Die Firma
Sie in Europa oder Australien leben wollen, brauchen Sie es nur zu sagen. Sie werden bevorzugt behandelt. Ich weiß, wir versprechen eine Menge, Mitch, aber wir meinen es ernst, und wir geben es Ihnen schriftlich. Wir zahlen eine Million Dollar, steuerfrei, und sorgen für Sie an jedem Ort, für den Sie sich entscheiden. Das also ist unser Angebot. Dafür müssen Sie uns die Firma aushändigen und die Moroltos. Darüber reden wir später. Fürs erste ist Ihre Zeit abgelaufen. Voyles sitzt mir im Nacken, und jetzt muß sich schnell etwas tun. Rufen Sie mich am Donnerstagabend um neun von dem Münzfernsprecher neben der Toilette bei Houston auf der Poplar an. Bis demnächst, Mitch.«
Er fuhr sich mit einem Finger über die Kehle, und Abby drückte auf den Stop-und dann auf den Rückspulknopf. Er reichte ihr die Kopfhörer, und sie hörte ihrerseits aufmerksam zu.
Es war ein unschuldiger Spaziergang im Park, zwei Verliebte, die Händchen hielten und gemächlich durch das kühle, klare Mondlicht wanderten. Sie blieben bei einer Kanone stehen und blickten auf den majestätischen Fluß, der sich ganz langsam New Orleans entgegenwälzte. Der gleichen Kanone, neben der der inzwischen verstorbene Eddie Lomax einst in einem Graupelschauer gestanden und einen seiner letzten Ermittlungsberichte abgeliefert hatte.
Abby hielt die Kassette in der Hand und beobachtete den Ruß unter ihnen. Sie hatte sie sich zweimal angehört und sich geweigert, sie im Wagen liegenzulassen, wo Gott weiß wer sie in die Hand bekommen konnte. Nach Wochen, in denen sie sich in Schweigen geübt und sich angewöhnt hatten, nur im Freien zu reden, waren die Worte schwierig geworden.
»Also, weißt du, Abby«, sagte Mitch schließlich und klopfte dabei auf das hölzerne Rad der Kanone, »ich habe mir schon immer gewünscht, bei der Post zu arbeiten. Ich hatte einen Onkel, der Landbriefträger war. Das wäre doch etwas.«
Es war ein Glücksspiel, der Versuch, die Sache mit Humor zu nehmen. Aber es funktionierte. Sie zögerte drei Sekunden, dann lachte sie leise, und er erkannte, daß sie das tatsächlich als k o misch empfand. »Ja, und ich könnte in einem Altersheim die Fußböden wischen.«
»Du brauchtest keine Fußböden wischen. Du könntest Bettpfannen leeren, irgendetwas Sinnvolles, etwas Unauffälliges tun. Wir würden in einem hübschen, kleinen Holzhäuschen an der Maple Street in Omaha wohnen. Ich wäre Harvey, und du wärest Thelma, und wir würden uns einen kurzen Allerweltsnachnamen zulegen.«
»Poe«, schlug Abby vor.
»Das ist großartig. Harvey und Thelma Poe. Familie Poe. Wir hätten eine Million Dollar auf der Bank, könnten aber keinen Pfennig davon ausgeben, weil dann alle Leute in der Maple Street es wüßten und wir auffallen würden, was das letzte wäre, was wir wollten.«
»Ich würde mir eine neue Nase machen lassen.«
»Deine Nase ist vollkommen.«
»Abbys Nase ist vollkommen, aber wie steht es mit Thelma?
Die würde eine andere Nase brauchen, meinst du nicht?«
»Ja, vermutlich.« Er hatte genug von dieser Art Humor und verstummte. Abby trat vor ihn, und er legte ihr einen Arm um die Schultern. Sie beobachteten einen Schlepper, der ein paar Kähne unter der Brücke hindurchzog. Hin und wieder verdunkelte eine Wolke den Mond, und gelegentlich kam ein kühler Windhauch von Westen und legte sich dann wieder.
»Glaubst du Tarrance?« fragte Abby.
»In welcher Hinsicht?«
»Angenommen, du unternimmst nichts. Glaubst du, daß das FBI eines Tages wirklich in die Firma eindringen wird?«
»Ich wage nicht, das nicht zu glauben.«
»Also nehmen wir das Geld und ergreifen die Flucht?«
»Für mich ist es leichter, das Geld zu nehmen und die Flucht zu ergreifen, Abby. Ich habe nichts, was ich zurücklassen müßte. Bei dir ist das anders. Du würdest deine Eltern nie wiedersehen.«
»Wohin würden wir gehen?«
»Ich weiß es nicht. Aber ich würde nicht in diesem Land bleiben wollen. Den Feds ist nicht voll und ganz zu trauen. Ich würde mich in einem anderen Land sicherer fühlen, aber das werde ich Tarrance nicht erzählen.«
»Wie sieht der nächste Schritt aus?«
»Wir schließen einen Handel ab, dann machen wir uns so schnell wie möglich an die Arbeit und sammeln genügend Material, um das Schiff zu versenken. Ich habe keine Ahnung, was genau sie haben wollen, aber ich werde es ihnen besorgen. Wenn Tarrance genug hat, verschwinden wir. Wir nehmen unser Geld, lassen uns neue Nasen machen und
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