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Die Flamme erlischt

Die Flamme erlischt

Titel: Die Flamme erlischt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: George R. R. Martin
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unablässig gegen sein Bein, genauso, wie er es im Tunnel getan hatte. Trotz ihres Knebels versuchte Gwen zu schreien. Pyrs teyn, der spindeldürre Kavalare mit dem unbändigen Haar, kam herüber und stellte sich drohend neben sie.
    Aber der ungeknebelte Dirk hatte die Lage erfaßt. »Ich werde nicht schweigen«, rief er. Wenigstens versuchte er es. Seine Stimme wollte noch nicht recht mitmachen. »Sie waren Mörder und verdienten den Tod.«
    Alle Braiths blickten auf ihn.
    »Knebelt ihn, bringt ihn zum Schweigen«, sagte Pyr. Schnell leistete sein teyn diesem Befehl Folge. Als es geschehen war, ergriff Pyr wieder das Wort. »Du wirst noch ausreichend Zeit zum Schreien haben, Dirk t'Larien, wenn du nackt durch die Wälder rennst und meine Hunde hinter dir bellen hörst.«
    Linkisch wandte sich Bretan um. Auf seinem Narbengewebe glitzerte Licht. »Nein«, sagte er. »Zuerst erhebe ich Anspruch.« Pyr sah ihm ins Gesicht. -»Ich verfolgte den Spottmenschen. Ich nahm ihn gefangen.« Bretans Gesicht zuckte.
    Chell, der noch immer die Hundekette um die Faust gewickelt hielt, legte seine andere schwere Hand auf Bretans Schulter. »Das geht mich nichts an«, sagte ein anderer. Es war der Braith, der am Boden saß und unbeweglich starrte. »Was wird aus der Schlampe?« Sichtlich ungern wandten ihm die anderen ihre Aufmerksamkeit zu. »Sie können wir nicht bestrafen, Myrik«, sagte Lorimaar Hoch-Braith. »Sie gehört zu Eisenjade.«
    Das Gesicht des Mannes verzerrte sich. Einen Augenblick lang war er kaum wiederzuerkennen. Die Grimasse erinnerte an ein Tier, unbekannte Emotionen kamen zum Vorschein. Dann war es vorbei. Seine Züge wurden wieder zu dem bleichen, unbewegten Antlitz, das keine Regung verriet. »Ich werde diese Frau töten«, sagte er. »Teraan war mein teyn. Sie hat seinen Geist auf eine seelenlose Welt verdammt.« »Sie?« Lorimaars Stimme klang ungläubig. »Ist das die Wahrheit?« »Ich habe es gesehen«, erwiderte der Mann am Boden, den sie Myrik nannten. »Als sie uns niederfuhr und Teraan sterbend liegen ließ, habe ich noch hinterhergefeuert. Es ist die Wahrheit, Lorimaar Hoch-Braith.«
    Dirk versuchte, auf die Beine zu kommen, aber der spindeldürre Kavalare stieß ihn hart zurück und schlug, wie zur Bekräftigung seiner Handlung, Dirks Kopf gegen den Metallkotflügel des Gleiters. Dann sprach der schwächliche Alte – jener klauenbewehrte Veteran, der den Kinderkopf trug. »Dann nehmt sie zu Eurer persönlichen Beute«, sagte er mit einer Stimme, die so dünn und scharf war wie das Abhäutmesser, das er am Gürtel trug. »Die Weisheit der Festhalte ist alt und über alle Zweifel erhaben, meine Brüder. Sie ist nun keine echte Frau mehr, falls sie je eine war, weder Haltfrau noch eyn-kethi. Wer würde seine Stimme für sie erheben? Sie hat den Schutz ihres Hochleibeigenen verlassen, um mit einem Spottmenschen davonzulaufen! Wenn ihr Fleisch je richtiges Menschenfleisch war, dann ist das nicht länger so. Ihr kennt die Wege der Spottmenschen, der Lügner, der Wermenschen und großen Betrüger. Allein im Dunkel mit ihr, hat dieser Spottmensch Dirk t'Larien sie sicherlich erschlagen und einen Dämonen gleich ihm an ihre Stelle gesetzt, der genauso aussieht wie sie.«
    Chell nickte zustimmend und sagte etwas Feierliches auf Altkavalar. Die anderen Braiths sahen weniger überzeugt aus. Lorimaar tauschte fragende Blicke mit seinem teyn, dem Untersetzten, Bulligen. Bretans scheußliches Gesicht, zur einen Hälfte wie eine Maske aus Narbengewebe, zur anderen Hälfte wie die reine Unschuld, gab keinerlei Aufschluß. Pyr blickte finster drein und klopfte weiterhin unablässig mit seinem Stock.
    Roseph war es, der etwas erwiderte. »Als ich Schiedsrichter am Todesquadrat war, habe ich Gwen Delvano für menschlich erklärt«, sagte er vorsichtig.
    »Das ist wahr«, meinte Pyr.
    »Vielleicht war sie damals menschlich«, sagte der alte Mann. »Jetzt aber hat sie Blut gekostet und mit einem Spottmenschen geschlafen. Wer würde sie jetzt noch menschlich nennen?« Die Hunde begannen zu jaulen.
    Jene vier, die Myrik an den Gleiter gekettet hatte, eröffneten das schaurige Konzert, in das die in Lorimaars überdachtem Fahrzeug eingeschlossene Meute einstimmte. Chells Riesenhund knurrte und zog an seiner Kette, bis der ältliche Braith ärgerlich herumfuhr. Daraufhin setzte sich das Tier und fiel in das Heulkonzert ein. Fast alle Jäger starrten in die geräuschlose Dunkelheit hinter ihrem kleinen Kreis. Der zur

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