Die Feuertaufe
seine. »Danke.« Hope konnte kaum noch richtig sehen. »Gott sei mit Ihnen.«
»Hallo da unten!« Das war Dancer. »Die Fregatte rennt ihre Steuerbordgeschütze aus!«
»Ich komme!« Bolitho rannte zur Kampanjeleiter. Er dachte an Hope und an all die anderen.
In der kurzen Zeit, die er unten gewesen war, hatte das Sonnenlicht das Meer erreicht und glitzerte nun auf allen Wogenkämmen.
Starkie rief ihm zu: »Der Wind hat um einen Strich gedreht. Hat nicht viel zu sagen. Aber die Fregatte kommt auf, schätze ich.« Er reichte Bolitho das Fernrohr. Die Fregatte segelte knapp eine Meile backbords achteraus. Sie hatte stark aufgebraßt, um möglichst viel Wind zu bekommen; ihre Steuerbordgeschütze drohten dicht über der schaumigen Wasserlinie wie eine Reihe schwarzer Zähne.
Ihre Kontur veränderte sich etwas, als sie einen Strich nach Luv drehte; das Sonnenlicht blitzte auf den Waffen und Fernrohren, und am Großmast wehte eine mächtige schwarze Flagge. Bolitho konnte sogar den Namen lesen, der auf der wettergebeizten Platte unter dem Schiffsschnabel stand: Pegaso . Als sie noch unter spanischer Flagge fuhr, hatte sie vermutlich so geheißen.
»Sie feuert!«
Die Stückpforten spuckten eine Reihe gelbroter Flammen aus, aber die Breitseite kam zu früh; sie peitschte die See weit hinter dem Heck der Sandpipe r ; ein paar Kugeln fegten heulend über das Achterdeck dahin.
»Kursänderung, Mr. Starkie!« rief Bolitho. »Zwei Strich nach Luv, wenn Sie können.«
Starkie öffnete schon den Mund, um zu protestieren, aber er überlegte es sich anders. Seine Blicke hingen an einigen kaum überspülten Klippen, die an Steuerbord achteraus blieben. Die hatte die Sandpipe r zwar vermieden; aber das bedeutete, daß sie jetzt mitten zwischen den Riffen war. Wie eine Fliege im Spinnennetz.
»An die Brassen! Hol an!« Dancer sprang zu Hilfe. »Hievt, Jungs!«
Hoch über dem stampfenden Schiffsrumpf brummte und knarrte jede Want, jedes Segel, als der Bug langsam herumschwang und dann Richtung auf den nächsten Fetzen Land nahm.
Noch eine holprige Breitseite von der Fregatte; die Kugeln hüpften harmlos achtern übers Wasser, und ein Matrose ließ sogar ein schüchternes Hurra los – er begriff wohl nicht, in welcher Gefahr er sich befand.
Bolitho brüllte: »Hol mir den besten Geschützführer, schnell, Martyn! Schnell!«
»Südost zu Süd, Sir«, sang der Rudergänger aus. Er begriff jetzt überhaupt nichts mehr.
»Recht so.«
Starkie drehte sich kurz um und erblickte den grauhaarigen alten Seemann in geflickter Hose und kariertem Hemd, der nach achtern gerannt kam und grüßend die Fingerknöchel an die Stirn tupfte.
»Taylor, Sir.«
»Schön, Taylor; holen Sie sich Ihre zwei verläßlichsten Geschützbedienungen und bemannen Sie die beiden hintersten Sechspfünder an Steuerbord.«
Taylor blinzelte – war dieser Midshipman nun tatsächlich verrückt geworden? Schließlich befand sich der Feind doch an der anderen Seite! Bolitho sprach rasch; er hatte nur die Fregatte und die Peilung der Sandpipe r im Sinn, sonst war sein Hirn völlig leer. Er versuchte, sich an alles zu erinnern, was er gelernt hatte, was man ihm von seinem zwölften Lebensjahr an bis zum heutigen Tage eingeprügelt hatte. »Doppelte Ladung. Ich weiß, es ist ein Risiko. Aber wenn ich Feuerbefehl gebe, müssen Sie die Fregatte in den Bug treffen.«
Langsam nickte Taylor. Er fuhr mit seinem teerigen Daumen durch die Luft. »Aye, Sir. Versteh schon, was Sie vorhaben, Sir.« Er hoppelte hinweg, brüllte ein paar Namen und kontrollierte dabei schon die beiden achteren Sechspfünder.
Bolitho blickte Starkie in die Augen. »Ich will halsen und wieder raus aus den Riffen. Dann kommt die Fregatte bestimmt hinterher sie hat den Wind unter ihren Rockschößen, sehr günstig für sie.« Grimmig nickte Starkie dazu. »Aber für ein paar Minuten haben wir sie vor unseren Kanonen. Sehr viel ist ja nicht mit den Dingern los, aber immerhin . . .«
Er lächelte, und das wurde ihm so schwer, daß ihm die Lippen dabei eiskalt wurden. »Und sie wird bestimmt nicht darauf gefaßt sein, daß wir zurückschießen. Nicht ausgerechnet jetzt.«
Starkie spähte voraus wie ein Wanderer, der seinen Weg sucht. »Ich glaube, ich weiß eine Durchfahrt. Nicht sehr breit.« Er wedelte mit der Hand zweifelnd durch die Luft.
»Mit der Tiefe, das weiß ich nicht recht. Zwei Faden 7 , soweit ich es beurteilen kann.«
Dumpfe Geräusche an Steuerbord verrieten Bolitho, daß
Weitere Kostenlose Bücher