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Die Feuertaufe

Die Feuertaufe

Titel: Die Feuertaufe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Kent
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ein Riff, und der Franzmann hinterher. Riß sich den ganzen Kiel weg. Nicht ein einziger Mann wurde gerettet.«
    Starkie blickte ihn verwirrt an. »Sie wollen Kurs durch das Riff steuern? Das ist es, was Sie von mir verlangen?«
    Ein schwacher Sonnenstrahl schoß über die Takelung. Das Bramsegel schimmerte wie ein goldenes Kruzifix.
    »Haben wir denn eine andere Möglichkeit?« fragte Bolitho ernst. »Gefangenschaft oder vielleicht den Tod, weil er ein Exempel statuieren will, oder . . .« Seine Worte blieben in der Luft hängen.
    Starkie nickte entschlossen. »Wahrscheinlich krepieren wir so und so, aber bei Gott, das ist eine Chance, die den Versuch wert ist.« Er rieb sich die rauhen Hände. »Dann wollen wir mal ›Alle Mann‹ pfeifen und die Segel kürzen zum Überstaggehen. Aber wenn der Wind umspringt, laufen wir auf Legerwall auf.« Unvermittelt stieß er ein tiefes kurzes Lachen aus, das sein zerfurchtes Gesicht für einen Augenblick wieder jung erscheinen ließ. »Bei Gott, Mister wie Sie auch heißen mögen -, wenn Sie mal Kapitän sind, möchte ich nicht mit Ihnen fahren. Würde nicht lange dauern, und meine Nerven wären beim Teufel!«
    Bolitho lächelte melancholisch, denn es wurde langsam heller, und er sah jetzt auf Deck die dunklen Flecken, wo die Männer gekämpft hatten und gestorben waren, und die gesplitterten Einschläge der Drehbasse. Er warf Eden einen bedeutsamen Blick zu. »Sieh nach, wie es Mr. Hope geht. Versuch, ihm ein bißchen Brandy zu geben.« Und als der Knabe zusammenzuckte: »Aber nicht aus Mr. Tergorrens Flasche, wenn ich bitten darf!«
    Als Eden sich schon zum Achterdeck wandte, fügte er noch hinzu: »Und sieh nach, ob du eine britische Flagge findest. Dieser Pirat soll sehen, daß die Sandpipe r wieder unter den richtigen Farben segelt!«
    Dancer blickte ihn stumm an. Dann sagte er leise zu Starkie: »So habe ich ihn noch nie erlebt. Er will kämpfen, das ist klar.«
    Der Bootsmannsmaat ging zur Leereling hinüber und spuckte in das milchige Bugwasser. »Na, mein Junge, wenn Gauvin diese Flagge sieht, dann reicht das zum Kampf. Die sieht er nämlich gar nicht gern.«
    Eden kam mit einer Leinwandrolle zurück. »Hab' eine gefunden, Dick. Hinter den B-brandyflaschen in der K- kajüte.«
    »Wie sind die Leutnants zuwege?« fragte Starkie gespannt. Vielleicht hoffte er, daß doch noch jemand anders die Verantwortung übernehmen würde.
    Eden schob die Lippen vor. »Mr. Hope atmet ein b-bißchen besser. Mr. Tergorren geht's d-dreckig.«
    Starkie seufzte. »Na schön. Pfeifen wir ›Alle Mann an die Brassen‹. Wenn schon, denn schon. Hat keinen Sinn, die Sache noch lange aufzuschieben.«
    Bolitho faßte die Achterdeckreling und sah zu, wie die Männer an die Brassen und Falleinen rannten. Ihre Bewegungen waren unregelmäßig und ruckhaft, als ständen sie noch unter dem Schock und wären ihrer selbst nicht recht sicher.
    Es war wie ein Traum. Ein Traum von Piraten, von tapferen jungen Offizieren im Kampf gegen die Feinde des Vaterlandes.
    Aber sehr schnell wurde ein Alptraum daraus. Nur der erste Teil stimmte: eine kleine Brigg, eine mutlose Mannschaft und ein paar halbe Knaben als Führer.
    Er dachte an seinen Vater und an Kapitän Conway, die mit Ruhe und Zuversicht auf ihre Geschütze und auf ihre seemännische Erfahrung vertrauen konnten.
    Er rief: »Flagge setzen, Mr. Eden!« Sogar diese dienstlich formelle Anrede war etwas ganz Neues für ihn. Und dann: »Klar zum Überstaggehen!«

Über das Riff
    »Kurs Südsüdost, Sir. Voll und bei.«
    Bolitho faßte in die Finknetze und beobachtete aufmerksam, wie die Sandpipe r ihr Leeschanzkleid steil aus der See hob. Sprühwasser und Schaumfetzen flogen über Deck. Matrosen waren dabei, mehr Segel zu setzen, und Bolitho blickte zur Großrah empor, die sich wie der Bogen einer riesigen Armbrust spannte.
    »Der Wind frischt ein bißchen auf«, sagte Starkie ganz heiser vor Erregung. »Aber er kommt stetig aus Nordost. Bis jetzt jedenfalls«, fügte er grimmig hinzu.
    Bolitho hörte kaum hin. Er beobachtete, wie die Brigg arbeitete, wie sie sich mit jeder anbrandenden, weißbemützten Welle hob und dann wieder ins Wellental hinabschmetterte.
    Seit dem Überstaggehen, seit die vergoldete Galionsfigur wieder landwärts zeigte, spürte er, daß die Stimmung im Schiff anders war. Selbst die Männer der Stammbesatzung, von denen viele noch eiternde Wunden und grausame Verletzungen von der Gefangenschaft her aufwiesen, tauschten wohlgemute

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