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Die Finsteren

Die Finsteren

Titel: Die Finsteren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bryan Smith
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brachte ein benommenes Lächeln zustande. »Ja. In Ordnung.«
    Clayton ging in die Küche, wo er vor der mit Magneten und Notizzetteln bedeckten Kühlschranktür stehen blieb, um die zerknitterte Papiertüte von der Alkoholflasche zu schälen. Als er das Bacardi-151-Etikett sah, verzog er das Gesicht.
    Der Junge hat keinen Scheiß geredet – das ist wirklich hochprozentiges Zeug .
    Er zerknüllte die Papiertüte und warf sie in den Abfalleimer. Dann schraubte er den Verschluss von der Flasche, trank einen ausgiebigen Schluck und zog eine Grimasse, als der 75-prozentige Rum seine Kehle hinunterbrannte. Das war guter Stoff, der allerdings besser mit etwas gemischt werden sollte, um sanfter für den Gaumen zu sein und die Wirkung des Alkohols zu lindern. Irgendwie hatte es der Junge geschafft, fast ein Drittel der großen Flasche zu leeren, ohne ins Koma zu fallen. Vermutlich schwebte er tief im Land der Träume, wenn Clayton ins Wohnzimmer zurückkam.
    Er räusperte sich. »Bist du noch wach, Junge?«
    Die Antwort kam rascher und deutlicher als erwartet. »Verdammt, ja. Rück endlich raus mit dem Bier.«
    Clayton genehmigte sich einen zweiten Schluck aus der Bacardi-Flasche, bevor er den Verschluss wieder zuschraubte. Er stellte sie auf der Arbeitsfläche ab und öffnete den Kühlschrank. Das oberste Fach beherrschten mehrere Dutzend Bierflaschen verschiedener Brauart und Marken. Wenn es um Bier ging, mochte Clayton Abwechslung. Er hatte helles Bier, Lagerbier, Pilsner, Starkbier, Porter und einige kreative Variationen vorrätig. Darunter befand sich auch eine Flasche Bud Light, die von einem früheren Besuch von Mark Bell und einigen Freunden stammte. Clayton griff danach und schob einige der anderen Flaschen zur Seite, um im hinteren Bereich herumzutasten. Als er schon anfing zu vermuten, der gesuchte Gegenstand wäre verschwunden, erspähte er ihn in einem Winkel hinter einer großen Pulle Dead Guy Ale. Die Flasche alkoholfreies O’Doul stellte ein Relikt seines jüngsten, halbherzigen Versuchs dar, abstinent zu leben.
    Von Anfang an zum Scheitern verurteilt, dachte er mit einem reumütigen Lächeln. Du wirst niemals trocken, weil das kein Teil von dir wirklich will .
    Clayton öffnete die Verschlüsse beider Flaschen und leerte das Bud Light ins Spülbecken. Dann füllte er die leere Bud-Light-Flasche vorsichtig mit dem alkoholfreien Gebräu. Anschließend warf er die O’Doul-Flasche in den Abfalleimer, schnappte sich selbst ein Snake Dog IPA und kehrte ins Wohnzimmer zurück.
    Mark nahm die Flasche mit einem ironischen Lächeln entgegen. »Was denn, bin ich nicht genug für eine deiner Kennermarken?«
    Clayton ließ sich auf einen Lehnsessel fallen, der in einem Winkel stand, aus dem er sowohl den Fernseher als auch das Sofa im Blickfeld hatte. »Du wolltest ein Bier und du hast eins gekriegt. Ich finde, du kannst im Moment was Schwächeres vertragen.«
    Mark trank einen verhaltenen Schluck. »Pfui Teufel.«
    Clayton zuckte mit den Schultern. »Light ist eben light.«
    »Echt genial, Mann.«
    Clayton lächelte. »Ich weiß. Der Spruch ist von mir. Weiß bloß keiner.«
    »Du laberst einen solchen Scheiß.«
    »Ich weiß.« Clayton trank einen Schluck von seinem eigenen Bier. »Also, warum erzählst du mir nicht, warum du wie ausgekotzt aussiehst?«
    Mark grinste. »Wie ausgekotzt, hä? Stammt das auch von dir?«
    »Was du gerade machst, würde ein typischer Sozialarbeiter-Depp als Ausweichtaktik bezeichnen. Lass den Scheiß und erzähl, was los ist.«
    Marks Grinsen verpuffte. Sein Gesicht schien in sich zusammenzufallen. Die Tränen kamen schnell und heftig, liefen in Rinnsalen bis auf die Unterarme des Jungen hinab. Als Clayton beobachtete, wie der Junge weinte, spürte er eine Beklemmung in der Brust, ein Aufkeimen schlummernder Emotionen. Du bist ein Idiot. Das sind bloß Kinder. Wirklich nur Kinder. Gerissener und härter als die meisten, aber am Ende des Tages eben nur Kinder .
    Er hatte nicht den leisesten Schimmer, was er tun oder sagen sollte.
    Aber er durfte Mark nicht hängen lassen.
    »Junge ... komm schon. Das wird alles wieder.«
    »NEIN, WIRD ES NICHT!«, heulte Mark auf. Zornig wischte er sich die Tränen aus den Augen und starrte Clayton finster an. »Ich liebe sie, verfluchte Scheiße. Ich liebe sie so sehr. Und sie reagiert nicht auf meine Anrufe oder Nachrichten. In der Schule schneidet sie mich. Heute stand ich vor ihrem Haus und klopfte an die Tür. Das hab ich noch nie gemacht. Ihre

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