Die Feuerkrone: Roman (Heyne fliegt) (German Edition)
erscheinen viel zu hart und scharf. » Vielleicht einen Lord aus dem Norden«, setze ich hinzu und versuche, möglichst unbewegt zu klingen. » Den das Quorum für gut befunden hat.«
Ximena betrachtet mich nachdenklich– sie kennt mich zu gut. Aber sie dringt nicht in mich, sondern zupft nur an den Nackenbändern, damit das Kleid noch ein wenig schöner fällt, und sagt: » Du bist dann fertig und kannst gehen, sobald Hector eintrifft.«
Mein Herz macht einen kleinen Sprung, als ich seinen Namen höre, aber ich versuche, nicht darauf zu achten und sage: » Erst einmal habe ich noch etwas für euch.« Damit bedeute ich ihnen, mir in mein Schlafgemach zu folgen. Aus meinem Nachtschrank hole ich die Geschenke hervor, die ich dort versteckt habe, und reiche ihnen beiden jeweils ein in weiches Leder eingeschlagenes Päckchen.
Mara strahlt, als sie ihres öffnet, und stößt dann einen kleinen, überraschten Schrei aus. » Ein Gewürztäschchen! Mit Majoran, Zimt… oh, Elisa! Mit Safran! Wie bist du nur an Safran herangekommen?«
Ich freue mich so sehr, dass ich ihr eine solche Freude machen kann. » Es hat seine Vorteile, die Königin zu sein. Jetzt du, Ximena.«
Meine Kinderfrau schlägt die Lederverpackung zurück; darunter liegt ein gebundenes Buch mit kunstvoll bemaltem Deckelbild und vergoldetem Schnitt. » Die Allgemeine Lehre ergebenen Dienens!«, haucht sie. » Es muss zweihundert Jahre alt sein.«
» Sieh dir die Seiten an.«
Sie öffnet das Buch. » Oh, mein Himmel.«
Ich lache, weil mich ihre Reaktion so glücklich macht. » Sie sind illustriert!«
Ximena fährt mit dem Finger über die kunstvollen Buchstaben und liebkost die Bordüren aus schimmernden Sakramentsrosen. Tränen steigen ihr in die Augen. » Ich habe noch nie etwas so Wertvolles besessen.«
Es braucht so wenig, um meine Zofen glücklich zu machen, und mein Herz geht über vor Freude angesichts ihrer leuchtenden Gesichter. Ich strecke die Arme aus, und wir drei manövrieren uns mit den Ellenbogen in eine ungelenke Umarmung. » Frohes Erlösungsfest«, flüstere ich, und sie erwidern meine Worte.
Dann räuspert sich jemand, und wir lassen uns wieder los. Mara tritt aus meinem Blickfeld, und ich sehe Hector in der Tür stehen.
Mein Mund wird trocken.
Zum ersten Mal, seit ich ihn kenne, hat er sich als Quorumsfürst gekleidet. Zwar trägt er noch immer den roten Mantel der Königlichen Leibgarde, aber anstatt sein schwarzes Haar zurückzukämmen, lässt er sich seine natürlichen Locken in die Stirn und in den Nacken fallen. Statt des Brustpanzers und den dicken Armschienen trägt er heute nur ein weites, weißes Hemd, das er in den Bund der schwarzen, engen Hosen gesteckt hat. Der Schwertgurt umfängt die schmalen Hüften, aber er trägt heute nur ein leichteres Zeremonienschwert. Ohne seine Rüstung fällt mir noch mehr auf, wie breit seine Schultern sind, wie gebräunt die Haut am Hals und über den Schlüsselbeinen ist.
Er sieht verletzlich aus. Entblößt.
Und gleichzeitig wirkt er stärker, als ich ihn je gesehen habe. Er ist nicht so gut aussehend wie Alejandro; an Hector ist nichts Zartes. Aber er ist auch nicht so wild und ungeschliffen wie Humberto. Hectors Kinn ist zu glatt und kantig, seine Augenbrauen sind zu voll und geschwungen, sein Hals und seine Schultern zu klassisch muskulös geformt. Alles an ihm verrät elegante Kraft.
Mir wird bewusst, dass sich das Schweigen schon eine Ewigkeit ausdehnt. Wie lange stehe ich schon hier und starre ihn an?
Seine Pupillen sind riesengroß, und sein Blick ruht fest auf mir. Er hat beobachtet, wie ich ihn studiert habe, und ich wünsche mir, ich könnte seine Gedanken lesen.
Dann endlich finde ich meine Stimme wieder. » Frohes Erlösungsfest.«
» Ihr seid wunderschön«, sagt er schlicht.
Eine heiße Welle flutet über meinen Hals, und ich muss schlucken. » Danke. Ihr seht auch sehr gut aus.«
» Ich habe Euch etwas mitgebracht.«
» Oh?« Jetzt erst fällt mir das Päckchen in seiner Hand auf. Es hat die Form einer kleinen Schatulle, groß genug, dass ich es mit beiden Händen festhalten muss. » Ihr brauchtet mir nichts zu schenken.« Zuvor habe ich ihm durch einen Pagen eine silberne Brosche für seinen Mantel überbringen lassen– das gleiche Geschenk, wie ich es all meinen Leibgardisten gemacht habe. Ich wusste nicht, was ich sonst hätte auswählen sollen. Es gibt immer noch so viel, was ich nicht über ihn weiß– über seine Kindheit, seine Interessen–, und mir
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