Die Feuertaufe
sehr wohl, was Sie meinen.«
»Das dachte ich mir«, erwiderte Michael. »Wenn alle Menschen immer ehrlich zueinander wären und es nirgends in der Welt Gefahren gäbe, dann bräuchte ich ja auch nicht jemanden wie Sie, der mich stets beschützt. Wie dem auch sei: Ich gebe Ihnen mein Wort, dass ich mich nicht in Gefahr begebe. Und ich werde auch keine Ihrer Anweisungen missachten, wenn Sie zu dem Schluss kommen, ich befände mich bereits in Gefahr.«
Todd, dessen aufmerksames Schweigen Michael erneut ins Gedächtnis zurückrief, dass sein Freund die Taktik-Schulungen absolvierte, um eines Tages ein eigenes Schiff befehligen zu können, wandte sich an Judith. »Auf mich können Sie ebenfalls zählen. Bei mir wurden sämtliche nur erdenklichen Sicherheitsüberprüfungen durchgeführt, schließlich war ich nicht nur einmal Michaels Stubenkamerad, sondern sogar zweimal. Mir können Sie voll und ganz vertrauen.«
»Ich tue das auf jeden Fall«, warf Michael ein. »Selbst ohne die ganzen Sicherheitsüberprüfungen.«
»Dann werde auch ich Ihnen vertrauen«, erwiderte Judith. »Wenn Michael das sagt.«
Vincent Valless räusperte sich. »Ich habe die Berichte dieser Sicherheitsüberprüfungen gelesen. Sie vertrauen da wirklich dem Richtigen.«
Ob dieses gänzlichen Vertrauens war Todd hoch erfreut und peinlich berührt gleichermaßen. Er errötete. Doch Michael bemerkte es nicht einmal. Er hatte sich bereits erneut Judith zugewandt. »Danke, dass du so geduldig bist! Mir ist klar, dass du es kaum noch aushalten kannst und endlich etwas unternehmen willst.«
»Ja, das stimmt«, erwiderte sie. »Aber wir haben doch keine Ahnung, wo wir ansetzen können. Bloß aufgescheucht hin und her zu rennen hilft weder Ruth noch uns weiter.«
Aus dem Augenwinkel sah Michael, dass Vincent angesichts dieser beinahe unfassbaren Selbstbeherrschung bewundernd den Kopf schüttelte.
Du solltest sie mal auf der Brücke eines Raumschiffs erleben – mitten im Gefecht , dachte Michael.
Judith, die von diesen Reaktionen nichts mitzubekommen schien, sprach weiter. »Natürlich ist der erste Anhaltspunkt für uns diese Frau vom Sozialdienst, die mich heute aufgesucht hat. Sie hat mir sogar einen Namen genannt: Dulcis McKinley.«
»Der wird wahrscheinlich falsch sein«, merkte Todd an. »Aber besser als gar nichts.«
»Wie sah diese Dulcis McKinley denn aus?«, fragte Michael.
»Ungefähr eine Handbreit größer als ich«, antwortete Judith sofort, »und dabei auffallend schlank. Helles Haar, blasse Haut, hellblaue oder hellgraue Augen – das weiß ich nicht mehr genau. Ihr Haar war ziemlich kurz, im Nacken beinahe schon ausrasiert. Trotzdem wirkte sie im Ganzen überhaupt nicht unweiblich. Ihre Lippen waren sehr voll, und ich weiß noch genau, dass ich sie um ihre Wangenknochen richtig beneidet habe: sehr hoch, sehr elegant.«
»Kurzes Haar ist im Augenblick nicht gerade in Mode«, erklärte Todd mit der Überzeugung eines Mannes, der einen Großteil seiner Landgänge darauf verwandt hatte, sämtliche Frauen zu begutachten, die nicht der Navy angehörten. »Die einzigen Berufszweige, bei denen Kurzhaarfrisuren ewig beliebt sind, dürften wohl die sein, bei denen man einen Raumanzug oder vergleichbare Schutzkleidung tragen muss. Da stören lange Haare nur.«
Michael nickte und fuhr sich geistesabwesend durch die eigenen kurzgeschorenen Locken. »Okay. Also möglicherweise jemand, der regelmäßig Außeneinsätze im All durchführt.«
Michael hatte seinen Minicomp mitgebracht, denn eigentlich hatte er Judith und Ruth Aufnahmen von einigen Orten zeigen wollen, die er seit seinem letzten Brief aufgesucht hatte. Jetzt zog er das kleine Gerät aus der Tasche. »Ich werde erst einmal diesen Namen überprüfen«, sagte er.
»Ist das ratsam?«, fragte Judith sofort nach. »Vielleicht hat jemand ein Programm aktiviert, das ihn warnt, sobald jemand nach genau diesem Namen sucht.«
»Eigentlich«, widersprach Michael, »wäre es angesichts der Situation deutlich ungewöhnlicher, wenn man auf eine solche Suche verzichten würde. Aber lass mich dafür deinen Comp nehmen. Vielleicht machen die sich ja nicht die Mühe, nach Kennungen zu suchen, aber trotzdem …«
Die Suche führte sie zwar nicht zu der gewünschten Person, aber sie stießen trotzdem auf eine recht interessante Information. Dulcis McKinley war der Name einer Nebenfigur in Herzen am Himmel , einer romantischen Komödie, die vor etwa fünfzehn T-Jahren äußerst beliebt gewesen
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