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Die Feuerzangenbowle

Die Feuerzangenbowle

Titel: Die Feuerzangenbowle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinrich Spoerl
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abgewöhnen.“
    Hans zog die Stirne kraus und
überlegte.
    Schwefel ist ein sehr verbreitetes
Element. Es findet sich in der Natur teils rein vor, teils an Metalle gebunden,
es ist eine gelbliche, kristallinische Masse, besitzt ein Atomgewicht von 32,07
und schmilzt bei 112,8 Grad Celsius.
    Alles das hatte Hans bei seinem Abitur
gewußt, aber in der Zwischenzeit verschwitzt. Jetzt lag es wieder parat.
    Der Schnauz hatte inzwischen eine
Portion Schwefelsäure auf Schwefeleisen gegossen. Es gab eine lebhafte
Gasentwicklung und roch wie die Pest.
    „Schwäfelwasserstoif est ein
onangenehmer Geselle. Er besetzt einen entenseven Geroch nach faulen Eiern und
anderen onanständigen Sachen.“
    Die Klasse machte pflichtschuldigst
„Hö-hö-hö-hö“.
    „Du, Rudi, ich weiß jetzt, wie ich’s
ihnen abgewöhne.“
    „Was denn?“
    Schon war Hans aufgesprungen und hatte
beim Schnauz Nasenbluten gemeldet. Er durfte hinaus, flitzte zur Wasserleitung,
wusch sich die Aquarellfarben ab und flitzte weiter bis zum Keller, in den
Heizraum. Hier hingen alte Kittel, Schürzen und Blusen.
    Zehn Minuten später strolchte ein
junger Arbeiter durch die Gänge des Lyzeums. Gesicht und Hände waren
schmutzbeschmiert und ölig. Er trug ein Paket unter dem Arm.
    Am Physiksaal wird er angehalten. Von
der Inspektionslehrerin. Es ist Pause.
    „Ich soll die Wasserleitung nachsehen.“
    „So, dann lassen Sie sich nicht
stören.“
    Er ließ sich nicht stören. Im
Physiksaal packte er das Paket aus. In eine mit Flüssigkeit gefüllte Flasche
ließ er schwarzes Zeug fallen und roch mit befriedigter Grimasse an der
Flasche. Dann stellte er die Geschichte unter den von allen Seiten
geschlossenen Sockel des großen Arbeitstisches und verschwand.
    Es war höchste Zeit; denn schon nahte
die weibliche Oberprima. Die Direktorin erteilte Physik.
    Der Unterricht begann.
    Der Unterricht begann damit, daß die
Fenster geschlossen wurden. Dafür waren drei pflichtbewußte Damen ehrenamtlich
bestellt.
    Schon nach kurzer Zeit wird die
Direktorin unruhig. Sie blickt mißtrauisch umher und fragt schließlich:
    „Ich weiß nicht — hat vielleicht jemand
von Ihnen Käse auf dem Butterbrot?“
    Nein, sie haben keinen Käse.
    Bald darauf fängt sie abermals an zu
schnuppern.
    „Ich weiß nicht, es riecht immer noch
so merkwürdig —.“
    Der Geruch geht nicht weg. Die
Direktorin versucht, die Sache zu übergehen. Vielleicht ist es auch Einbildung.
    Aber es ist keine Einbildung.
    Schließlich platzt sie los: „Was ist
das denn? Riechen Sie das nicht?“
    „Ja“
    „Wonach riecht das eigentlich?“
    Eine meldet sich: „Das riecht nach —“,
sie kann nicht weiter und platzt aus.
    Eine zweite: „Nein, das riecht mehr
nach —“ platzt ebenfalls aus.
    Nach und nach platzen sie alle. Prusten
und quietschen vor Vergnügen.
    Da entschließt man sich zum äußersten:
Die Fenster werden geöffnet.
    Frische Luft kommt herein. Aaaah!
    Aber helfen tut es nicht. Der Geruch
wird immer penetranter. Die Direktorin, die gewissermaßen an der Quelle sitzt,
konstatiert: „Es riecht nach Landwirtschaft.“
    Dann kommt es also von draußen. Die
Fenster werden schleunigst wieder geschlossen.
    Nach weiteren drei Minuten befindet
sich die Klasse in wilder Flucht. Der Unterricht wird abgebrochen. Der Baurat
muß bestellt werden. „Frau Direktorin, dürfen wir nach Hause?“
    „Wir gehen in die Klasse und repetieren
französische Grammatik.“
    Die Fenster des Physiksaales werden
sperrangelweit geöffnet. Vom Gymnasium kann man ungehindert hineinschauen. Aber
man blickt auf leere Bänke.
     
    *
     
    Am nächsten Tag erschien ein eisgraues
Männlein, stellte sich als Baurat vor und suchte die Ursache der Duftei zu
ergründen. Er ergründete sie. Dann meldete er sich bei der Direktorin, um zu
berichten. Die Direktorin gab Deutsch und war intensiv, aber nicht angenehm
beschäftigt. In blonder Scheinheiligkeit hatte Eva die Frage aufgeworfen, warum
Faust nicht um Gretchens Hand angehalten habe. Die Direktorin konnte nicht
antworten. Diese Frage war in den Kommentaren unbehandelt geblieben, und nun
tat sie, was jeder erfahrene Lehrer in solchen Fällen tut: Sie fragte die
Klasse.
    Der Erfolg war entsprechend.
    „Faust wollte nicht. Weil Gretchen ein
Kind hatte.“
    „Setzen. — Bitte?“
    „Faust konnte nicht. Weil Gretchen
schon verheiratet war.“
    „- ? -“
    „Natürlich; denn sie hatte doch ein
Kind.“
    Es klopfte im rechten Augenblick. Herr
Baurat ließ bitten.
    Ein

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