende den Blick als Erste ab.
» Danke«, bringe ich heraus. » Vielen Dank euch allen. Aber wie…«
» Wir haben die Geschenke deiner Verehrer verwendet«, erklärt Ximena. » Während deiner Genesung haben wir einige Stücke verkauft und den Schmuck einschmelzen lassen. Es war Hectors Idee. Mara hat dem Goldschmied bei seinem Entwurf geholfen. Jeder der Leibgardisten hat ein paar Münzen beigesteuert.«
» Sie ist fantastisch«, sage ich ergriffen. » Unglaublich schön.«
» Dann zeig sie vor, mein Himmel«, sagt Ximena mit einem weichen Lächeln.
Wie ich feststelle, möchte ich das wirklich nur zu gern. Ich sehe Hector an, und er streckt mir seinen Arm entgegen.
Der Audienzsaal ist für die Erlösungsgala geschmückt. Rosengirlanden schwingen sich von den Kristalllüstern und verströmen ihren schweren Duft. In den Flügeln der hohen Fenster hängen Kandelaber, deren Kerzenflammen den Eindruck erwecken, der Raum sei von Sternen umgeben. Niedrige Tische säumen die Wände. Sie sind mit seidenen Tüchern bedeckt und biegen sich unter Appetithäppchen und Getränken in silbernem Geschirr, und darum herum liegen Sitzkissen verstreut, auf denen man für lockere Gespräche Platz nehmen kann.
Vihuela- und Dulzianspieler musizieren auf einem Holzpodest nahe dem Eingang, und Hunderte von Gästen flanieren in ihren besten Kleidern durch den Saal, lächeln und lachen. Es kommen immer noch weitere, wobei der Einlass eine Weile dauert, weil jeder gründlich nach Waffen durchsucht wird, aber das trübt die Stimmung nicht im Geringsten. Die Menschen leuchten in ihren Erlösungsfarben so fröhlich wie ein Blumengarten, wie korallenroter Hibiskus und gelbe Nachtblüher und himmelblaue Weinranken. Die Frauen tragen das Haar in juwelenbesetzten Netzen, die Männer haben sich lange Stolen um die Schultern gelegt, die mit goldener Stickerei eingefasst sind. Es ist eine Nacht des Glanzes, eine Nacht, um das Licht funkelnd einzufangen.
Noch
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