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Die Feuerzangenbowle

Die Feuerzangenbowle

Titel: Die Feuerzangenbowle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinrich Spoerl
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Bauernhaus
genügten, ihn bis auf die Haut zu durchnässen.
    Die Tür war offen. Sie stürmten hinein.
Als ihre Augen sich an das stickige Dunkel gewöhnt hatten, sahen sie sich in
einer armseligen Bauernstube. Ein Mädchen hantierte am Ofen und nahm keine
Notiz von ihnen; auch der alte Bauer, der bewegungslos in einer Ecke saß, ließ
sich nicht stören. In kurzen Zeitabschnitten kamen immer neue Ausflügler, bis
auf die Knochen durchnäßt, in die Stube geflüchtet. Es dauerte nicht lange, da
war der kleine Raum voll von triefenden Menschen. Um die Füße herum bildeten
sich breite Wasserlachen. Und schließlich kam auch vom Hof her, der die
Regenmassen nicht fassen konnte, das Wasser über die Türschwelle in die Stube
gelaufen. Es war alles andere als gemütlich.
    Draußen tobte das Unwetter. Eine
ägyptische Finsternis war eingebrochen. Durch die kleinen Fenster sah man
nichts als niederstürzende Wassermengen. Dazwischen blitzte es in immer
kürzeren Abständen, und das Donnern riß gar nicht mehr ab. Es war, als wenn
mehrere Gewitter in Wettbewerb getreten wären.
    In der Stube pfiff jemand eine
Schlagermelodie. Andere machten „Pst“. Jetzt pfiff der eine erst recht. Eine
lebhafte Debatte entstand; einige hielten es für ungehörig, andere geradezu für
lebensgefährlich, bei einem Gewitter zu pfeifen. Hans Pfeiffer aber nahm den
Vorfall zum Anlaß, einen gelehrten Vortrag über Sitten, Gebräuche und
Aberglauben bei Gewittergefahr vom Stapel zu lassen. Zehnmal so klug, dachte
er.
    Schade, daß Eva etwas Wichtigeres zu
tun gefunden hatte. Da stand gottverlassen in der Ecke ein kleines Bübchen,
pitschenaß bis auf die Knochen, blau angelaufen und bibbernd vor Kälte, und
heulte leise vor sich hin. Keiner kümmerte sich um den kleinen Mann. Aber schon
hatte Eva ihn mit einem Schwung auf den Tisch gesetzt und fing an, ihm Schuhe,
Strümpfe, Hemdchen und Höschen auszuziehen. Dann rieb sie den kleinen Nackedei
trocken und mummelte ihn in ihre Sommerjacke. Seine nassen Sächelchen hing sie
zum Trocknen über den Ofen. Und als der kleine Bengel noch ein Glas heiße Milch
bekam, das sie sich von den Bauersleuten erbat, war er wieder glücklich und
zufrieden, stellte sein Flennen ein und lachte breit übers ganze Gesicht. Nun
meldete sich auch seine Schwester, die bisher damit beschäftigt war, ihre
verregnete Frisur in Ordnung zu bringen und ihre Handtasche trockenzureiben.
    Allmählich schien es draußen heller zu
werden. Eva war ans Fenster getreten; Pfeiffer sah im Gegenlicht ihre
Silhouette. Wie ein alter Scherenschnitt, dachte er. Und mit welcher
Beherztheit und Selbstverständlichkeit hatte sie den kleinen Jungen ausgezogen.
Als wenn sie nie im Leben etwas anderes getan hätte, als nasse Jüngelchen
trockenzulegen.
    Er empfand das Bedürfnis, auch
seinerseits etwas Vernünftiges zu tun. Er veranstaltete unter den Ausflüglern
eine kleine Sammlung zugunsten des armen Bauern, dem man tüchtig die Bude
beschmutzt hatte. Der alte Mann nahm die 1,30 Mark mit derselben
Gleichgültigkeit an, mit der er das Unwetter und die ungebetenen Gäste über
sich hatte ergehen lassen.
    Der Regen hörte auf. Die Bewohner
verkrümelten sich allmählich. Auch Hans und Eva traten den Heimweg an.
    Der Wald war in einen Morast
verwandelt. Die lehmigen Wege standen unter Wasser. „Ich hätte mein Faltboot
mitbringen sollen“, meinte Eva. Ihre leichten Sommerschuhe waren den Strapazen
nicht gewachsen; an dem einen löste sich vorn die Sohle. Hans opferte die
Hälfte seines Schnürriemens und legte dem Schuh einen Notverband an. Dreißig
Meter weiter war bereits die Auflösung der Sohle vollendet, und Eva schritt
beherzt in ihrem Schuh auf bloßem Strumpf durch den Wald. Da entstand ein neues
Hindernis. Ein kleines Rinnsal, sonst mit einem Schritt zu übersteigen, hatte
sich in einen tosenden Wildbach verwandelt. Es blieb nichts anderes übrig, als
ihn an einer Stelle, wo er breit wie ein See, aber dafür weniger tief und reißend
war, zu durchwaten. Hans zog Schuhe und Strümpfe aus, krempelte sich seine Hose
so hoch er konnte und trug Eva hindurch. Eine süße Last, dachte er, als er
ihren jungen Körper fühlte. So dachte er die ersten paar Meter. Dann dachte er
nur noch an das gelbe, gurgelnde Wasser, das ihm wild um die Knie schoß. Und
schließlich merkte er, daß er Eva unglücklich gefaßt hatte. Er war an
Traglasten nicht gewohnt. Sie wurde ihm von Schritt zu Schritt schwerer. Ich
bin ein Christophorus, dachte er.
    Als er

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