Die Finsteren
nachzudenken, und trank, um seine Nerven zu beruhigen. Das tat er, bis es an der Tür klopfte. Das musste Jared sein, der später als angekündigt aufkreuzte.
Mark öffnete die Tür.
Es handelte sich nicht um Jared.
Mark starrte Fiona an und schwieg einen Moment lang verblüfft. »Oh. Hi.«
Ihre Hände steckten in den Taschen ihrer Kapuzenjacke. »Was machst du hier? Wo ist Clay?«
»Clay ist ... losgezogen. Bin nicht sicher, wohin. Und ich bin hier, weil ich mich gewissermaßen verstecke. Was ist mit dir? Verblüfft mich irgendwie, dich zu sehen. Weißt du, ich hab grad versucht, dich anzurufen, und musste ein echt krasses Gespräch mit deiner Mutter führen.«
»Ich weiß. Hab’s gehört. Sie ließ mich nicht ans Telefon gehen.«
Aus unerfindlichem Grund verspürte Mark einen Anflug von Unbehagen, dass sie die Vergangenheitsform wählte. »Aha.«
Ihre Hand glitt aus der Jackentasche. »Eigentlich wollte ich bei dieser Scheiße mit Clay anfangen, aber mit dir geht’s auch.«
In ihrer Hand prangte eine Waffe. Ein Revolver. Fiona drängte ihn ins Haus und spannte den Abzug. »Tut mir leid. Es gibt keine andere Möglichkeit.«
Mark hob die Hände. Sie zitterten. Wie ernst sie ihr Vorhaben nahm, ließ sich nicht übersehen. Er verstand es zwar nicht, doch das machte es keine Spur weniger real. Sie plante, ihn umzubringen. »Warum machst du das?«
Traurig lächelte sie. »Weil es so sein muss.«
Plötzlich hörten seine Hände auf zu zittern. Wut begann, seine Angst zu verdrängen. »Das ergibt nicht den geringsten Sinn. Wovon redest du? Was ist los mit dir?«
Sie lachte – ein matter, zerbrechlicher Laut. Das Geräusch einer gebrochenen Seele, das Mark innerlich schmerzte, während er den Lauf der Waffe entlangblickte. »Du weißt, was mit mir los ist. Dasselbe wie mit uns allen. Aber soll ich dir was verraten? Wärt ihr gestern Abend nicht bei der Bowlingbahn aufgekreuzt, hätte es nur Kevin, mich und diese scheiß Sportskanonen erwischt. Ich find’s gut, dass ihr gekommen seid, um das zu vermasseln. Seitdem hatte ich Zeit zum Nachdenken. Wir müssen alle sterben. Wir sind nicht für diese Welt bestimmt.«
»Das ist Bullshit.«
Ihre Züge wurden härter. »Ist es nicht. Ich habe mir lange den Kopf darüber zerbrochen. Die Nacht im Keller hat mir nur einen Vorwand geliefert. Menschen wie du und ich sind nicht für diese Welt geschaffen. Es ist alles viel zu schwierig, also scheiß auf die Welt. Scheiß aufs Leben.«
Mark starrte sie abschätzend an. Sie stand vielleicht 30 Zentimeter außerhalb seiner Reichweite. Allerdings lief ihm die Zeit davon. Trotzdem musste er versuchen, ihr die Waffe aus der Hand zu reißen. Wahrscheinlich würde er bei dem Versuch sterben, aber das schien ihm immer noch besser zu sein, als rumzustehen und sich wie ein Weichei in sein Schicksal zu fügen.
Er sah ihr in die Augen. Vielleicht gab es noch eine Möglichkeit, sie abzulenken und sich einen geringfügigen Vorteil zu verschaffen. »Fiona ... hast du deine Mutter umgebracht?«
Ihr stockte der Atem.
Mark setzte sich in Bewegung.
Fiona drückte den Abzug.
36
Das Garagentor fuhr ratternd in seiner Führung nach oben, und Clayton Campbell setzte mit dem alten Cadillac zurück. Der Motor stotterte und erstarb auf halbem Weg die Auffahrt hinunter. Er verfluchte die alte Karre und nahm sich einen Moment Zeit, um einen Knopf an der Fernbedienung für die Garage zu drücken, die an der Sonnenblende über seinem Kopf befestigt war. Dann versuchte er erneut, den Motor zu starten. Geräuschvoll schloss sich das Tor. Clayton widmete seine Aufmerksamkeit wieder der Aufgabe, den Wagen anzulassen. Der Caddy hatte früher seinem Vater gehört und war über ein Vierteljahrhundert alt. Bisweilen gebärdete sich die Karre ziemlich störrisch. Er drehte den Schlüssel im Zündschloss. Der Motor gab diese ärgerlichen Schleifgeräusche von sich, bevor er stotterte und wieder ansprang. Clayton trat das Gaspedal mehrmals durch. Als der Motor rund zu laufen schien, legte er den Gang ein und fuhr rückwärts den Rest der Einfahrt hinunter.
Er steuerte den Wagen von seinem Haus weg, das aus der Zeit vor der baulichen Erschließung von Wheaton Hills stammte. Es gehörte zu einer Handvoll von Eigenheimen, das ein früheres Bauunternehmen errichtet hatte, bevor es letztlich bankrottging. Die Bewohner von Wheaton Hills kamen erst einige Jahre später und fingen an, rings um die bestehenden Häuser zu bauen. Es war schon verrückt, wie viele
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