Die Finsteren
jagte ein Pochen durch seinen Schädel. Zorn begann, die Angst zu verdrängen. Dann prallte erneut etwas gegen die Tür. Diesmal entstand dabei ein leiseres Geräusch. Claytons Instinkt verriet ihm, dass es sich um einen gegen die Tür sackenden Körper handelte. Dann folgte ein anderer Laut.
Ein leises, stockendes Schluchzen.
Clayton vernahm es erneut. So hörte sich jemand an, der tiefe Seelenqualen litt. Jemand, den Verzweiflung heimsuchte. Um wen auch immer es sich handeln mochte, dieser Bulle war’s eindeutig nicht. Den Mann hielt er für ein gefühlloses Monster. Der weinte mit Sicherheit nicht auf Clayton Campbells Schwelle.
Einer der Teenager. Muss so sein .
Clayton hatte seit Wochen keinen mehr von ihnen gesehen. Seit jener schrecklichen Nacht nicht mehr. Etwas musste vorgefallen sein. Etwas, das alles veränderte. Es gab keinen Beweis dafür. Niemand hatte ihm etwas gesagt. Aber er spürte es tief im Herzen. In jener Nacht lag etwas Böses in der Luft und es berührte nicht nur ihn. Der parallele Tod von Dereks Vater untermauerte seine Meinung zusätzlich. Er war überzeugt davon, dass sich die Abwesenheit der Kids nicht mit der falschen Geschichte über einen tätlichen Übergriff erklären ließ, die Fiona dem Bullen gesteckt hatte. Die anderen Teenager fielen auf einen solchen Quatsch nicht herein. So eine eigennützige Lüge durchschauten sie mühelos.
Zumindest hoffte er das.
Trotz allem wollte er immer noch, dass sie ihn mochten. Das galt selbst für Fiona.
Clayton drehte den Knauf und öffnete vorsichtig die Tür. Das durchdringende Aroma von Alkohol wurde hereingeweht. Als sie ganz aufschwang, erblickte er einen leicht gebückten Mark Bell auf seiner Veranda. Die Augen des Jungen waren gerötet und feucht, sein Kopf schaukelte benommen auf den Schultern. Mit der rechten Faust umklammerte er eine Literflasche mit irgendeinem Fusel – eine zerknitterte braune Papiertüte verhüllte, um welche Marke es sich handelte.
Mark sah Clayton in die Augen und begann, hemmungslos zu weinen. Seine Schultern hoben und senkten sich, als die Gewalt der Emotionen seinen Körper durchschüttelte. Clayton zeigte sich völlig verdutzt. Der Mark Bell, den er kannte, war ein harter Kerl. Vielleicht der toughste Jugendliche, den er je getroffen hatte. Clayton verzog das Gesicht und bedeutete ihm mit einer Kopfbewegung, einzutreten. Mark stolperte ins Haus und wäre beinahe hingeschlagen, als einer seiner Füße linkisch an der Schwelle hängen blieb. Clayton stützte ihn an einer Schulter und richtete ihn auf.
Er löste die Flasche mit dem Alkohol aus Marks Fingern. Mark streckte sich danach und murmelte protestierend etwas vor sich hin, aber Clayton hielt sie außer Reichweite und entfernte sich von dem Jungen, um die Tür zuzuschlagen. »Du hast genug. Ich weiß zwar nicht, was mit dir los ist, aber das weiß ich.«
Er führte Mark ins Wohnzimmer, wo der Junge aufs Sofa plumpste und Mühe hatte, die Augen offen zu halten. Wahrscheinlich stand er kurz davor, die Besinnung zu verlieren. Damit hatte Clayton kein Problem. Der Bursche musste seinen Rausch ausschlafen. Aber es war schon seltsam. In der Regel fingen die Jugendlichen erst etwa um diese Zeit mit dem Trinken an, Mark jedoch musste sich schon seit Stunden zugeschüttet haben.
Die Eltern dieses Jungen schenken ihm überhaupt keine Beachtung.
Der Gedanke machte Clayton wütend, vorwiegend, weil es ihn stark an seine eigene Jugend erinnerte.
Was ist bloß mit all diesen Arschlöchern los? Verdammt, sogar ich kümmere mich besser um diese Teenager als ihre Eltern .
Natürlich wusste Clayton, dass er selbst ein lausiges Vorbild abgab, trotzdem fühlte es sich verdammt wahr an.
Mark schien noch nicht bereit zu sein, wegzutreten. Eine Weile saß er mit dem Kopf an der Rückenlehne da. Seine Lider flatterten ein wenig, aber er verlor nicht das Bewusstsein. Schließlich schüttelte er heftig den Kopf und rutschte zum Rand des Sofas, um mit rot geränderten Augen zu Clayton aufzuschauen. »Kumpel, bitte ... kann ich ein Bier haben? Ich weiß, dass ich nichts Hochprozentiges mehr vertrage.«
Clayton musterte den Burschen eine Weile, bevor er antwortete. Marks Blick wirkte zwar nicht annähernd nüchtern, aber trotzdem überraschend fest. Der Junge wollte über etwas reden und schien fest entschlossen zu sein, wach zu bleiben, bis er die Worte ausgespuckt hatte. »Na schön. Warte hier. Klapp mir bloß nicht zusammen, während ich weg bin, okay?«
Mark
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