Die fiese Meerjungfrau
Hände, die Danielles Herz frösteln ließen. Beatrices Hände waren über ihrem Bauch gefaltet; ihre Finger sahen aus wie miteinander verflochtene Stäbchen. Die Haut war trocken und hing schlaff von den Knochen. Sie trug keinen Schmuck bis auf ihren Ehering, der so locker saß, dass er hätte herunterfallen können.
Zwei silberne Räucherfässer hingen an den Wänden zu beiden Seiten des Altars. Der Rauch war stark parfümiert und trieb Danielle die Tränen in die Augen.
»Tymalous und ich waren imstande, die Wunde zu schützen und daran zu hindern, brandig zu werden«, sagte Vater Isaac ohne aufzusehen. »Am Anfang schien sie zu gesunden, wenn auch langsam. Aber dass sie nicht schlucken kann, hat zur Folge, dass ihr Körper die Kraft verloren hat, sich selbst zu reparieren.«
»Sie verhungert!«, flüsterte Danielle.
Schnee hatte von Talia Lireas Messer zurückbekommen; sie trug es mit beiden Händen, als sie sich dem Altar näherte. Ihre Bewegungen waren steif vor Schmerzen, aber sie sagte kein Wort.
Mit einer Miene, in der sich gleichermaßen Abscheu wie Neugier spiegelten, starrte Isaac das Messer an. »Sie ist also in diesem Ding gefangen, zusammen mit einem anderen. Kannst du sie befreien?«
Schnee warf einen Blick auf Danielle. »Beatrice ist so schwach ... Ich weiß nicht, was passieren wird, wenn beide Seelen frei gelassen werden. Es besteht die Möglichkeit, dass Gustan versuchen wird, sich ihren Körper zu nehmen. Ich hatte gehofft, Beatrice wäre stark genug, um dabei zu helfen, ihn abzuwehren. Ich könnte versuchen, mich selbst in das Messer zu begeben, um Gustan in Schranken zu halten, bis Beatrice in der Lage ist -«
»Nein!« Danielle war sich nicht sicher, wer es zuerst gesagt hatte - sie, Talia oder Vater Isaac. Sie hastete an Schnees Seite. »Talia, bleibst du bitte bei Schnee, um sicherzustellen, dass sie keine weiteren Experimente mehr macht?«
Schnee verdrehte die Augen und stieß einen melodramatischen Seufzer aus. »Na schön. Ich finde auch einen anderen Weg. Vater Isaac, könntet Ihr mit mir kommen und mir helfen -«
Er schüttelte den Kopf. »Ich kann das Gotteshaus nicht verlassen. Darüber hinaus ist es auch nicht sicher, mit solchen Zaubern so dicht bei der Königin herumzuexperimentieren.«
Schnee wollte schon etwas darauf erwidern, drehte sich dann aber doch um und musterte die Wände der Kapelle. Sie schnupperte an der Luft. »Der Weihrauch?«
»Ebenso wie gewisse Verzauberungen, die in die Farbglasfenster eingearbeitet sind«, sagte Isaac.
Danielle betrachtete die Fenster. »Ich verstehe nicht?«
»Er beschützt sie.« Schnee deutete auf die Räucherfässer. »Er hat einen Trank unter den Weihrauch gemischt. Nein, zwei Tränke.« Sie schnupperte noch einmal. »Einen, um gewisse Dämonen abzuwehren, und einen anderen, um ...« Sie wandte sich an Vater Isaac. »Ist das ein Schlaftrunk?«
»Nicht ganz«, antwortete Isaac. »Ich betrachte es eher als Friedenstrunk. Versuch, mich zu schlagen!«
Schnee zuckte die Achseln und hob die Hand. Mitten in der Bewegung drehte sie sich gähnend weg.
»Je größer der Zorn oder die Feindseligkeit, desto stärker die Magie«, sagte Isaac.
Schnee und Danielle drehten sich beide um und sahen Talia an, die mit finsterer Miene dastand. Entweder hatte ihre Wut sich gelegt, oder aber ihr Fluch beschützte sie vor der Wirkung von Isaacs Trank.
»Die Fenster sind ebenfalls geschützt«, führte Schnee aus. »Sie sperren von außen kommende Magie aus und unterdrücken Zauber, die im Innern des Gotteshauses gewirkt werden. Selbst wenn ich hier arbeiten könnte, würden unsere Zauber sich gegenseitig stören.«
»Es ist notwendig«, erklärte Isaac. Er tippte den Löffel an und ließ einige Tropfen Brühe zwischen die Lippen der Königin fallen. Vielleicht hoffte er, eine so geringe Menge könnte es den Weg hinunter durch Beatrices Hals schaffen, auch wenn sie nicht schlucken konnte, um ihr zu helfen. »Der Mensch ist nicht dazu bestimmt, auf der Grenze zwischen Leben und Tod zu stehen. In diesem Zustand ist deine Mutter äußerst verwundbar; ich muss hierbleiben, um sie zu beschützen.«
»Dann lasst Trittibar kommen!«, brauste Armand auf. »Ruft jede Hexe und jeden Geisterbeschwörer aus der Stadt her und lasst sie an diesem Messer arbeiten!«
»Trittibar ist ein Elf«, wandte Schnee ein. »Seine Magie kommt zu ihm durch den Hügel in Elfstadt. Seine Zauber sind zu verschieden von denen Morverens.« Sie beugte sich herab und küsste
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