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Die Flamme erlischt

Die Flamme erlischt

Titel: Die Flamme erlischt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: George R. R. Martin
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herunter. »Vielleicht könnte ich keinen Menschen töten. Aber manchmal fühle ich mich so, als könnte ich es, weißt du. Und jetzt, Dirk, jetzt hätte ich sehr gern ein Gewehr.« Sie lachte. Es war ein kurzes, humorloses Lachen. »Auf Hoch Kavalaan war es mir natürlich nicht gestattet, eine Waffe zu tragen. Wofür benötigt eine betheyn schon eine Handwaffe? Ihr Hochleibeigener und sein teyn beschützen sie. Und eine Frau mit einer Pistole könnte sich am Ende selbst erschießen. Jaan ... nun, Jaan kämpft um die Veränderung vieler Dinge. Er versucht es immer wieder. Die meisten Frauen verlassen nie wieder die sicheren Steinmauern ihrer Festhalte, nachdem sie Jade-und-Silber entgegengenommen haben. Aber ich bin auf Worlorn. Ich bin ihm dafür dankbar und respektiere seinen Mut. Aber er versteht nicht alles. Letzten Endes ist er ein Hochleibeigener und bekämpft auch Dinge, die ich positiv sehe. Und wovon immer ich ihn überzeugen möchte – Garse erzählt ihm etwas anderes. Manchmal nimmt Jaan gar keine Notiz von meiner Meinung. Und die kleinen Dinge, wie mein Problem mit den Waffen, nimmt er überhaupt nicht ernst. Einmal habe ich mit ihm darüber diskutiert, und er wies mich auf den Widerspruch hin: einmal eine Waffe tragen zu wollen, zum anderen die Bewaffnung und den Duellkodex abzulehnen. Damit hatte er natürlich recht. Und doch ... Weißt du, Dirk, ich habe verstanden, was du gestern Nacht zu Arkin sagtest. Daß du Bretan entgegentreten wolltest, obwohl du dich nicht an den Kodex gebunden fühltest. Manchmal habe ich auch so gefühlt.«
    Das Licht im Zimmer flackerte kurz, verdunkelte sich und leuchtete dann wieder mit voller Intensität auf. »Was ist los?« sagte Dirk. »Für die Bewohner besteht kein Grund zur Beunruhigung«, meldete sich die Stimme mit ihrem wohltönenden Baß. »Ein vorübergehender Stromausfall auf Ihrem Stockwerk wurde soeben behoben.« »Stromausfall!« Ein Bild blitzte durch Dirks Gehirn, ein Bild von Challenge, dem versiegelten, fensterlosen, ganz auf sich allein gestellten Challenge – ohne Strom. Kein angenehmer Gedanke. »Was ist geschehen?«
    »Bitte seien Sie nicht beunruhigt«, wiederholte die Stimme, aber die Lichtquellen an der Decke straften die Worte Lügen. Sie erloschen. Gwen und Dirk standen eine Sekunde lang in schrecklicher, totaler Finsternis.
    »Ich glaube, wir gehen besser«, sagte Gwen, als die Lichter wieder aufleuchteten. Sie drehte sich um, öffnete den Wandschrank und begann, ihre Taschen herauszuholen. Dirk half ihr.
    »Bitte verlieren Sie nicht den Kopf«, sagte die Stimme. »Zu ihrer eigenen Sicherheit möchte ich Sie bitten, auf Ihren Zimmern zu bleiben. Die Situation ist unter Kontrolle. In Challenge gibt es viele eingebaute Sicherheitsvorkehrungen, außerdem Ersatzschaltungen für jedes wichtige System.«
    Sie waren mit dem Packen fertig. »Bist du jetzt auf Notstrom geschaltet?« fragte Gwen.
    »Die Stockwerke 1-50, 251-300, 351-450 und 501-550 arbeiten im Augenblick mit Notstrom«, gab die Stimme zu. »Es besteht jedoch kein Grund zur Besorgnis. Robottechniker reparieren das Primärsystem so schnell wie möglich, und für den unwahrscheinlichen Fall, daß das Notstromsystem ebenfalls ausfällt, stehen weitere Systeme zur Unterstützung bereit.«
    »Ich verstehe das nicht«, sagte Dirk. »Warum? Was verursacht diese Ausfälle?«
    »Bitte seien Sie nicht beunruhigt«, wiederholte die Stimme abermals. »Dirk«, sagte Gwen leise. »Komm mit! Gehen wir!« Mit einer Tasche in der rechten Hand, ihren Sensorenkoffer über die linke Schulter gehängt, ging sie hinaus. Dirk nahm die beiden anderen Taschen und folgte ihr in das Reich der kobaltblauen Korridore. Sie eilten zu den Aufzügen, Gwen immer zwei Schritte voraus. Die Teppiche schluckten das Geräusch ihrer Schritte.
    »Bewohner, die den Kopf verlieren, schweben während dieser kleinen Unbequemlichkeit in größerer Gefahr als solche, die auf ihren Zimmern bleiben«, wurden sie von der Stimme getadelt.
    »Sag uns, was wirklich los ist, dann überlegen wir es uns vielleicht noch«, gab Dirk zurück. Sie hielten weder an, noch verlangsamten sie ihr Tempo.
    »Ab jetzt gelten Notverordnungen«, sagte die Stimme. »Wärter wurden in Betrieb gesetzt, um Sie auf Ihr Zimmer zurückzubringen. Dies dient nur Ihrer eigenen Sicherheit. Ich wiederhole: Wärter wurden in Betrieb gesetzt, um Sie auf Ihr Zimmer zurückzubringen. Die Normen von pi-Emerel untersagen ...« Die Worte begannen mit einem Mal undeutlich

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