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Die Feuerzangenbowle

Die Feuerzangenbowle

Titel: Die Feuerzangenbowle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinrich Spoerl
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der
Mama um den Hals — beinahe hätte Professor Crey auch etwas abgekriegt — und
singt in einem fort: „Ich habe ein Paddelboot, ich habe ein Paddelboot.“
    Es war Sitte, daß die Primaner um zehn Uhr
unauffällig das Fest verließen; die Unterprimaner sogar schon um halb zehn.
Hans Pfeiffer gelang es gerade noch, Eva in einer Ecke des Saales zu erwischen
und ihr zu gratulieren. Sie war immer noch außer sich.
    „Und ich weiß auch jetzt, von wem das
Boot ist!“
    »Ja?“
    „VonCrey natürlich. Ich bin doch nicht
dumm! Und der hat auch dafür gesorgt, daß ich das richtigeLos bekam. Ist das
nicht goldig von ihm?“
    Hans Pfeiffer sagte nichts und ging
nach Hause. Unterwegs rechnete er: Hundertvierundsechzig Mark — dazu Fracht und
Verpackung sieben Mark zwanzig — Konfekt für Fräulein Mäusezahl drei Mark
fünfzig —.
    Aber auch Professor Crey war nicht
glücklich. Daß man ihm trotz heftigster Gegenwehr das gestiftete Paddelboot in
die Schuhe schob, war zur Not noch zu ertragen. Aber daß man ihm eine Schiebung
mit dem Los zutraute — das konnte er nicht verwinden.
     
    *
     
    Prompt nach dem Sommerfest setzten die
heißen Tage ein.
    Die Hitze schickt der Himmel, damit die
Pennäler hitzefrei bekommen. Aber die Menschen bezeigen oft mangelhaftes
Verständnis für die Schickungen des Himmels. Knauer litt nicht sehr unter der
Hitze. Und Kliemke sprengte Klassenzimmer, Korridore und Schulhof eifrig mir
Wasser und sorgte dafür, daß das Schulthermometer nicht über den kritischen
Punkt kam.
    Derweilen saß die Oberprima beim
Schnauz im Chemiesaal und kämpfte verzweifelt gegen den Schlaf. „Kämpfen“ ist
übertrieben ausgedrückt. Man übte sich in der Technik, sitzend zu schlafen,
ohne den Kopf herunterpurzeln zu lassen. Einzelne hatten es erstaunlich weit
gebracht. Rosen konnte dabei sogar die Augen
offenhalten. Husemann war ganz besonders begabt; aber er hatte eine starke
Neigung zum Schnarchen, und das erwies sich mitunter als störend. Auch
überhörte er mehrfach das Ende der Stunde und lehnte noch einsam in seiner
Bank, wenn Ackermann längst geläutet hatte und die Klasse abgeschwirrt war. Was
er tat, tat er gründlich.
    Selbst der bescheidene Melworm beteiligte
sich am Wettschlafen. Melworm war der Tugendbold der Klasse und das
Geräuschloseste, was man sich denken kann. Selbst wenn er aufgerufen wurde,
antwortete er meist mit einem leisen Schweigen. Daß Melworm überhaupt
existierte, hatte Hans Pfeiffer erst im Laufe der Zeit gemerkt. Von Melworm
ging die Kunde, daß er heimlich Traktätchen verteilte. Dies war freilich nicht
nachzuprüfen, da er seine Klassengenossen damit verschonte. Tatsache war, daß
er sich von allen weltlichen Belustigungen fernhielt. Fragte man ihn: „Melworm,
morgen machen wir Kommers. Du kommst doch hin?“ Dann antwortete er: „O nein;
dies ist nicht der Weg, der zum Heile führet.“ — Aber in der Chemiestunde
schlafen hielt er nicht für sündhaft. Er tat es mit Inbrunst.
    Hans Pfeiffer konnte nicht schlafen. Er
litt an ausgesprochener Schlaflosigkeit. Mancherlei ging ihm durch den Kopf.
Nach Berlin hatte er geschrieben. Und Antwort von Marion erhalten, einen Brief
mit gezogenen Konsequenzen. Vielleicht war es gut so, wie es gekommen war. Es ist
immer gut so, wie es kommt. Wenigstens muß man es glauben, dann stimmt es auch.
    Rudi Knebel war mit dem Kopf
vornübergekippt und dadurch munter geworden. Jetzt lugte er durch das offene
Fenster zum benachbarten Lyzeum hinüber und stellte Betrachtungen an.
    „Hans, denk mal, so ein ganzes Haus
voll Mädels.“
    „Mhm.“
    „Ich möchte, ich wäre auch ein Mädel.
Den ganzen Tag mit den Puppchen zusammen, du, das denk’ ich mir herrlich.“
    „Ein Irrtum. Wenn du ein Mädel wärest,
hättest du nichts von den Mädels.“
    „Ich meine das ja auch anders.“
    „Das macht die Hitze.“
    „Die sollten uns mal ein paar
herüberschicken, Junge, das brächte Leben in die Bude.“
    Dazwischen hörte man die wie
kilometerweit entfernte Stimme des Predigers in der Wüste: „Schwäfelwasserstoff
entstäht dorch Einwerkung von Schwäfelsäure auf Schwäfeleisen nach der
Gleichong —“
    Er kritzelte etwas an die Tafel und
bildete sich ein, daß alle aufpaßten.
    Rudi Knebel starrte noch immer durchs
offene Fenster. Man könnte so hübsch da drüben in den Physiksaal gucken, das
wäre fein. Aber die Bande hat immer die Fenster zu. Warum bloß?
    „Damit es nicht fein ist.“
    „Das müßte man ihnen mal

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