Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Feuertaufe

Die Feuertaufe

Titel: Die Feuertaufe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Kent
Vom Netzwerk:
nämlich daß sich ihr Sohn einer Insubordination gegen seinen vorgesetzten Offizier schuldig gemacht hatte.
    Er hörte ein Keuchen und sah Dancer, der sich neben ihm auf die Saling heraufzog.
    »Sei lieber vorsichtig, Martyn!« sagte er besorgt. Dancer schüttelte den Kopf. »Ist schon in Ordnung, Dick. Mr. Starkie hat mich raufgeschickt. Er macht sich Sorgen um den Leutnant.« Bolitho sah ihn bestürzt an. »Um Mr. Hope? Geht's ihm schlechter?«
    »Nein.« Bolitho griff nach dem Stag, denn die Brigg krängte heftig in einer plötzlichen Bö. »Tergorren macht ihm Kummer.« Er grinste. »Mir allerdings nicht – da müßte ich lügen.«
    Bolitho streckte seine schmerzenden Glieder. Ihm tat alles weh, und sein Gesicht war ganz klamm von der salzigen Feuchte.
    »Mr. Starkie denkt, Tergorren hat das Fieber«, sprach Dancer weiter.
    Sie glitten miteinander an Deck hinunter und fanden den Bootsmannsmaat bei den Rudergasten stehen.
    »Gleich geht die Sonne auf«, sagte er hastig. »Ich verstehe das nicht. Er ist wie besessen, da unten in der Kajüte. Ich weiß nicht, was werden soll, wenn es irgendwelche Schwierigkeiten gibt.« Er wandte sich ab; seine Stimme wurde spröde.
    »Nochmals Gefangenschaft – das halte ich nicht aus. Nicht nach allem, was wir durchgemacht haben, bei Gott nicht!«
    »Wir gehen zu ihm hinunter. Aber ich bin kein Arzt«, erwiderte Bolitho und faßte Dancer beim Arm.
    In der winzigen Kajüte, wo der letzte Kapitän der Sandpiper sein bißchen Privatleben und eine Menge Sorgen gehabt hatte, fanden sie Tergorren am Tisch sitzen. Sein Oberkörper war auf die Tischplatte gesunken, das Gesicht lag in den gekreuzten Armen. Die Kajüte stank nach Schnaps oder billigem Rotwein; bei jeder Bewegung der Brigg rollte unter der Koje polternd eine Flasche hin und her, und im Schein der einzigen Lampe sah Bolitho in einem Gestell vor dem Schott noch eine ganze Reihe solcher Flaschen.
    Grimmig murmelte Dancer: »Anscheinend hat Mr. Tergorren seinen privaten Himmel gefunden.«
    Bolitho lehnte sich über den Tisch. »Ich versuche, ihn wachzukriegen. Halt du dich raus.« Er faßte den Leutnant unter den Achseln, wuchtete ihn hoch und setzte ihn so hin, daß die Stuhllehne ihn im Rücken stützte. Er dachte, Tergorren sei schlicht betrunken; aber Dancer rief: »Mein Gott, Dick, der sieht ja aus wie der Tod!«
    Tergorren war erschreckend bleich; sein sonst so wetterrotes Gesicht war fleckig grau, und als er mühsam die zitternden Lider hob, war sein Blick so verwirrt wie unter der Einwirkung eines schweren Schocks.
    Er wollte etwas sagen, aber seine Sprache war so behindert, daß er eine ganze Weile krächzen mußte, um sich die Kehle freizumachen.
    »Sind Sie krank, Sir?« Dancer versuchte, ein Grinsen zu verbergen, und Bolitho fuhr rasch fort: »Mr. Starkie macht sich große Sorgen um Sie, Sir.«
    »So, macht er?« Tergorren versuchte aufzustehen, sank aber laut stöhnend in den Stuhl zurück. »Geben Sie mal die Flasche da her!« Unbeholfen, als ob seine Finger Klauen wären, umfaßte er die Flasche und tat einen langen, verzweifelten Zug.
    »Weiß nicht, was mit mir los ist.« Er war kaum zu verstehen. »Glieder gehorchen mir nicht.« Er rülpste und versuchte nochmals, aufzustehen. »Muß an Deck.«
    Bolitho und Dancer hievten ihn hoch, und die drei schwankten und stolperten ein paar Sekunden wie in einem makabren Tanz. »Den hat's aber richtig erwischt«, murmelte Dancer. »Blutfieber nennt unser alter Doktor das. Er fällt ja ganz auseinander!«
    Als sie sich den Niedergang zur Hauptluke hinaufarbeiteten, sah Bolitho, daß Eden in der Tür der anderen kleinen Kajüte stand – dort hatte man Hope hingeschafft – und ihnen nachblickte.
    »Faß mal mit an, Tom! Wir müssen ihn an Deck schaffen.«
    »D-der sieht aber wirklich f-furchtbar aus!« sagte Eden freudestrahlend.
    An Deck war die Luft wie Wein nach dem scheußlichen Gestank in der Kajüte. Starkie kam ihnen eilig vom Ruder her entgegen. »Hat er wirklich das Fieber?«
    »Er hat G-gicht, Mr. Starkie«, piepste Eden. »H-hab' ich ja die g-ganze Zeit gesagt. Er hat M-medizin gegen die Schmerzen genommen, w-wahrscheinlich eine Überdosis.«
    Alle starrten den winzigen Midshipman an, der sich da plötzlich als ein Born medizinischer Weisheit erwies – der einzige, den sie hatten.
    »Ja – aber was sollen wir denn bloß machen?« Starkie schien völlig ratlos zu sein.
    Eden musterte den zusammengesunkenen stöhnenden Mann und erwiderte: »W-enn wir wieder

Weitere Kostenlose Bücher