Die Flamme erlischt
Spottmensch. Welch eine Schande für mich! Aber jetzt wasche ich mich rein. Chell und ich werden Euch alle drei töten.«
»Vielleicht wird es so sein«, sagte Vikary. »Es soll schon bald geschehen, und dann werden wir sehen.«
»Und deine beteyn- Schlampe auch«, sagte Bretan. Er konnte nicht schreien, wenn er es versuchte, versagte ihm seine Stimme den Dienst. Deshalb sprach er so tief wie immer, und das Raspeln wich nicht aus seiner Stimme. »Wenn wir mit Euch fertig sind, werden wir unsere Hunde wecken und sie und ihren fetten Kimdissi durch die Wälder jagen, die sie so gut kennen.«
Jaan Vikary ignorierte ihn. »Ich wurde gefordert«, sagte er zu Chell fre-Braith. »Die erste der vier Wahlen obliegt mir. Ich wähle die Anzahl der Teilnehmer. Wir werden geteynt kämpfen.«
»Ich habe die Wahl der Waffen«, erwiderte Chell. »Ich wähle Handfeuerwaffen.«
»Ich treffe die Wahl der Art und Weise«, sagte Vikary. »Ich wähle das Todesquadrat.«
»Zuletzt die Wahl des Ortes«, sagte Chell. »Hier.« »Der Kampfrichter wird nur ein Quadrat aufzeichnen«, sagte Janacek. Von den fünf Männern auf dem Dach war er der einzige, der noch lächelte. »Den Kampfrichter müssen wir noch bestimmen. Soll es für beide Duelle derselbe Mann sein?«
»Einer genügt«, sagte Chell. »Ich schlage Lorimaar Hoch-Braith vor.« »Nein«, sagte Janacek. »Erst gestern kam er in Hoher Beschwerde zu uns. Kirak Rotstahl Cavis!«
»Nein«, erwiderte Bretan. »Er schreibt wohltönende Gedichte, aber zu etwas anderem taugt er nicht.«
»Es sind noch zwei Männer aus dem Shanagate-Trutz hier«, sagte Janacek. »Ihre Namen kenne ich allerdings nicht.«
»Wir würden einen Braith vorziehen«, hielt Bretan dagegen. »Ein Braith kennt alle Regeln und hält den Kodex in Ehren.« Janacek sah zu Vikary hinüber, der zuckte nur mit den Schultern. »Einverstanden«, sagte Janacek, wieder an Bretan gewandt. »Dann eben ein Braith: Pyr Braith Oryan.« »Nicht Pyr Braith«, sagte Bretan.
»Ihr seid nicht leicht zufriedenzustellen«, meinte Janacek trocken. »Er ist einer Eurer kethi.«
»Ich hatte Meinungsverschiedenheiten mit Pyr Braith«, sagte Bretan. »Einem Hochleibeigenen stünde diese Aufgabe besser an«, mischte sich der alte Chell ein. »Einem Mann von Rang und Weisheit. Roseph Lant Banshee Hoch-Braith Kelcek.« »Einverstanden«, meinte Janacek achselzuckend. »Ich werde ihn darum bitten«, sagte Chell. Die anderen nickten. »Dann bis morgen«, sagte Janacek. »Es ist alles getan«, verkündete Chell.
Und während sich Dirk verloren und fehl am Platze vorkam, nahmen die vier Kavalaren voneinander Abschied, und Dirk sah, wie etwas Seltsames geschah. Bevor sie auseinandergingen, küßte jeder seine beiden Feinde flüchtig auf die Lippen.
Und Bretan Braith Lantry, vernarbt und einäugig, der Mann, dem die halbe Lippe fehlte – Bretan Braith Lantry küßte Dirk.
Als die Braiths gegangen waren, begaben sich die anderen nach unten. Vikary öffnete die Tür zu seinem Appartement und schaltete das Licht an. Schweigend begann er damit, ein Feuer im Kamin vorzubereiten. Aus einem in der Wand verborgenen Kämmerchen nahm er Äste aus schwarzem, knorrigem Holz, die er in der Feuerstelle aufschichtete. Dirk saß mit finsterem Blick auf dem einen Ende der Couch. Am anderen Ende saß mit vagem Lächeln Garse und strich sich abwesend mit den Fingern durch seinen orangeroten Bart. Niemand sprach. Knisternd und prasselnd erwachte das Feuer zum Leben. Orange-und blaubespitzte Flammenzungen umleckten die Äste, und Dirk fühlte die plötzliche Hitze an den Händen und im Gesicht. Ein Geruch wie Zimt erfüllte den Raum. Vikary erhob sich und ging.
Mit drei Weinbrandschwenkern, schwarz wie Obsidian, kehrte er zurück. Unter den Arm hatte er eine Flasche geklemmt. Er gab ein Glas an Dirk, eines an Garse, stellte das dritte auf dem Tisch ab und entkorkte die Flasche mit den Zähnen. Der Wein war von tiefroter Farbe und roch scharf. Vikary füllte alle drei Gläser bis zum Rand, und Dirk hob seines unter die Nase. Die Dünste brannten geradezu, aber er fand sie seltsamerweise angenehm.
»Jetzt«, sprach Vikary, bevor noch einer den Wein probieren konnte. Er hatte die Flasche abgestellt und hob sein eigenes Glas. »Jetzt werde ich euch beide um etwas Schwieriges bitten. Ich verlange von jedem von euch, daß er einige Zeit aus sich herausgeht, seine nichtige, kleine Kultur vergißt und zu etwas wird, das er noch nie zuvor war, zu etwas ihm selbst
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