Die Feuertaufe
anderen. »Und sorgen Sie dafür, dass dieser Scheißzerstörer diese Nachricht auch mitbekommt!«
Kurz glaubte sie, dieser Idiot werde noch mehr Zeit auf dumme Fragen verschwenden, doch dann schloss der Mann nur schweigend den Mund, nickte knapp und wirbelte zu seiner Konsole herum.
»Er hat nicht unrecht«, merkte Watanabe an. Seine Stimme klang jetzt ruhiger und gefasster als zuvor, doch der Blick aus seinen grünen Augen passte Sokolowska überhaupt nicht. »Obermeyer hat doch überhaupt keine Chance, hier noch irgendjemanden ›zurückzupfeifen‹. Und selbst wenn es anders wäre, dauert es noch ungefähr anderthalb Stunden, bis sie sich überhaupt bei uns melden kann!«
»Das weiß ich auch, Sie Idiot!« Zornig funkelte sie ihn an. »Aber Sie wissen genauso gut wie ich, was passieren wird, wenn die verdammten Mantys uns jemals in die Finger bekommen. Ich meine hier wirklich ›uns‹, Julian, ganz egal, was mit den anderen geschieht.«
»Und wie genau soll diese Nachricht das verhindern?«, fragte er nach.
»Wenn dieses Miststück dort draußen – diese Harrington – weiß, dass wir diese Nachricht abgeschickt haben, dann wird Sie auch begreifen, dass wir zu allen möglichen Sillys Kontakt haben. Vielleicht hat sie ja noch nicht verstanden, wie sehr sie sich bei dieser Sache hier die Finger verbrennen kann. Also kann es doch überhaupt nicht schaden, sie das jetzt wissen zu lassen, oder? Und ich denke nicht einmal im Traum daran, mich in der Zwischenzeit brav totzustellen, klar? Sie kann diese Plattform hier nicht einnehmen, ohne dass sämtliche der ›Unbeteiligten‹ umkommen, die ihr anscheinend so am Herzen liegen. Und immerhin ist das da draußen ja bloß ein einzelner beschissener Zerstörer!«
»Und was ist mit den ganzen Marines, die sie, wie sie sagt, an Bord der Rapunzel hat?«, setzte er nach.
»Das ist wahrscheinlich nur ein Bluff! Mir ist ganz egal, was die uns erzählt – ich wette, das ist bloß ein Handelsschiff, das sie irgendwo mitgenommen hat, um eine Deckung zu haben, damit sie näher an uns herankommt«, schoss Sokolowska zurück. Noch während sie das aussprach, wurde ihr klar, dass sie genau das auch tatsächlich glaubte. »Wenn die genug Zeit gehabt hätten, einen richtigen Angriffstrupp zusammenzustellen, dann wären die doch mit mehr als bloß einem Zerstörer angerückt, Julian! Dieser ganze verdammte Frachter ist höchstwahrscheinlich so gut wie leer! Also haben die da drüben allerhöchstens einen einzelnen Zug Marines, und wir haben an Bord dieser Blechbüchse fast zwölfhundert Mann!«
»Von denen keiner einen Panzeranzug hat«, gab Watanabe zu bedenken.
»Na und? Selbst wenn die da drüben Panzeranzüge haben sollten, reden wir hier immer noch von dreißig oder höchstens vierzig Mann – und von denen wird ganz bestimmt nicht jeder wirklich einen Panzeranzug haben. Und selbst wenn diese Harrington glauben sollte, sie hätte genug Marines da drüben, um uns wirklich im Kampf Mann gegen Mann zu erledigen, wird sie doch auch wissen, dass zumindest ein paar der Leute, um die sie sich ach so große Sorgen macht, höchstwahrscheinlich mitten ins Kreuzfeuer geraten würden! Also schauen wir doch mal, ob sie wirklich bereit ist, zu uns an Bord zu kommen, wenn wir ihr deutlich sagen, dass sie das mit der Kapitulation einfach vergessen kann – und sie dann auch noch weiß, dass ich die hiesige Systemregierung bereits informiert habe!«
»Die Plattform hat gerade eine Nachricht abgesetzt, Skipper«, meldete Florence Boyd. Die Bedenken des Signaloffiziers schienen sich ein wenig gelegt zu haben – oder gingen ihr zumindest nicht mehr ständig durch den Kopf. Doch ihre Miene verriet Beunruhigung.
»Was für eine Nachricht?«, fragte Honor ruhig nach.
»Das weiß ich nicht, Ma’am.« Boyd schüttelte den Kopf, und ihre blauen Augen wirkten ernstlich besorgt. »Sie war verschlüsselt.«
»Die hätten das niemals abgesetzt, wenn sie nicht damit rechnen würden, dass irgendjemand sie auffängt, Skip«, warf Taylor Nairobi auf dem Combildschirm von Honors Kommandosessel ein. Nachdem die Hawkwing »klar Schiff zum Gefecht« gemacht hatte, befand sich der Lieutenant Commander ganz nach Vorschrift zusammen mit einer Ersatzkommandocrew im Hilfskontrollraum, doch er wurde in Echtzeit über alles informiert, was auf der Brücke geschah. Im Augenblick wirkte seine Miene etwas weniger besorgt als die Boyds … aber nicht viel weniger.
»Es sei denn, das Ganze wäre nur ein Bluff«,
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